Unsere Fahrt nach Jordanien - Teil 2
22. Oktober 2013 Theologisches Studienjahr Jerusalem
Petra und Mount Aaron
Jene Tage, die wir gemeinsam in Petra verbrachten, stehen hinsichtlich des Wohn- und Schlafcomforts im krassen Gegensatz zu den bisherigen Tagen. Das einzige, was uns jedoch nicht verlassen hatte, war die schier unendliche Felslandschaft...
Der Hotelpool bei Nacht
Schon während unserer Ankunft im 3-Sterne-Hotel in Petra trauten wir unseren Augen nicht: Große Zimmer, zwei Pools, Angebote für Massagen und für jeden ein riesiges Bett! Frisch gemacht von so vielen Tagen ohne Dusche und aus einem Wasserhahn fließendem Wasser trafen wir am Abend vor dem Essen quasi wie neugeboren und verwandelt in uns selbst zum gemeinsamen Abendgottesdienst in einem größeren Raum des Hotels zusammen.
Das bekannteste Grab in Petra - das Schatzhaus
Schon am nächsten Tag jedoch war an ein entspanntes Ausruhen nicht mehr zu denken! Jeder einzelne von uns kannte – zumindest von Bildern her - die wichtigesten Sehenswürdigkeiten der berühmten Stadt Petra und heute waren wir nun an der Reihe, eine ausführliche Führung durch die Geheimnisse der alten Wüstenstadt zu bekommen. Den ganzen Tag verbrachten wir nun also mit einer Wanderung durch die bedeutenden Bauten der Nabatäer – zuerst im Tal und schlussendlich auch hoch oben auf den höchsten Felsen der Opferhöhen. Eine Wanderung, die in vielen Facetten an die letzten Tage erinnerte...
Den anstrengenden Höhepunkt bezüglich unseres neuen Wanderhobbies hatten wir jedoch noch vor uns: Der nächste Tag wartete mit dem höchsten Berg der Umgebung auf uns – dem Aaronsberg mit einer kleinen Moschee und dem Aaronsgrab auf seinem Gipfel. Doch der harte, mehrstündige Aufstieg hatte sich durchaus gelohnt und der grandiose Ausblick belohnte uns erschöpfte Studenten während unseres Mittagessens im Schatten der Moschee. Wer bis hierher noch keine Massage im Hotel genossen hatte, konnte den letzten Abend in Petra nun doch noch hierzu nutzen...
Das Aaronsgrab auf dem Gipfel
Zur Belohnung gab es einen Kamelritt
Madaba und Umm Ar-Rasas
Von Petra fuhren wir mit dem Bus nach Norden am Toten Meer entlang. Unser nächstes Ziel war die Stadt Madaba, bekannt für viele alte Mosaikböden und heute Sitz einer Schule für Mosaikkunst.
Unterwegs machten wir an der Ausgrabungsstelle Umm Ar-Rasas halt. Dort wurde Kastron Mefa’a, eine byzantinische Befestigungsstadt gefunden. Bis jetzt ist nur ein kleiner Teil ausgegraben, darunter ein Komplex von vier aneinandergebauten Kirchen. Interessant ist, dass die vorgesehenen menschlichen Darstellungen und teilweise auch tierische zerstört worden sind, aber nicht indem man die Steinchen einfach entfernt hätte sondern man hat sie einfach so vertauscht, dass das ursprüngliche Bild nicht mehr erkennbar ist.
Die Madaba-Karte vom Heiligen Land
Nach dem Mittagessen ging es wieder in den Bus und weiter nach Madaba, der „Mutter aller Mosaikfußböden“. In dieser Stadt wurden schon etliche Kirchen und Häuser mit Mosaikfußböden gefunden, teilweise gut erhalten. Sie wurden erst im 19. und 20. Jh. wiederentdeckt. Das berühmteste Mosaik (aus dem 6. Jh.) befindet sich in einer heute wieder genutzten griech.-orthodoxen Kirche. Es sind die Überreste einer Landkarte vom Hl. Land, vermutlich gedacht für Pilger. Ihr Fund war für die Wissenschaft sehr interessant, u.a. die vollständig erhaltene Darstellung der Stadt Jerusalem.
Mount Nebo - Der Blick ins verheißene Land
Unser Nachtlager war auf dem Berg Nebo, von dem aus angeblich schon Mose ins Heilige Land geblickt hat. Es war etwas Besonderes die letzte Abendandacht mit Blick auf das Tote Meer und das Land drum rum zu feiern. Wir hatten zwar keine klare Sicht, aber in der Ferne konnte man hohe Gebäude erkennen – Jerusalem?! Zum Abendessen bekochte uns der Studiendekan mit Risotto.
Sonnenuntergang über dem Toten Meer
Gruppenfoto vor der Heimreise
Besichtigung in Jerash und Heimfahrt
Am nächsten Morgen holte Ahmad uns ab und es ging weiter nach Jerash – früher Gerasa, eine der Städte im Dekapolisbund. Dort gibt es aus spätrömischer und frühbyzantinischer Zeit einige Überreste – ein Forum, ein Triumphbogen des Hadrian, ein Artemistempel, ein Zeustempel, eine Kathedrale und mehrere kleinere Kirchen, eine Prachtstraße mit römischem Zebrastreifen und ein Theater, indem drei arabische Musiker für die Touristen Trommeln und Dudelsack spielen.
Blick auf das Forum
Der Triumphbogen des Hadrian
Auch hier in Gerasa ist bei weitem noch nicht alles ausgegraben. Auch konnten die bestehenden Gebäude und Säulen teilweise noch nicht wieder zusammengesetzt werden, weil einfach nicht genug Geld da ist die vielen Ausgrabungen im ganzen Land zu unterstützen.
Die jordanische Fahne
Und dann gings auch schon Richtung Jordan Boarder Crossing. Ich glaube unser Reiseführer und der Tourismuspolizist waren froh uns loszuwerden. Ein letzter Blick auf die jordanischen Flaggen, die letzten Dinare im Duty Free Shop ausgeben.
Und dann hieß es wieder: Aus dem Bus raus, Rucksack aufs Band zum Röntgen, durch die Sicherheitsschleuse, Rucksack nehmen und wieder in den Bus, wieder raus, Pass abstempeln lassen, wieder in den Bus rein, über den Jordan, aus dem Bus raus, Rucksack wieder nehmen, wieder aufs Band, durch die israelische Sicherheitsschleuse, Rucksack wieder hoch, seltsame Fragen bei der Einreise beantworten, endlich den Stempel bekommen und durch die Tür zum nächsten Reisebus, der uns heim ins Beit Josef bringt.
Über Martina und Dominik
Unsere Fahrt nach Jordanien - Teil 1
22. Oktober 2013 Theologisches Studienjahr Jerusalem
Rasierer und Flechtgummis
Rasura monastica
Mit der Jordanienexkursion standen uns 6 Tage Leben unter freiem Himmel bevor, 6 Tage ohne Zugang zu einer Kloschüssel, einer Dusche oder einer Haarkur. Das erfordert besondere Maßnahmen: Einige Jungs gingen vorher zum Friseur, 3 von ihnen zu Barbier P. Matthias, der ihnen einen schicken 3-Milimeter-Schnitt verpasste.
Die Mädels weigerten sich geschlossen, die Haarpracht abzuschneiden. Sie flochten stattdessen am Montagnachmittag eifrig Zöpfe.
Wadi Rum
Früh am Morgen sollte also unsere Reise ins Abenteuer beginnen. Die bis zum oberen Verschluss bepackten großen Rucksäcke waren dabei nicht minder gefüllt als unsere Köpfe, welche mit den phantasiereichsten Erwartungen und Befürchtungen hinsichtlich der nun bevorstehenden Tage das Beit Josef verließen.
Zu Fuß im Niemandsland zwischen 2 Staaten
Wir beluden den kleinen Reisebus und dann hieß es erst einmal Abschied nehmen von der Stadt Jerusalem und es sich für die mehrere Stunden andauernde Fahrt gemütlich machen – ein Fahrzeug, das uns die nächsten Tage noch oft begleitete. Nach einem kurzen Zwischenstopp am Toten Meer erreichten wir, dem Zeitplan gemäß, gegen Mittag die israelisch-jordanische Grenze, die uns ohne zeit- oder nervenaufreibende Probleme ihre Tore öffnete und uns hinter dem Niemandsland sowie der jordanischen Kontrolle schlussendlich in den Nachbarstaat Israels entließ. Hier nun trafen wir auch erstmals auf unseren Guide Ahmad, der uns die kommenden Tage auf seine ganz eigene Art und Weise die verschiedenen Facetten seines Heimatlandes kompetent zu zeigen wusste. Ein kurzer Stopp um notwendige Einkäufe erledigen zu können, führte unseren Bus durch die Hafenstadt Aqaba, die uns Ahmad von unseren Sitzen aus als erste von uns bereiste Stadt Jordaniens geschichtlich erläuterte.
Das Beduinencamp
Unser Weg an diesem ersten Tag führte uns schließlich in ein großes Beduinen-Camp, das den Ausgangspunkt zu den nun folgenden drei Tagen Wüste, Sand und Felsen bildete. Mit Jeps ging es auf abenteuerlichem Pfade querfeldein immer tiefer in die Wüstenlandschaft hinein, bis wir schließlich in einer quasi menschenverlassenen Gegend unseren Rastplatz für die nächsten Tage erreicht hatten. Erste Erkundungsversuche der Umgebung, langsames Anfreunden mit den uns verpflegenden Beduinen und Aufbau der Nachtlager unter freiem Himmel ließen diesen Tag im Lichte eines unfassbar klaren Sternenhimmels enden.
Eine faszinierende Landschaft
Unser Esszimmer in der Wüste
Wandern im Wüstensand
Der nächste Tag setzte das individuell schon begonnene Wandern in der Umgebung des Schlafplatzes fort: Zwei kleinere Wanderungen durch die Wüste bildeten das Programm für diesen Tag. Mal auf eher intensivere, mal auf eher weniger anstrengende Weise durchquerten wir dabei den hohen Wüstensand und bekamen immer wieder Einblicke in die durchaus interessante Flora und Fauna unseres Gastgeberlandes auf begrenzte Zeit: Von giftigen Planzen über Kriechspuren von größeren Eidechsen bis hin zu zahlreichen Schlangengeschichten – die wirklich interessanten Tiere blieben, abgesehen von Dromedaren – jedoch leider aus...
unendliche Weite
Den zweiten Tag in der Wüste begangen wir im wahrsten Sinne des Wortes als Wüstentag: In Stille sollte sich ein jeder von uns einige Stunden bewusst die Zeit nehmen, nach dem Vorbild der Wüstenväter alleine in der Wüstenlandschaft zu verbringen, sich einmal nur mit sich selbst zu beschäftigen und alle aufkommenden Gedanken ernstzunehmen – ein für viele von uns sehr prägendes Erlebnis! Nach dem wieder in Gemeinschaft zu uns genommenen Abendessen wurden wir zum Abschluss des Tages von den Beduinen in die Welt des arabischen Tanzes eingeführt - eine wilde, aber freudebereitende Angelegenheit im Lichte des allabendlichen Lagerfeuers.
Sonnenuntergang
Rückfahrt auf den Jeeps
Und ehe man sich versah, waren die 3 Tage in der Wüste auch schon vorüber! Gerade hatte man sich an den atemberaubenden Sternenhimmel gewöhnt, seinen perfekten Schlafplatz gefunden und sich mit der einzigartigen Felsenlandschaft angefreundet, da standen auch die uns schon bekannten Jeps im Sand unseres Lagers.
Wadi Hesa – 3 Tage nass
Unser Reiseleiter Ahmad verstand es, uns für den zweiten Abschnitt der Reise Mut zu machen: „Wenn wir erst einmal drin sind, gibt es kein Zurück. Da gibt es keinen Handy-Empfang, es kommt kein Fahrzeug oder Esel rein. Dann müssen wir den Weg zu Ende gehen.“ Um uns also für diesen Gang zu rüsten, wurden Schlafsack, Ersatzkleidung und Fotoapparate wasserdicht verpackt und Gemüse, Nudeln, Konserven und Fladenbrot eingekauft. Denn jetzt gibt es keine Beduinen mehr, die uns Lammschaschlik oder Hähnchen auf jordanische Art zubereiten.
Erstmal geht es nach unten
Der Einstieg am Nachmittag des ersten Tages war aber dann überraschend entspannt. Bergab wurde es immer grüner und wir gingen unsere ersten Meter durch seichtes, sanft dahinströmendes Wasser. Es war angenehm warm verglichen mit heimischen Bächen. Am Ufer wuchsen üppig grüne Gräser und Büsche. Schon nach 2 Stunden erreichten wir den ersten Nachtlagerplatz in der Nähe eines Wasserfalls. Nach dem Feuerholzsammeln beschloss ein Großteil der Gruppe, erstmal sich zu waschen inkl. den Wanderklamotten am Leib. Die hatten es ja genauso nötig.
Schnell sind wir bis zu den Knien nass.
Nach der Dusche unter dem Wasserfall
Herrlich erfrischend
Zum Abendessen gab es Nudelsuppe, Fladenbrot und schwarzen Tee. Währenddessen wurde es dunkel und mit der Zahl der Taschenlampenlichter wuchs exponentiell die Zahl der Insekten, die mit uns die Abendandacht hielten.
Am nächsten Morgen ging’s dann erst mal steil Berg auf und dann wieder steil nach unten – eine herausfordernde Strecke für alle mit Höhenangst. Aber alle haben sie erfolgreich hinter sich gebracht. Danach ging es wie von Ahmad angekündigt meist durchs Wasser. Dafür haben sich viele Studienjährler spezielle Sandalen zugelegt, die, so Assistentin Maria, „geschlossen und gleichzeitig offen“ sind. Das Wasser floss mühelos hindurch, jedoch die kleinen Steinchen verfingen sich in den hinten offen und vorne geschlossenen Schuhen sehr gerne.
Wer will schon in eine Therme, wenn er in einem natürlichen Pool sitzen kann.
Wohltuende Erholung für die Füße gab es an den zahlreichen heißen Quellen, die hier und dort aus dem Boden sprudelten. An einer Stelle sammelte sich das Wasser auch in einem kleinen kniehohen Pool, den wir natürlich sofort ausprobiert haben. Gut dass die Funktionskleidung auch am Körper schnell trocknet bzw. die Hosenbeine eh gleich wieder nass werden.
Am Vormittag kamen wir noch gut voran, aber mittags wurde es schwieriger. Eine Studentin hatte sich ernsthaft am Knie verletzt und wir drosselten das Tempo. Deshalb kamen wir nicht ganz so weit, wie von den Guides geplant. Kurz vor unserem Rastplatz für die Nacht begegneten wir zwei sehr zutraulichen Wildeseln. Sie ließen sich anstandslos von uns streicheln, fotografieren und folgten uns die letzten 50 m zu unserem Lager.
Ein zahmer Wildesel
Doch so leicht sie sich streicheln ließen, so schwer wurden wir sie wieder los. Sie waren wie Souvenirverkäufer, sie ließen sich einfach nicht abschütteln. Munter ging es über die schon ausgerollten Isomatten, es wurde an den Rucksäcken geschnuppert und an dem einen oder anderen Schlafsack geknappert. Nur mühsam und mit unmissverständlichen Argumenten konnten wir sie von unserm Nachtlager abbringen. Nach der Nudelsuppe ging es zeitlich ins Bett, denn am nächsten Morgen wollten wir schon eine Stunde früher starten, um die Verspätung wieder wett zu machen.
In der Früh um 5 Uhr wurden wir von sanften Melodika-Tönen geweckt. Wieder hieß es zusammenpacken, frühstücken (es gab übrigens jordanisches Nutella aufs Pita) und aufsatteln für das letzte Stück Weg durchs Wadi Hesa.
Beeindruckend
Die ganze Wanderung war einerseits geprägt von der beeindruckenden Landschaft, den Pflanzen und Tieren am und im Wasser – von Eseln bis hin zu Fröschen und Libellen. Andererseits war an vielen Stellen kein Pfad erkennbar, das Wasser an etlichen Stellen tückisch, die Steine, über die wir gingen, wackelig. Und an diesen Stellen, wo eine helfende Hand, ein Wegbegleiter oder Mutmacher gefragt war, gab es immer jemanden in der Gruppe, der zur Stelle war. Keiner wurde alleingelassen und so haben wir den Weg gemeinsam geschafft und beim Verlassen des Wadis am Horizont das Tote Meer und dahinter israelische Berge gesehen. Der zweite Guide, den wir dabei hatten, sagte am Schluss treffend: „You were like a Family. That‘s great.“ Geschafft saßen wir im Bus auf dem Weg nach Petra ins Hotel. Denn damit war unser Leben in der Natur erst mal zu Ende.
Über Martina und Dominik