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...sich verschenken ...

17. Juli 2022

„In den letzten Tagen bin ich – sicherlich nicht zufällig - auf einen Gedanken von Pablo Picasso, der sehr gut zu unserem heutigen Evangelium passt, gestoßen: ‚Der Sinn des Lebens besteht darin, seine Gabe zu finden. Der Sinn des Lebens ist es, sie zu verschenken.‘ In diesem Zitat entdecke ich die beiden Frauen, Maria und Martha, bei Jesus. Beide suchen mit Jesus nach dem Sinn des Lebens und finden darin Gaben und Talente. Beide verschenken sich auf unterschiedliche, aber in ergänzender Weise im Hören und Tun.

In zwischenmenschlichen Beziehungen geht es um den kairos, den richtigen Moment. Es sind die wenigen Momente, in denen die Seele des einen dem anderen begegnet, sich dem Sprechen öffnet. Begegnungen mit Jesus in der Stille zählen oft mehr als Taten im Laufe vieler Jahre. Wo treffen wir Menschen, die wirklich zuhören können und nicht schon im Halbsatz eine Antwort parat haben? Und mehr noch: Wo treffen wir Menschen, die zwischen den Zeilen lesen und die oft stumme Sprache des Herzens wahrnehmen?

Eine kleine Geschichte aus meiner Zeit als Pfarrer: Als ich vom Bischof meine erste Pfarrstelle zugewiesen bekam, fragte ich mich, ob ich alles allein machen möchte: Gibt es einen Menschen, der mit mir als kleine vita communis im Pfarrhaus und mit der Gemeinde leben will? - um mit dem Evangelium zu sprechen: nicht nur eine Martha, sondern auch eine Maria. Durch verschiedene Kontakte habe ich eine ältere Frau, die aus der Maria-Martha-Gemeinschaft zu mir kam. Der Name dieser Gemeinschaft bringt das zusammen, was zusammengehört: Kontemplation und Aktion, geistliches Leben und praktisches Handeln. Wir hatten eine gute, gemeinsame Zeit mit allem gegenseitigen Respekt und aller Wertschätzung füreinander. Und sie, die ältere Frau, hatte die Gabe, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder Gast wohlfühlte.

Das es genügt, einfach da zu sein, muss für alle, die Jesus begegnet sind, eine der wichtigsten Erfahrungen gewesen sein. Er wollte nicht, dass die Menschen zu sehr beschäftigt sind. Er wollte nicht, dass wir Momente vergeuden, die Momente der Gnade sein könnten, indem wir unsere eigene Aktivität an die Stelle der Realität setzen, unsere eigenen Handlungen an die Stelle unserer eigenen Existenz. Jesus wollte, dass es in unserem Leben Momente gibt, die zumindest in der Nähe des Göttlichen liegen und etwas von Gottes Ruhe, als er die Welt erschuf, widerspiegelt. In der Seelsorge gibt es die großen Macher, als ob das Leben so praktisch geordnet, so leicht verordnet werden könnte, als ob die wirklichen Fragen des Lebens nicht erst dann zugänglich wären, wenn Ruhe eintritt und ein inneres Erwachen beginnt. Es ist schlimm, wenn wir immer in der Angst leben, dass wir in den Augen der Menschen nur das sind, was wir tun und leisten, was wir schließlich vorzuweisen haben.

Es ist uns bekannt, dass Zuhören nicht dasselbe wie Hören ist. Es gibt das gespannte Zuhören und das oberflächliche Zuhören. Wie gehen wir mit dem Wort Gottes um? Leben wir in der Sorge, wir könnten etwas überhört haben, was Gott uns schon längst sagen wollte? ‚Das Wort ist ganz nahe bei dir‘, heißt es in Deuteronomium 30,14. Man kann es nicht wirklich überhören. Die zentralen Themen der heutigen Lesungen sind die Bedeutung der Gastfreundschaft im christlichen Leben und die Notwendigkeit, auf Gott zu hören, bevor man handelt. Jesus nahm alle auf und kümmerte sich um die Bedürfnisse aller und spiegelte in seinem Handeln die Gastfreundschaft Gottes wider. Der Schlüssel zum christlichen Leben ist die Festlegung von Prioritäten: Jesus Christus zuerst, dann alles andere, das hat Maria bereits verstanden. Die einzige Möglichkeit, diese Lektion wirklich zu lernen, besteht darin, jeden Tag einige Zeit damit zu verbringen, ‚zu den Füßen Jesu zu sitzen‘, es ist keine vergeudete Zeit.

In der heutigen ersten Lesung wird beschrieben, wie die Gastfreundschaft von Abraham und Sarah gegenüber Fremden von IHM, der selbst zu Gast ist, belohnt wurde. Im Evangelium wird deutlich, wie Martha, ein echtes Kind Abrahams, die traditionelle großzügige Gastfreundschaft ihres Volkes auf Jesus, den wahren Messias, ausdehnen wollte. Sie bereitete ein aufwendiges Mahl für ihn, während ihre Schwester Maria ihre Zeit damit verbrachte, mit ihm zu reden und ihm zuzuhören. Das heutige Evangelium, in dem Martha als treibende Kraft und Maria als wahre Zuhörerin des Wortes Gottes dargestellt wird, lädt uns ein, anderen mit Marthas Eifer zu dienen, nachdem wir unsere geistigen Batterien jeden Tag durch Gebet - Hören auf Gott und Reden mit Gott - aufgeladen haben, wie Maria es tat. Nur wenn wir Gottes Wort in unser Herz und unseren Verstand aufnehmen, können wir anderen wirklich dienen.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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