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Meldung im Detail


Hören und Tun

01. Oktober 2008

Predigt von P. Jeremias Marseille OSB zu Mt 7,21-27 am 2.6.2002

"Wer meine Worte hört und danach handelt, der hat sein Haus auf Fels gebaut!"

Dies ist heute die zentrale Aussage im Evangelium. Wer zu hören weiß und daraus zu handeln, dessen Alltag ist mehr und mehr verankert im wahren Glauben an Jesus Christus, würde Paulus sagen.

Liebe Schwestern und Brüder -

Die starken Worte Jesu vom Hören und Tun und vom "Haus auf dem Felsen" stehen am Ende der Bergpredigt - beschlossen mit den Worten, die sich dem heutigen Evangelium anschließen:

"Als Jesus diese Rede beendet hatte, war die Menge sehr betroffen von Seiner Lehre, denn Er redete wie einer, der göttliche Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten."

Bevor wir in das Gleichnis vom Haus auf dem Felsen gehen, erinnert es mich erstmal sehr konkret an unsere Situation der Häuser in Tabgha: Dort wurde auf Felsen und auf Sand gebaut! Die Kirche ist durch Stabilisierung in einem guten Fundament auf Felsen gebaut. Probebohrungen ergaben, daß der unterirdische Fels völlig anders verläuft als vermutet. Das Beit Noah und das Kloster wie z.T. auch das Gästehaus können gar nicht anders als auf Sand gebaut sein, da der Fels dort viel tiefer liegt.
Nun suchen wir uns für den Bau des neuen Beit Noah nicht einen anderen Standort, sondern bleiben, wo wir sind, und bohren in die Tiefe, bis wir auf Felsengrund stoßen. Das ist etwas sehr Benediktinisches: Stabilitas! Wir bleiben an dem Ort, den wir gefunden haben und der uns gefunden hat, der uns zugewiesen ist. Hier heißt es in die Tiefe gehen, bis wir auf Felsengrund stoßen.

In der Tiefe eines jeden Ortes, an dem ich stehe und in jeder Verfassung, in der ich mich befinde, gibt es Felsengrund, wenn ich nur tief genug grabe. Es paßt in konkret-geologischer wie in geistlicher Hinsicht, daß in Tabgha die Kirche auf gutem Fundament steht, während für das Beit Noah, ebenso wie für das Gästehaus und das Kloster noch gegraben werden muß.

Unser Graben nach Felsengrund ist unsere tägliche Gott-Suche, unser Gottes-Lob, ist unsere stete Bereitschaft zum hören in der Gott-Suche, die Bereitschaft zum Hören im Gottes-Lob, die Bereitschaft zum Auf-einander-Hören im Leben in der Gemeinschaft und im Dienen. "Wer auf mein Wort hört und danach handelt..." gilt ebenso für Nicht- oder auch Noch-nicht-Benediktiner! Hören in der Gott-Suche und im Gottes-Lob wie auch im gegenseitigen Dienst führt uns in Kon-Takt zu Gott.
All dies ist Gebet im Alltag, denn mit Gott in Kontakt sein, ist Gebet! Nur ist nicht jedes Gebet ein In-Kontakt-Sein mit Gott; denn wenn wir nur "Herr, Herr" rufen und im selbstbezogenen Beten nur auf uns selber schauen, oder wenn wir nur rufen "Herr, Herr", und uns damit rühmen, Ihn scheinbar zu kennen und im Stillen damit prahlen, was wir in Seinem Namen an Dämonen ausgetrieben und welche Wunder wir vollbracht, was wir alles geschafft haben, dann steht unser aufgeblähtes Ego zwischen Gott und uns selbst. Der Stolz ist ein gefräßiges Maul, das nie Ruhe gibt und alle Gnadengaben Gottes für sich verschlingt, wenn wir uns nicht wirklich Gott zuwenden. Und Gott wird sagen: "Weg von mir! Ich kenne euch nicht!" Seine Worte sind lediglich ein Spiegel unserer geistigen Verfassung: Wir kennen Gott nicht und sind weit weg von Ihm. Hier sind wir Übertreter des Gesetzes, wie Mt es versteht: Wir lassen den Kern der Thora, des Gesetzes - die Barmherzigkeit - nicht an uns heran!

Der wortstarke Abschluß der Bergpredigt ist nach allem von Jesus Gesagten noch einmal ein Ruf zurück zu Gott wie ein letzter Paukenschlag, der die ganze Rede auf den Punkt bringt. Der Satz "Wer diese Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute..." - sollte uns benediktinisch vertraut sein! Es geht um Hören und Handeln :

"Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, und erfülle den Zuspruch des gütigen Vaters durch die Tat! " (RB, Prolog)

Und es geht um Hören und Tun! "Auf Felsen bauen" heißt: Immer wieder bereit sein zum Hören: Hören lernen - im Hören bleiben.

"Auf Felsen bauen" heißt aber auch: Tun! Die Gebote des Evangeliums erfüllen!

Hier ziehen wir uns gern in die eigene Bequemlichkeit zurück, die ausgepolstert wird mit Schriftzitaten heutiger Schriftgelehrten, daß uns doch ohnehin aus Gnade alles geschenkt ist. Das ist wahr: Natürlich ist uns von Gott her gratis die Gnade geschenkt; aber vom Menschen her müssen wir uns diese Gnade erkämpfen! Der geistliche Weg ist kein Zuckerschlecken; er ist immer auch Kampf, eben - wie Roger Schütz sagt -, Kampf und Kontemplation!

Hören und Tun - das beginnt in den kleinen Dingen! Wenn ich einen Millimeter abrücke von eingefleischten Gewohnheiten, wird schon eine enorme Kraft freigesetzt. Was hat es mit dem Tun auf sich? Dadurch erhält das Ende der Bergpredigt Jesu nach Matthäus auch seine erschreckende, wachrüttelnde, voll-mächtige Wirkung.
Es ist viel sanfter, moderner und attraktiver, über das Hören alleine zu sprechen, als auch über das Tum. Es heißt aber: "...wer meine Worte hört und danach handelt!" Erst wenn das Gehörte durch den Menschen hindurch in die konkrete Tat hineingewachsen ist, ist der ganze Mensch vom Geist des Gehörten durchdrungen! Mit jedem Hineinwachsen in die Tat wächst der Glaube in die Tiefe und verankert sich im Felsen, der Christus Selber ist - der Stein, den die Bauleute verworfen haben, und der zum Eckstein geworden ist. Denn wir müssen auch tun , was wir hören !

So schreibt der ehemalige Abt des Makarios-Klosters in der Sketis Ägyptens, Vater Maata El-Meskeen:

"Das Evangelium ist weder da uns zu amüsieren, noch gewährt es seine Kraft jedem, außer denen, die sich entschlossen haben sich jeden Tag durch seine Worte zu ernähren (Hören), seine Gebote in Arbeit und Zeugnis umzuwandeln (Tun) und die Bitterkeit der Gebote durch die Freude der Anstrengung überwinden (Kampf und Kontemplation). Alle die sich mit der rauhen Erscheinung eines Verses des Evangeliums in Einklang bringen können und dies als Verlust, Kampf und Bitterkeit des Lebens akzeptieren (Aufgabe des Egos), werden bis ins innerste Wesen in die Freuden, den Frieden und das Teilhaben am glorreichen Leben mit unserem Herrn eingeweiht."

Amen.

P. Jeremias Marseille OSB