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Die Möglichkeit des Zu-spät-Kommens

„‘Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?‘ Diese Frage treibt den Fragesteller scheinbar um. Wahrscheinlich ist sie für ihn deshalb so akut, weil im Hintergrund die andere Frage steht: Werde ich hoffentlich dabei sein?

Sind es also nur wenige, die gerettet werden? Diese Frage, Schwestern und Brüder, bewegt sie uns heute eigentlich noch? Ist es für uns – nach allem, was wir aus der Theologie und der Verkündigung der Frohen Botschaft wissen – nicht vielmehr ‚selbstverständlich‘, dass wir gerettet werden? Sagen wir nicht mit vielen: Gott ist nicht so kleinlich! Er liebt die Zöllner und Sünder. Und wir sind doch ‚alle nur kleine Sünderlein!‘ – Aber wir sind eigentlich doch anständige, brave Menschen, die ihre Pflicht tun. Und das ist doch die Hauptsache! Wir sind schließlich getauft, besiegelt mit dem Zeichen des Geistes - wir sind Auserwählte Gottes. Was geht uns dieses Wort von der engen Tür eigentlich an?

Ich muss gestehen, dass ich auch meine Schwierigkeiten mit diesem Bildwort habe. Es passt mir nicht so recht zu dem weitherzigen, erbarmenden und liebenden Gott, an den ich glaube und zu dem ich immer kommen darf, ob mit Schuld beladen oder mit Erfolgen ausgezeichnet.

Dieses heutige Evangelium mit Jesu Wort von der engen Tür und der Möglichkeit des Zu-spät-Kommens, es macht uns unruhig, wenn wir es an uns heranlassen. Ja, es gilt auch uns!

Jesus scheint mit diesem Wort einer Antwort auf die Frage auszuweichen, die die Zahl der Gerechten genannt haben will. Er nennt die Zahl derer, die gerettet werden nicht. Er sagt, viele werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Auch das Mahnwort ,‘Bemüht euch mit allen Kräften!‘ hilft nicht so recht weiter. Wie sollen wir uns denn bemühen? Sich egoistisch durch die Tür zu quetschen, das kann nicht gemeint sein.

Vielleicht möchte Jesus uns damit sagen: Frag nicht nach der Zahl der Geretteten! Sieh lieber zu, dass Du selbst unter den Geretteten sein wirst, denn so selbstverständlich wie Du Dir das denkst, ist das ja gar nicht! Verpasse in Deinem Leben nicht den entscheidenden Augenblick meiner Zuwendung zu Dir! Verpasse nicht Deine Antwort! Verpasse nicht ein liebendes Leben! Wenn nämlich der Herr des Hauses aufsteht, dann ist es zu spät zu einer Entscheidung, die vorher gefallen sein muss. Und die bloß äußere Zugehörigkeit zu Christus reicht dann nicht aus, auch nicht das Essen und Trinken mit ihm. Jesus redet knallhart.

Das heutige Evangelium hält noch eine weitere Überraschung für uns bereit. Da spricht Jesus von denen, die ganz woanders wohnen. Und lässt offen, was mit denen ist, die ihm gerade begegnen, die ihm jetzt gerade zuhören, die ihn jetzt gerade fragen. Er kündigt Überraschungen an. Aus allen Himmelsrichtungen werden diejenigen kommen, die im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Da ist eine geografische Dimension angesprochen. Vielleicht darf diese Dimension noch ausgeweitet werden: Da ist vielleicht ein Skeptiker und ein Buddhist, ein Sozialist und ein Humanist ‚drinnen‘. Und wo bleibe ich?

Bleiben, liebe Schwestern und Brüder, bei diesem Evangelium also nur Unsicherheiten? Wer ist drinnen und wer ist draußen? Augustinus sagte einmal: ‚Viele, die drinnen sind, sind draußen und viele, die draußen sind, sind drinnen‘. Das ist für Jesus im Evangelium keine Frage der Frömmigkeit, keine Frage des moralischen Gutseins, keine Frage des Auserwähltseins, das ist eine Frage des Mutes, durch die ‚enge Tür‘, die Jesus (ver)heißt, hindurchzuschreiten. Er sagt: ‚Komm zu mir!‘ Lass das Schielen und Pochen auf deine Verdienste! Lass deine selbst gezimmerten Vorstellungen vom Reich Gottes hinter dir, dann wirst du so leicht, dass du die enge Pforte durchschreiten kannst. Hab Mut, denn hinter der Tür stehe ich, Christus, und empfange dich, mit meinen Händen. Du bist nicht allein! Fürchte dich nicht! Ich gebe deinem Leben Sinn und Inhalt!

Das wird auch uns zugemutet: AUFBRECHEN. Uns, die wir oft leidenschaftlich nach dem Sinn des Lebens fragen; uns, die wir verzweifelt nach Zielen suchen, für die zu leben sich lohnt. Uns, die wir Ausschau halten nach Wahrheit, nach Echtheit, nach Stimmigkeit und Ursprünglichkeit. Vielleicht waren Menschen nie so suchend wie heute. Aber es fällt uns schwer, uns wirklich zu entscheiden. Viele wollen sich alle Wege offenhalten, nichts verbauen. ‚So viele Parolen, welche ist wichtig?‘, so fragt ein Lied in unserem Gotteslob.

Wenn wir also Jesus fragen würden, wer gerettet wird, dann würden wir vielleicht von ihm zur Antwort bekommen: Es werden alle gerettet, die sich redlich mühen, die sich ihr Christsein etwas kosten lassen. Es werden diejenigen gerettet, die wie Jesus mit den Menschen umzugehen und zu leben versuchen – diejenigen, die von ganz unterschiedlichen Lebenssituationen und Lebensgeschichten her zu Gott vorstoßen, die Vertrauen gelernt haben, die nicht festgefahren auf Erreichtem sitzengeblieben sind, ihre Sicherheit nicht in Hab und Gut suchen und sich vor dem not-wendigen Einsatz in der Welt nicht verschließen. Warum also nicht auch wir?“

Pater Jonas wünscht Euch mit allen Brüdern in Tabgha und Jerusalem eine gesegnete Woche!

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Enge Türen und weiter Raum

„Ende Mai brach ich mir den Fuß. Leider war der Knochen so disloziert, dass eine Operation unumgänglich wurde. Sieben Wochen Fuß-Orthese und Krücken waren schließlich die Folge. Das einfache Gehen wurde plötzlich sehr beschwerlich. Die Türen wurden mir zum Hindernis; sie zu öffnen war eine Herausforderung und mein mit den Krücken recht breiter Gang ließ ganz normale Türen eng erscheinen, teilweise sehr eng sogar. An viele Türen schlug ich ungewollt mit meinen Krücken und hinterließ so manche Schramme … Daran erinnerte ich mich, als ich auf das Sonntagsevangelium blickte und das Bildwort von der engen Tür dort las. Ein doch recht unangenehmes Gefühl machte sich in mir breit. Und auch mir stellte sich die bange Frage, ob es wohl nur wenige seien, die gerettet werden? – nur wenige kommen durch die enge Tür.
Eigentlich bin ich mir recht sicher, dass auch mir das Erlösungswerk Jesu am Kreuz gilt, dass ich längst gerettet bin. Allen irritierenden Gefühlen zum Trotz und wider jeglicher leichter Unsicherheit kamen mir beim wiederholten Lesen und Betrachten des Sonntagsevangeliums Verse aus Psalm 18 in den Sinn: ‚Du führst mich hinaus ins Weite, du befreist mich … Du schaffst meinen Schritten weiten Raum …‘.

Ja, das Evangelium spricht von einer engen Tür, gar von einer verschlossenen Tür. Dem nicht genug wird den Klopfenden und um Einlass Bittenden wiederholt zugerufen: ‚Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!“ Will Jesus mit seinen Worten damals und heute wirklich Angst und Schrecken wecken? Nein, so höre und verstehe ich ihn nicht. Er möchte, dass wir wie in einem weiten Raum innerlich und äußerlich befreit gut leben. Jesus wirbt darum, dass wir trotz aller Anstrengungen und Herausforderungen, die ein wahrlich christliches Leben mit sich bringt, nicht einfach aufhören, das Wort zu leben und das Reich Gottes aufzubauen. Er wirbt darum, dass wir die Mühe und den Kampf nicht scheuen, auch wenn es mal eng wird und wir mit unserem christlichen Ethos in die Bredouille geraten. Bedrängnis gehört zur Alltagserfahrung eines jeden engagierten Christen. Frauen und Männer, die in unserer Zeit mit aller Entschiedenheit für das christliche Ideal geradestehen, dafür einstehen und es leben, erfahren immer wieder enge und brenzliche Situationen - sehr enge Türen!

Wer eigentlich hat die Tür so eng gebaut? Wer hat das so geplant? Wer hat den Auftrag dafür gegeben? War das Gott? Oder war es nicht doch eher der Mensch? - in mangelnder Aufmerksamkeit oder aus Rücksichtslosigkeit, in Egoismus, Neid oder Missgunst, vielleicht sogar aus Feindseligkeit? Ist es nicht der Mensch, dem der Andere egal ist, der dem Andern das gute Leben nicht gönnt, der den Anderen gerne in Bedrängnis sieht? Und der Andere - an der Mentalitäts-Klippe von Aug um Aug und Zahn um Zahn - wie reagiert er? Was tut er? Ist er bereit zum guten Kampf? Sammelt er all seine Kräfte, um das christliche Ideal der Vergebung zu leben? Siebenmal? Siebenundsiebzigmal? Angesichts der engen Tür sind wir zum Kampf gerufen! Immer wieder neu! Wir haben es doch schon mehr als einmal geschafft. Es war doch gut, als wir durch waren - also: immer wieder! Der Abglanz des Himmels zeigt sich schon auf Erden! Die Fülle ist Verheißung, an die wir zu Recht glauben!

Was auf Erden groß und wichtig scheint, Anerkennung und Lob erfährt, ist nicht automatisch auch im Himmel etwas Besonderes. In den Augen Gottes zählt auch das Kleine, das Wahrhaftige, das Ehrliche, das Großzügige, das Herzliche, das Nachsichtige, die Vergebung, das Verzeihen … Ja, so manches wird im Himmel ganz anders gesehen, und so werden so manche Letzte Erste sein und durch die Tür gelangen. Uns Christen muss es darum gehen, in den Augen Gottes groß zu sein. Wir Christen vertrauen darauf, dass Gott uns immer wieder neu die Kraft gibt, auch gegen Widerstände hier auf Erden dem Guten Raum zu geben. Darum werden wir nicht müde, auf Gott zu bauen und auf ihn hinzuweisen, ihn den Menschen bekannt zu machen. Gott sehnt sich danach alle Menschen zu befreiten und ins Weite hinauszuführen. Er schafft unseren Schritten weiten Raum! – und wir werden ‚im Reich Gottes zu Tisch sitzen‘. Lasst uns Mahl halten und mit Gott feiern! Amen.“

Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Das Feuer

„Wir haben uns an das Bild von Jesus als dem guten Lehrer und Hirten gewöhnt. Zu diesem Bild von Jesus gehören seine Barmherzigkeit, seine Geduld, seine Nachsicht, seine Sanftmut und sein Verständnis. Im heutigen Evangelium spricht Jesus aber so, als ob er diesen Bildern trotzt: ‚Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung. Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter ...‘. Ist das derselbe Jesus aus demselben Evangelium, das wir kennen?

Aber wenn wir das Evangelium genau betrachten, können wir sehen, dass die Lehren Jesu - über die Feindesliebe, die Segnung der Armen oder die 77malige Vergebung - nicht nur Frieden, Entspannung und Zufriedenheit bedeuten. In der Tat bringt das Evangelium Jesu auch Zweifel und Dilemmas. Er stell uns vor schwierige Entscheidungen, die unser Leben tatsächlich verändern!

Das Evangelium Jesu vereint und führt Menschen zusammen, aber es hat im Laufe der Jahre auch Christen, Kirchen, Familien und geliebte Menschen voneinander getrennt, gespalten!

Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen - sagt Jesus! Das Feuer Jesu und das Feuer des Evangeliums kann und sollte auch meine unnötigen Worte, mein Misstrauen, meine Gier, vielleicht mein Mangel an Vergebung oder sogar den Groll in mir verbrennen und endgültig einäschern.

Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen – sagt Jesus! Feuer ist nötig, um das reine Gold von den Unreinheiten zu trennen, die dem Gold anhaften! Nur durch die Kraft des Feuers wird das kostbare und wertvolle Metall von dem Wertlosen getrennt!

Lasst uns hoffen,
dass das Evangelium in uns auch ein Feuer entzündet,
dass das Evangelium uns die Kraft gibt, die schwierigeren Entscheidungen zu treffen,
dass das Evangelium in uns das Wertlose wegschmilzt, und das Gold, die Schönheit und den Edelmut hervorbringt, die in jedem von uns stecken.“

Pater Efrem und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Unser Heute

„Ukraine, Taiwan, Gaza – und lasst uns auch Eritrea, Sri Lanka, Simbabwe nicht vergessen.

Pandemie, Klimawandel, Inflation.

Versagende Religionsgemeinschaften.

Und heute, in dieser Gegenwart, begehen unsere jüdischen Geschwister den 9. Av, das Gedenken an die Zerstörung des Zweiten jüdischen Tempels im Jahr 70 nach Christus. Trauer hängt spürbar über der Stadt, die uns Christen auch nicht kalt lassen kann.

Eine Mischung aus Zukunftsängsten, Wut, Niedergeschlagenheit und manchmal auch Verzweiflung und Zynismus liegt in der Luft.

Das ist unser Heute! Und heute versammeln wir Getaufte uns um dem Altar, um ein anderes Heute, nämlich das wöchentliche Osterfest, zu feiern.
In dieser Stimmungslage dürfen wir heute die Worte aus dem 11. Kapitel des Hebräerbriefs hören. Zur Zeit der Abfassung dieses Briefes, wohl um 90 oder 100 n.Chr., ist die missionarische Aufbruchsenergie, die etwa in den Briefen des Heiligen Paulus spürbar ist, längst verflogen. Desillusion klingt zwischen den Zeilen hindurch – willkommen in der heutigen allgemeinen Gefühlslage!

Der Verfasser des Hebräerbriefs spannt einen weiten Bogen in das Alte Testament: Abel, Henoch, Noach und vor allem Abraham und Sara. Diese ‚Wolke der Zeugen‘ steht für die Treue Gottes zu seinem Volk Israel, in das wir durch die Taufe als wilder Schössling eingepfropft sind. Die hier Genannten haben sich festgemacht in Gott – und Gott hat das Vertrauen dieser Glaubenden nicht enttäuscht.

Dies sich zu vergegenwärtigen ist so wichtig! Wenn die Kirche zu Gott betet, begnügt sie sich niemals ihn um etwas zu bitten, sondern erinnert zu Beginn jedes Gebets immer zuerst an das Heilshandeln Gottes in der Geschichte. Unser Glaube hat nämlich ein tragendes Fundament, das uns auch Kraft und Zuversicht für die Gegenwart und Zukunft geben kann!

Meine jüdischen Freunde beschreiben – halb im Scherz, halb im Ernst - das Wesen ihrer Religion gerne oft so: ‚Sie wollten uns umbringen, wir haben überlebt, lasst uns essen und feiern!‘ Vielleicht können wir unser sonntägliches Tun analog beschreiben: ‚Unser Leben ist in Bedrängnis und wir haben Angst vor dem Tod, ein anderer hat sein Leben für uns hingegeben und den Tod vernichtet, lasst uns mit ihm Mahl halten und feiern!‘“

Pater Nikodemus und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Kostbar-zerbrechlich

„Liebe Schwestern und Brüder,
wann haben Sie zuletzt mit Seifenblasen gespielt? Oder welche gesehen? – Wenn Sie sich jetzt Seifenblasen vorstellen, einzelne oder einen ganzen Schwarm aus einem Automaten, was sehen Sie dann, was empfinden Sie?

Die Blasen, im freien Flug vom Wind getragen, die Lichteffekte im bunten Spiel der Sonnenstrahlen…

Und dann ist es auch ganz schnell vorbei. Geplatzt. Vergangen. – Windhauch, sagte Kohelet, alles Windhauch. Seifenblasen sind vielleicht ein Bild dafür.
Ähnlich zart, glitzernd, filigran und schön, verspielt und kostbar können Glaskugeln wirken. Nicht die massiven Kristallkugeln, in denen mancher seine Zukunft sucht, sondern solche wie Christbaumkugeln, nur eben ohne Farben oder Gold - durchsichtige, klare Kugeln aus einer dünnen Glashülle. Und wehe, wenn sie fallen, denn anders als Seifenblasen können Glaskugeln nicht fliegen.

Zerbrechlich sind beide. Wer sie grob und unachtsam anfasst, zerdrückt sie. Gewalt hält nicht.

Halten und festhalten. – Das ist eines der Leitmotive unserer heutigen Schrift-Lesungen: Kohelet, für manche geradezu die Ikone biblischen Weltschmerzes, relativiert sehr vereinfacht und zugleich plakativ alles menschliche Streben nach ‚Besitz durch Wissen, Können und Erfolg‘, wie Kohelet schreibt: Windhauch, alles Windhauch. Man kann es nicht festhalten, und auch einen selbst vermag es nicht zu halten. Weder mein Besitz noch meine Weisheit, auch nicht meine Sorgen und Ängste. Nichts. – Alles verfliegt und vergeht, wird dünner und zerreißt wie Seifenblasen.

Es wäre vielleicht eine verständliche menschliche Reaktion, zumindest den Augenblick zu genießen, sich der Leichtigkeit und dem Glanz der Seifenblasen bewusst zu ergeben, sich daran zu freuen, solange sie eben da sind. – Im Kolosserbrief warnt Paulus aber die Christinnen und Christen ausdrücklich davor: Irdisches, ungezügelte Leidenschaften, gottvergessener Götzendienst, all das führt weg vom wahren und ewigen Leben, entfernt uns von der Wahrheit und Liebe Gottes, der uns in Christus zu neuen Menschen machen will. – Der alte Mensch, der festhalten will, der ist in Christus gestorben, der neue Mensch wird eins und heil und frei in Christus.

Festhalten wollte auch der reiche Bauer im Gleichnis Jesu im Evangelium. Seine Planungen und Gedanken sind eigentlich logisch und klingen verantwortungsvoll. Doch Jesus demaskiert auch in ihnen die Seifenblasen unseres Denkens und Planens: In der nächsten Nacht schon kann alles vorbei sein.

Fast schmerzhaft ist der Einstieg in das Gleichnis, als ein Mann auf Jesus zukommt, weil er mit IHM offenbar die Vorstellungen von Gerechtigkeit und Teilen verbindet. Was sollte daran falsch sein? Aber Jesus kanzelt ihn schroff ab! – Auch Jesus, auch Gott selbst, kann im Letzten nicht festgehalten werden. Gott lässt sich nicht von unseren Wünschen und Ideen definieren, seien sie auch noch so gut gemeint und edel. Gott lässt sich nicht festlegen und festhalten.

Wo wir IHN mit unseren allzu kleinen Gottesbildern und Projektionen konfrontieren, zerplatzen sie wie eine Seifenblase, die man mit der Hand fangen möchte. Gott ist nicht verfügbar und nicht instrumentalisierbar. – Vielleicht einer der herausforderndsten und zugleich wichtigsten Impulse für uns, die wir in einer Zeit leben, in der manches, was in Kirche und Gesellschaft kostbar und wichtig erschien, sich doch eher als Seifenblase herausstellt: allzu Irdisch, besitzorientiert, Gespinst des Geistes, Windhauch, Götzendienst.

Seifenblasen können allenfalls mit Tricks, Wasser und Seife auf der Haut, in die Hand genommen werden. – Glaskugeln hingegen kann man anfassen, auch wenn sie zerbrechlich sind. Man darf aber nicht drücken. Man kann sie nicht werfen, ohne dass sie zerspringen.

Worauf also kommt es in unserem Leben an? Was ist wichtig? Was bleibt? ‚Das, was oben ist‘, sagt Paulus; das, was ‚dem neuen Menschen‘ entspricht, ‚der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um IHN zu erkennen‘. – Gott erkennen, das ist es worauf es ankommt in unserem Leben. Und ich glaube, dass so manches, was wir von Gott in diesem Leben erkennen, auch nur eine Glaskugel ist: kostbar und zart, aber auch zerbrechlich und mit Vorsicht und in Demut zu behandeln.

Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsche Ihnen und Euch im Sinne unseres Tagesheiligen Ignatius von Loyola die Gabe der Unterscheidung der Geister, damit wir die vielleicht schönen, aber letztlich unwichtigen Seifenblasen in unserem Leben erkennen und weiterfliegen lassen können, und damit wir auch die Glaskugeln auf unserem Weg zu Gott erkennen und wertschätzen und entsprechend mit ihnen umgehen können: Momente des Glücks, der Versöhnung und Heilung in unseren Beziehungen untereinander; Erfahrungen einer inneren Freiheit und eines inneren Friedens, wie sie den Kindern Gottes geschenkt ist; die vielleicht kurzen Einblicke in das ‚Oben‘ und die kleinen Schritte auf dem Weg unserer Neuschöpfung in der Kraft des Heiligen Geistes, im Namen des Sohnes, in der Ewigkeit des Vaters.“

Pater Basilius und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag.

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Herr, lehre uns beten!

„‘Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat‘ - der Jünger, der diese Bitte im Lukasevangelium ausspricht, hat als Jude von Kindesbeinen an gelernt zu beten. Aber die Jünger erleben Jesus im Gebet, und das macht sie unsicher: Ist unsere Art zu beten richtig? Wie betet Jesus? Die Jünger sind neugierig. Doch Jesus entfaltet keine Gebetslehre vor seinen Jüngern; er lädt sie ganz einfach ein: ‚Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, …‘. Abba, Vater, Papa – so reden Kinder ihren Vater an, wenn sie von ihm etwas wollen. Und so, voller kindlichem Vertrauen, sollen die Jünger Jesus sich Gott im Gebet nähern.

Der fragende Jünger, ein gläubiger Jude, hat gelernt, sein Gebet mit einer feierlichen Anrede zu beginnen, so wie wir das auch kennen: „Allmächtiger, ewiger Gott, Herr des Himmels und der Erde.“. Der Unterschied zwischen Gott und uns armen Sündern wird herausgestellt. Jesus beginnt sein Gebet stattdessen sehr direkt: ‚Abba/Vater, …‘. Auch ein feierlicher Schluss fehlt, im Lukasevangelium endet das Vater Unser einfach mit der letzten Bitte: ‚und führe uns nicht in Versuchung!‘. So endet es einfach: Ich höre jetzt höre auf zu beten, aber das Gebet geht weiter. Wir sind es gewohnt das Vater Unser mit einem feierlichen Schluss zu beenden: ‚Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.‘ So oder ähnlich enden die Gebete auch im Judentum. – Wie der Evangelist Lukas das Gebet Jesu überliefert, passt es eigentlich nicht in feierliche Gottesdienste, es ist Gebet im Alltag, für den Alltag. Drum ist es auch von vorn bis hinten ein Bittgebet, das Gebet der einfachen Leute; sie bringen, ohne Umschweife, ihre alltäglichen Sorgen zu Gott hin: ‚Gib uns das tägliche Brot, das wir brauchen, erlass uns unsere Sünden, und führe uns nicht in Versuchung.‘ In den täglichen Sorgen und Nöte gebraucht man keine großen Begrüßungszeremonien, man kommt gleich zur Sache. Ich brauche Gott nicht zu sagen, wer er ist.

Es ist Geschenk für unseren Glauben und für unser Beten, dass uns das Vater Unser in zweifacher Form überliefert ist: Im Matthäusevangelium in einer etwas feierlicheren Form für das Gebet im Gottesdienst, in der Gemeinschaft, und im Lukasevangelium in der schlichten Sprache. Im Lukasevangelium wird uns gelehrt, wie unsere Grundhaltung zu Gott sein soll: freundschaftlich, voll Zutrauen, zutraulich, wie es einem Kind, das sich an den Vater schmiegt, zu eigen ist. Vielleicht sollten wir auch diese Fassung des Vater Unser auswendig lernen, damit wir wissen, wovon unser Beten geprägt sein soll: von kindlichem Vertrauen!“
Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und in Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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...sich verschenken ...

„In den letzten Tagen bin ich – sicherlich nicht zufällig - auf einen Gedanken von Pablo Picasso, der sehr gut zu unserem heutigen Evangelium passt, gestoßen: ‚Der Sinn des Lebens besteht darin, seine Gabe zu finden. Der Sinn des Lebens ist es, sie zu verschenken.‘ In diesem Zitat entdecke ich die beiden Frauen, Maria und Martha, bei Jesus. Beide suchen mit Jesus nach dem Sinn des Lebens und finden darin Gaben und Talente. Beide verschenken sich auf unterschiedliche, aber in ergänzender Weise im Hören und Tun.

In zwischenmenschlichen Beziehungen geht es um den kairos, den richtigen Moment. Es sind die wenigen Momente, in denen die Seele des einen dem anderen begegnet, sich dem Sprechen öffnet. Begegnungen mit Jesus in der Stille zählen oft mehr als Taten im Laufe vieler Jahre. Wo treffen wir Menschen, die wirklich zuhören können und nicht schon im Halbsatz eine Antwort parat haben? Und mehr noch: Wo treffen wir Menschen, die zwischen den Zeilen lesen und die oft stumme Sprache des Herzens wahrnehmen?

Eine kleine Geschichte aus meiner Zeit als Pfarrer: Als ich vom Bischof meine erste Pfarrstelle zugewiesen bekam, fragte ich mich, ob ich alles allein machen möchte: Gibt es einen Menschen, der mit mir als kleine vita communis im Pfarrhaus und mit der Gemeinde leben will? - um mit dem Evangelium zu sprechen: nicht nur eine Martha, sondern auch eine Maria. Durch verschiedene Kontakte habe ich eine ältere Frau, die aus der Maria-Martha-Gemeinschaft zu mir kam. Der Name dieser Gemeinschaft bringt das zusammen, was zusammengehört: Kontemplation und Aktion, geistliches Leben und praktisches Handeln. Wir hatten eine gute, gemeinsame Zeit mit allem gegenseitigen Respekt und aller Wertschätzung füreinander. Und sie, die ältere Frau, hatte die Gabe, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder Gast wohlfühlte.

Das es genügt, einfach da zu sein, muss für alle, die Jesus begegnet sind, eine der wichtigsten Erfahrungen gewesen sein. Er wollte nicht, dass die Menschen zu sehr beschäftigt sind. Er wollte nicht, dass wir Momente vergeuden, die Momente der Gnade sein könnten, indem wir unsere eigene Aktivität an die Stelle der Realität setzen, unsere eigenen Handlungen an die Stelle unserer eigenen Existenz. Jesus wollte, dass es in unserem Leben Momente gibt, die zumindest in der Nähe des Göttlichen liegen und etwas von Gottes Ruhe, als er die Welt erschuf, widerspiegelt. In der Seelsorge gibt es die großen Macher, als ob das Leben so praktisch geordnet, so leicht verordnet werden könnte, als ob die wirklichen Fragen des Lebens nicht erst dann zugänglich wären, wenn Ruhe eintritt und ein inneres Erwachen beginnt. Es ist schlimm, wenn wir immer in der Angst leben, dass wir in den Augen der Menschen nur das sind, was wir tun und leisten, was wir schließlich vorzuweisen haben.

Es ist uns bekannt, dass Zuhören nicht dasselbe wie Hören ist. Es gibt das gespannte Zuhören und das oberflächliche Zuhören. Wie gehen wir mit dem Wort Gottes um? Leben wir in der Sorge, wir könnten etwas überhört haben, was Gott uns schon längst sagen wollte? ‚Das Wort ist ganz nahe bei dir‘, heißt es in Deuteronomium 30,14. Man kann es nicht wirklich überhören. Die zentralen Themen der heutigen Lesungen sind die Bedeutung der Gastfreundschaft im christlichen Leben und die Notwendigkeit, auf Gott zu hören, bevor man handelt. Jesus nahm alle auf und kümmerte sich um die Bedürfnisse aller und spiegelte in seinem Handeln die Gastfreundschaft Gottes wider. Der Schlüssel zum christlichen Leben ist die Festlegung von Prioritäten: Jesus Christus zuerst, dann alles andere, das hat Maria bereits verstanden. Die einzige Möglichkeit, diese Lektion wirklich zu lernen, besteht darin, jeden Tag einige Zeit damit zu verbringen, ‚zu den Füßen Jesu zu sitzen‘, es ist keine vergeudete Zeit.

In der heutigen ersten Lesung wird beschrieben, wie die Gastfreundschaft von Abraham und Sarah gegenüber Fremden von IHM, der selbst zu Gast ist, belohnt wurde. Im Evangelium wird deutlich, wie Martha, ein echtes Kind Abrahams, die traditionelle großzügige Gastfreundschaft ihres Volkes auf Jesus, den wahren Messias, ausdehnen wollte. Sie bereitete ein aufwendiges Mahl für ihn, während ihre Schwester Maria ihre Zeit damit verbrachte, mit ihm zu reden und ihm zuzuhören. Das heutige Evangelium, in dem Martha als treibende Kraft und Maria als wahre Zuhörerin des Wortes Gottes dargestellt wird, lädt uns ein, anderen mit Marthas Eifer zu dienen, nachdem wir unsere geistigen Batterien jeden Tag durch Gebet - Hören auf Gott und Reden mit Gott - aufgeladen haben, wie Maria es tat. Nur wenn wir Gottes Wort in unser Herz und unseren Verstand aufnehmen, können wir anderen wirklich dienen.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Wem bin ich der Nächste?

„Es ist ein anstrengender Weg: 30 Kilometer durch die Wüste Juda. Der Gang muss gut geplant sein, an Verpflegung und Wasser muss gedacht werden. Ein Höhenunterschied von 1200 Metern gilt es zu bewältigen: viele steile Felsschluchten, ein ausgetrocknetes Wadi, bröckeliges Gestein. Leicht kann der Fuß umknicken oder der Esel hat wieder seine störrische Phase und bockt. Das ist kein leichter Spaziergang, sondern ein Weg mit Strapazen - auch für Geübte. Schnell ist man müde und erschöpft. Man wünscht sich bald ans Ziel und am Ruheplatz, an den Quellen und den schattigen Bäumen in Jericho anzukommen; und auf dem Weg ist man nicht geschützt, vor Räubern und Dieben, die einem auflauern können. Jeder, der schon mal durch das Wadi Qelt, dem Wadi, das von Jerusalem nach Jericho führt, gegangen ist, wird ähnliche Gedanken gehabt haben. So wird auch der Mann aus Samarien, der in Jerusalem war und wahrscheinlich nach Hause will, gedacht haben. Und da das: Da liegt jemand am Wegrand – blutend, zusammengeschlagen. Was wird sich der Mann aus Samarien wohl in diesem Moment gedacht haben? ‚Das hat mir gerade noch gefehlt? Mensch, Du hast mir gerade noch gefehlt? Eigentlich passt es mir momentan nicht, ich habe gerade viel zu tun. Wenn ich Dir helfe, verpasse ich meine Angelegenheiten und Geschäfte, komme ich zu spät nach Hause, zu meiner Familie, die wartet und sich Sorgen macht. Wenn ich Dir helfe, verpasse ich meinen Gottesdienst. Wenn ich Dir jetzt helfe, mache ich mich schmutzig, werde ich auch blutverschmiert, werde ich unrein. Vielleicht ist es ja auch eine Falle?‘

Wie bequem wäre es, wenn man die Verwundeten vor der eigenen Tür fände. Aber da sind sie nicht, meistens. Ja meistens kommt alles zusammen: man findet den Hilflosen gerade dann, wenn man selbst angeschlagen ist, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, wenn man erschöpft durch das Wadi des Lebens gehen muss. ‚Mensch, Du hast mir gerade noch gefehlt!‘ Da hat man Mühe allen Anforderungen des Alltags gerecht zu werden, reißt sich schon alle Beine aus, um Studium, Beruf, Arbeit, Familie gerecht zu werden und dann das: Da liegt plötzlich ein Hilfloser oder eine Hilflose vor meinen Füßen. Ja, diese Not stört, der Nächste stört, aber: Störungen haben Vorrang, der Nächste hat den Vorrang.

Auch nach fast 2000 Jahren hallt die Frage des Gesetzeslehrers nach: Wer ist mein Nächster? Diese Frage muss aber anders formuliert werden; so wie sie Jesus am Schluss der Parabel formuliert: nicht statisch, sondern aktiv, beziehungsmäßig, dynamisch - im Dativ! Wer ist dem Notleidenden zum Nächsten geworden? Nicht wer ist? Sondern: Wem bin ich der Nächste? - Denn diese Frage lässt sich nicht theoretisch beantworten! Jede Situation - heute, morgen, übermorgen – kann mich zum Nächsten machen. Entscheiden ist das Tun der Nächstenliebe und die Barmherzigkeit.

Und vor lauter Nächstenliebe und der Frage ‚Wem bin ich der Nächste?‘ dürfen wir den Anfang des Evangeliums nicht vergessen. Dort steht sie, die Frage nach dem Hauptgebot – diese andere Seite der Medaille, die andere Hälfte. Was ist das Hauptgebot, was ist uns Menschen vor allem geboten? ‚Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben, mit Deinem ganzen Herzen und Deiner ganzen Seele, mit Deiner ganzen Kraft und mit Deinem ganzen Denken.‘ Gelingt uns das, haben wir so viel Gottesliebe und Gottvertrauen? Oder sagen wir doch viel lieber: ‚Gott, Du hast mir gerade noch gefehlt; eigentlich passt Du mir gerade nicht, denn ich habe zu tun! Aber beides: die Liebe zu Gott und zum Nächsten sind das Hauptgebot! Entscheidend ist das ‚Und‘!

Heiner Wilmer, der Bischof von Hildesheim, beschreibt das Ineinander der beiden Gebote so: ‚Gottvertrauen bedeutet nicht, sich entspannt zurückzulehnen und abzuwarten und zu meinen, es wird schon alles glattgehen. Gottvertrauen trägt dann, wenn man Risiken eingeht, weil man sich getragen fühlt, aber verantwortlich bleibt. Wer Gott vertraut, gibt seine Verantwortung und Initiative nicht an der Garderobe seines Lebens ab.‘ Ignatius von Loyola schreibt pointiert: ‚Handle so, als ob alles von Dir abhängt, in dem Wissen aber, dass in Wirklichkeit alles von Gott abhängt.‘ Amen.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Raus und bleiben!

"Nach über zwei Jahren, die von der Corona-Pandemie geprägt waren, wollen alle weg: Die Flughäfen sind voll und wegen Personalmangels überlastet. Endlich wieder Urlaub machen! Also, nichts wie weg! Raus aus der Haustür! Und mitten in diese Urlaubsstimmung vieler sendet Jesus heute im Evangelium 72 Jünger zu den Städten und Ortschaften, die er selbst beabsichtigt zu besuchen: Nichts wie raus auf die Straßen, um die Botschaft zu verkünden; geht und verkündet: Das Reich Gottes ist nahe! – sie sollen seine Wegbereiter sein und dazu bedarf es kein Gepäck. Die genauen Anweisungen Jesu an die 72 Jünger sind ziemlich deutlich: Kein Geld, keine Vorratstasche, nicht einmal Sandalen. Ob man so sehr weit kommt, ist eine andere Frage. Ja, es klingt fast wie die Aussendung zu einem Himmelfahrtskommando. Denn wie ‚Schafe unter Wölfe‘ gesendet zu werden, scheint nicht nur wenig aussichtsreich, sondern fast grob fahrlässig.

In ihrer Aussendung erhalten die 72 Jünger Anteil an Jesu eigener Sendung: Sie werden Heil zusprechen, den Frieden wünschen, Kranke heilen und bei den Menschen verweilen. Ja, bei alle dem Aufbruch, der einer solchen Aussendung innewohnt, ist auch vom ‚Bleiben‘ die Rede! So heißt es: ‚Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird zu euch zurückkehren. Bleibt in diesem Haus.‘ Das heißt doch, dass trotz der Dringlichkeit der Botschaft Jesu die ausgesendeten 72 Jünger keine Hektik verbreiten sollen. Die Situationen, in die sie kommen, und die Menschen, denen sie begegnen, sollen von ihnen ernst genommen werden. ‚Bleiben‘ bedeutet, sich den Menschen zu widmen, ihre Nöte und Sorgen, ihre Freuden und Herausforderungen zu teilen. Diese Nächstenliebe ist ein Zeichen für das Bleibende der frohen Botschaft, eine Zeit der Gottesgegenwart, ein Zeichen des Reiches Gottes!

Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir uns mit den 72 Ausgesendeten identifizieren. Doch wer ist dieser „Sohn des Friedens“, von dem da im Evangelium die Rede ist, bei dem die ausgesandten einkehren und bleiben sollen? Es lohnt sich, einmal sozusagen die Seiten zu wechseln und zu fragen, wie kann ich zu einem Sohn/einer Tochter des Friedens werden? Was muss ich dafür tun? Was tue ich, wenn einer der von Jesus Ausgesendeten an meine Tür klopft? Öffne ich die Tür?

Wenn ich ehrlich bin: Oft bin ich doch der Wolf im Schafspelz, der kein Wort des Friedens hören will. Doch es gilt, den Gruß des Friedens, die Tat der Nächstenliebe an mich heranzulassen, auch wenn sie vielleicht scheinbar mittelos daherkommt, mir nichts bringt, keinen Lohn verheißt. Die 72 Ausgesandten haben jedenfalls nichts bei sich außer ihrem Gruß des Friedens. Lasst uns mit einem guten Wort, mit einem Lächeln unsere Türen öffnen – dann sind wir Söhne und Töchter des Friedens."

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Sein Kreuz tragen

„Die Wendung ‚sein Kreuz tragen‘ haben wir öfters im Mund: ‚Jeder hat so sein Päckchen zu tragen‘; in Bayern klingt das etwas deftiger: ‚a Kreiz is‘; oder: ‚Ja, Gott lädt jedem sein Kreuz auf‘. - Der eine denkt dabei an seine Rückenschmerzen, ein anderer an viele schlaflose Nächte, jemand denkt an seinen Partner oder seine Partnerin oder an seine Kinder …

Im heutigen Evangelium spricht auch Jesus vom „Kreuztragen“. Bei ihm steht dieses Wort in einem anderen Zusammenhang. Für Jesus bedeutet ‚sein Kreuz tragen‘ die Konsequenz seiner zentralen Botschaft: ‚Das Himmelreich ist nahe, kehrt um und glaubt an das Evangelium!‘ Wer diesem Ruf folgt und in sein Leben umsetzen will, dem sagt Jesus voraus: Du wirst in Konflikt mit deinen Lebensgewohnheiten und den Gesetzmäßigkeiten, die unser Leben in dieser Welt prägen, geraten. Mit der Botschaft Jesu von der Nähe Gottes ist etwas Neues in unsere Welt eingebrochen. Und das Kreuz, von dem Jesus im Evangelium spricht, entsteht da, wo unsere Welt dieses Neue nicht will und sich mit aller Kraft dagegen zur Wehr setzt.

Jesu Botschaft, „das Himmelreich ist nahe“, widerspricht oft unseren Lebensgewohnheiten. Die eigenen Lebenserwartungen in Frage stellen, sein Leben zur Verfügung stellen, den eigenen Ehrgeiz und den tief eingewurzelten Stolz aufgeben, das Vertrauen auf die eigenen Leistungen loslassen, das alles fällt uns nicht leicht. Sich hineinnehmen zulassen in eine Lebensweise, in der man sich selbst verliert und auf diese Weise alles findet, wie Jesus sagt, ist eine Herausforderung.

Denken wir zum Beispiel an unsere Sonntagsgestaltung: Ich möchte einmal einen Tag für mich haben, mal ausschlafen, die alltäglichen Pflichten hinter mir lassen, machen was mir gerade so einfällt - demgegenüber steht scheinbar die Einladung, den Sonntag zu heiligen, mir Zeit zunehmen, für Gottes Schöpfung zu danken, der Erlösungstat in Jesus Christus zu gedenken, dem Wort Gottes Raum und Zeit zu schenken – das kann eine Herausforderung sein. Als Christen leben wir in unserer konkreten Umwelt, in unserer Zeit - unsere Gesellschaft ist sicher nicht gottfeindlich, aber verhält sich oft sehr gleichgültig und Ich-bezogen. Und all das reicht bis in unser Herz hinein. Wenn wir die Botschaft Jesu ernstnehmen und miteinander versuchen, ihr folgend unser Leben zu gestalten, geraten wir immer in die Nähe des Kreuzes Christi. So gewinnen wir aber auch Anteil an seiner Auferstehung.

Wer sein Leben im Kreisen um sich selbst finden will, wird es verlieren, sagt Jesus. Wer aber sein Leben hergibt, sich rückhaltlos Gott und dem Ruf Jesu übereignet, wird sein Leben gewinnen. Das ist die Zusage Jesu.“

Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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