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Komm, Heiliger Geist!

29. Mai 2022

„Schaut nach oben, hinauf in den Himmel! – so scheint uns dieser Sonntag mit seinen biblischen Lesungen und Texten zuzurufen. Dabei kann fast der Eindruck entstehen, als verfolgen unsere Augen den in den Himmel auffahrenden Jesus, dessen Himmelfahrt wir vor ein paar Tagen gefeiert haben. Ja, es entsteht sogar der Eindruck als heften sich unsere Augen an den Himmel und als reihten wir uns ein in die Schar der ‚unverwandt ihm nach zum Himmel Emporschauenden‘.

Da ist zunächst Stephanus, der anscheinend ganz seiner blutig-brutalen, irdischen Realität entrückt zum Himmel emporblickt. Die auf ihn geworfenen Steine, die ihn in ihrer Erdenschwere zu Boden zerren, hindern ihn nicht daran, dass seine Augen Himmlisches erblicken. Er sieht sogar den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Dann ist da Johannes, der Seher von Patmos, der in einer Vision ebenfalls den Himmel offen und die Himmlische Stadt von oben herunterkommen sieht. Er hört sogar Jesu Stimme im Himmel, die zu ihm spricht: ‚Ich bin der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.‘ Und da ist im Evangelium schließlich Jesus selbst, der seine Augen zum Himmel erhebt und für die Einheit seiner Jünger betet, die sich in Streit und Widersprüchlichkeit verstricken und kurz vor der Passion fragen, wer denn welchen Rang einnehmen darf.

Bleiben wir einen Moment bei Johannes, dem Seher, der Jesu Stimme von oben hört: ‚Der Geist und die Braut aber sagen: Komm!‘ Die seltsame klingende Rede vom ‚Geist‘ an dieser Stelle meint wohl die Stimme Johannes‘ und sein vom Geist Gottes erfülltes Rufen. Der Heilige Geist ist derjenige, der den prophetischen Seher zum Reden überhaupt erst bevollmächtigt. Es ist der Heilige Geist, der uns durch Jesus zugesagt ist, der seine Kirche durchwaltet und um dessen Kommen wir nun in diesen Tagen vor dem Pfingstfest besonders beten. Daher passt die gleichzeitige Rede von der ‚Braut‘. Sie ruft zusammen mit dem Geist um das Kommen Jesu. Diese Braut ist nämlich Sinnbild für die Kirche selbst, die Gesamtgemeinde der Glaubenden, die sich bereithält, Christus als ihren „Bräutigam“ zu empfangen. Der Heilige Geist ruft also mit der bräutlichen Kirche zu Christus: ‚Komm!‘ Und wir, die wir als glaubende Gemeinde diese Worte in der Liturgie hören, werden gleichsam eingeladen, in dieses ‚Komm, Herr Jesus!‘ einzustimmen; denn es heißt ja ausdrücklich: ‚Wer hört, der rufe: Komm!‘

Die Kirche bittet um den Beistand des Herrn geraden in diesen Tagen. Diese Bitte bleibt dringlich. Dieses Gebet ‚Komm, Heiliger Geist‘ soll nicht nur auf unseren Lippen erklingen, sondern auch in unseren Herzen widerschallen, denn ‚Wer hört, der rufe: Komm!‘ In den Tagen der Vorbereitung auf Pfingsten werden wir eingeladen, uns mit den Jüngern und Maria in den Abendmahlssaal zu begeben und die Ankunft des Geistes zu erflehen. Die durch die Himmelfahrt Christi entstandene Leere wir mit der Sehnsucht nach dem Geist gefüllt werden.

Niemand erwartet, dass wir den Himmel offen-stehen-sehen wie bei Stephanus. Es erwartet auch niemand, dass wir am Ölberg stehen bleiben und nach oben in den Himmel blicken. Der Geist, die Kraft aus der Höhe, kann im Herzen eines jeden erfahren werden. Und genau dort, im Herzen, steht der Himmel offen. Dann ist Jesu Gebet, „damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin“, keine himmlische Illusion mehr.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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