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Enge Türen und weiter Raum

21. August 2022

„Ende Mai brach ich mir den Fuß. Leider war der Knochen so disloziert, dass eine Operation unumgänglich wurde. Sieben Wochen Fuß-Orthese und Krücken waren schließlich die Folge. Das einfache Gehen wurde plötzlich sehr beschwerlich. Die Türen wurden mir zum Hindernis; sie zu öffnen war eine Herausforderung und mein mit den Krücken recht breiter Gang ließ ganz normale Türen eng erscheinen, teilweise sehr eng sogar. An viele Türen schlug ich ungewollt mit meinen Krücken und hinterließ so manche Schramme … Daran erinnerte ich mich, als ich auf das Sonntagsevangelium blickte und das Bildwort von der engen Tür dort las. Ein doch recht unangenehmes Gefühl machte sich in mir breit. Und auch mir stellte sich die bange Frage, ob es wohl nur wenige seien, die gerettet werden? – nur wenige kommen durch die enge Tür.
Eigentlich bin ich mir recht sicher, dass auch mir das Erlösungswerk Jesu am Kreuz gilt, dass ich längst gerettet bin. Allen irritierenden Gefühlen zum Trotz und wider jeglicher leichter Unsicherheit kamen mir beim wiederholten Lesen und Betrachten des Sonntagsevangeliums Verse aus Psalm 18 in den Sinn: ‚Du führst mich hinaus ins Weite, du befreist mich … Du schaffst meinen Schritten weiten Raum …‘.

Ja, das Evangelium spricht von einer engen Tür, gar von einer verschlossenen Tür. Dem nicht genug wird den Klopfenden und um Einlass Bittenden wiederholt zugerufen: ‚Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!“ Will Jesus mit seinen Worten damals und heute wirklich Angst und Schrecken wecken? Nein, so höre und verstehe ich ihn nicht. Er möchte, dass wir wie in einem weiten Raum innerlich und äußerlich befreit gut leben. Jesus wirbt darum, dass wir trotz aller Anstrengungen und Herausforderungen, die ein wahrlich christliches Leben mit sich bringt, nicht einfach aufhören, das Wort zu leben und das Reich Gottes aufzubauen. Er wirbt darum, dass wir die Mühe und den Kampf nicht scheuen, auch wenn es mal eng wird und wir mit unserem christlichen Ethos in die Bredouille geraten. Bedrängnis gehört zur Alltagserfahrung eines jeden engagierten Christen. Frauen und Männer, die in unserer Zeit mit aller Entschiedenheit für das christliche Ideal geradestehen, dafür einstehen und es leben, erfahren immer wieder enge und brenzliche Situationen - sehr enge Türen!

Wer eigentlich hat die Tür so eng gebaut? Wer hat das so geplant? Wer hat den Auftrag dafür gegeben? War das Gott? Oder war es nicht doch eher der Mensch? - in mangelnder Aufmerksamkeit oder aus Rücksichtslosigkeit, in Egoismus, Neid oder Missgunst, vielleicht sogar aus Feindseligkeit? Ist es nicht der Mensch, dem der Andere egal ist, der dem Andern das gute Leben nicht gönnt, der den Anderen gerne in Bedrängnis sieht? Und der Andere - an der Mentalitäts-Klippe von Aug um Aug und Zahn um Zahn - wie reagiert er? Was tut er? Ist er bereit zum guten Kampf? Sammelt er all seine Kräfte, um das christliche Ideal der Vergebung zu leben? Siebenmal? Siebenundsiebzigmal? Angesichts der engen Tür sind wir zum Kampf gerufen! Immer wieder neu! Wir haben es doch schon mehr als einmal geschafft. Es war doch gut, als wir durch waren - also: immer wieder! Der Abglanz des Himmels zeigt sich schon auf Erden! Die Fülle ist Verheißung, an die wir zu Recht glauben!

Was auf Erden groß und wichtig scheint, Anerkennung und Lob erfährt, ist nicht automatisch auch im Himmel etwas Besonderes. In den Augen Gottes zählt auch das Kleine, das Wahrhaftige, das Ehrliche, das Großzügige, das Herzliche, das Nachsichtige, die Vergebung, das Verzeihen … Ja, so manches wird im Himmel ganz anders gesehen, und so werden so manche Letzte Erste sein und durch die Tür gelangen. Uns Christen muss es darum gehen, in den Augen Gottes groß zu sein. Wir Christen vertrauen darauf, dass Gott uns immer wieder neu die Kraft gibt, auch gegen Widerstände hier auf Erden dem Guten Raum zu geben. Darum werden wir nicht müde, auf Gott zu bauen und auf ihn hinzuweisen, ihn den Menschen bekannt zu machen. Gott sehnt sich danach alle Menschen zu befreiten und ins Weite hinauszuführen. Er schafft unseren Schritten weiten Raum! – und wir werden ‚im Reich Gottes zu Tisch sitzen‘. Lasst uns Mahl halten und mit Gott feiern! Amen.“

Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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