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Nachtrag zum Evangelium

23. April 2023

Die Jünger fahren hinaus auf den See, um Fische zu fangen - wie üblich bei Nacht, um mit Lampen die Fische an die Oberfläche zu locken. Dass sie bei Nacht buchstäblich nichts gefangen haben sollen, ist an sich schon ungewöhnlich genug; dass sie dann aber am Morgen Jesus am Ufer stehen sehen, ohne ihn zu erkennen, das muss mehr als befremden. Dass sie dann auf seine Weisung hin auf der rechten Seite des Bootes eine Überfülle von Fischen ins Netz bekommen, ist fast schon paradox. Und dann ruft einer der Jünger plötzlich: „Es ist der Herr!“ Kaum hört Petrus diese Worte, zieht er sich an und wirft sich vollständig bekleidet ins Wasser, obwohl das Ufer schon nahe ist. Die Eile scheint unnötig. Die anderen Jünger folgen nur langsam, denn sie können das prall gefüllte Netz nicht ins Boot hieven und müssen es im Schlepptau hinter sich herziehen. An Land scheint es erst so, als sei die Mühe des Fischfangs überflüssig gewesen. Es liegen schon Fisch und Brot auf einem Kohlenfeuer. Dennoch fordert die vormals unbekannte Gestalt, die jetzt ganz klar Jesus genannt wird, die Jünger auf, zusätzlich noch von den frisch gefangenen Fischen zu bringen. Und mit Leichtigkeit zieht Petrus allein das prallgefüllte Netz mit 153 großen Fischen ans Land. Die Jünger sitzen mit Jesus zusammen. Trotzdem herrscht eine eigenartige Stimmung. Keiner der Jünger wagt Jesus nach seiner Identität zu fragen. Doch gibt es in ihrem Innern die Gewissheit, dass es der auferstandene Herr ist – und am Ende steht dann die Feststellung im Evangelium: „Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.“

Die Exegeten sagen uns, dass es sich bei diesem Text um einen "Nachtrag zum Evangelium" handelt. Was bringt dieser Nachtrag an diesem dritten Sonntag der Osterzeit, in dem mehrere Traditionen zusammengeflossen sind? Offenbar brauchen die Jünger Jesu mehrere Begegnungen mit dem Auferstandenen, bis ihr Auferstehungsglaube so gefestigt ist, dass sie ihn auch bezeugen können. Jesus muss ihnen immer wieder begegnen, sodass sie glauben können. In den verschiedenen Begegnungen geht die Initiative immer vom Auferstandenen aus. Auf Seiten der Jünger herrscht Angst und Zweifel – keine Spur von Triumphalismus oder Leichtgläubigkeit. Und diese Auferstehungserscheinungen sind durchweg gemeinschaftsbezogen. Einzelne, z. B. Maria aus Magdala sendet der Auferstandene mit einer klaren Botschaft zu anderen oder er öffnet, wie hier, einer Gruppe die Augen - vorzugsweise in einem Mahl, das deutlich eucharistische Züge hat.

Aber die Auferstehungserscheinung geschieht nicht an einem heiligen Ort, etwa in einer Synagoge oder gar im Tempel von Jerusalem. Sie geschieht am Arbeitsplatz, an den die Jünger nach der Katastrophe der Kreuzigung Jesu zurückgekehrt sind. Jesus begegnet ihnen dort, wo sie als Team routinemäßig ihrer Arbeit nachgehen, die auch frustrierend sein kann – aber sie arbeiten zusammen. In einem solchen Team gibt es immer solche, die sich hervortun durch Autorität oder besondere Fähigkeiten. Das Kommando hat hier ganz klar Simon Petrus. Er braucht nur zu sagen: „Ich gehe fischen.“ Schon sagen die anderen: „Wir kommen auch mit.“ Der Satiriker Karl Kraus hat einmal bissig gesagt: Es gibt nun mal Menschen, deren Dasein das Dabeisein ist. Ich denke, das gilt für weite Strecken unseres Lebens. Dessen brauchen wir uns nicht zu schämen. Und dann gibt es da den „Jünger, den Jesus liebte“. Er hat die Gabe besonderer Erkenntnis. Er kann „mit dem Herzen sehen“ und gibt Petrus den entscheidenden Hinweis: „Es ist der Herr!“ Daraufhin wird Petrus aktiv. Er springt in den See und zieht nach der Aufforderung Jesu das Netz mit den Fischen an Land. Bis heute braucht die christliche Gemeinde verschiedene Begabungen, die zum Wohl des Ganzen eingesetzt werden. Es braucht Kontemplation und Aktion, Liturgie und Diakonie, Verkündigung und Solidarität ohne viel Worte.

Und inmitten des Alltags, gegenüber unserem Zweifel und unserer Ängste steht der auferstandene Herr, der uns trotz aller Unterschiede in die Gemeinschaft mit ihm ruft. Er steht heute am Ufer unseres Lebens. Wir sind wie die Jünger herausgefordert und berufen, ihn in unserem Alltag und im Mahl zu erkennen und seinem Ruf zu folgen und uns Lebensmut schenken zu lassen.
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Pater Josef und alle Brüder in Tabgha und auf dem Berg Zion wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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