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Der Herr ist unsere Hoffnung!

15. Dezember 2010

Ein Grußwort im Advents-Pfarrbrief der Pfarrgemeinde St. Michael in Dormagen von P. Jeremias Marseille OSB, Tabgha.

Der Herr ist unsere Hoffnung

So begann heute Morgen das Eingangslied bei uns in der Eucharistiefeier am Ufer des Sees Genesareth, in Dalmanutha. Es ist das letzte mal in dieser Saison, dass wir am Sonntagmorgen draußen mit vielen Pilgern die Heilige Messe mit Blick auf den See Genesareth gefeiert haben, bis wir dann im kommenden Frühjahr am frühen Ostermorgen bei Sonnenaufgang von der Brotvermehrungskirche wieder nach draußen ziehen werden unter den freien Himmel.

Auch wenn wir nun in die Brotvermehrungs-Kirche umziehen während der Winterzeit, so bleiben wir – so hoffen wir – im Herzen doch unter freiem Himmel. Das Feiern der Liturgie in unmittelbarer Natur bei Sonne, Wind und Wetter macht noch mal mehr deutlich, dass wir Christen ein pilgerndes Gottesvolk sind; unterwegs, auf dem Weg mit Christus, der selbst unsere Hoffnung ist!

Vor zwei Tagen hörte ich das Rufen der ziehenden Kraniche und lief schnell nach draußen und schaute den Schwärmen von Zugvögeln nach, die in der bekannten V-Formation weiter zogen, bis sie jenseits des Sees am Horizont verschwanden. Die Abertausenden von Kranichen, die hier zwischen den Jordan-Quellen und dem See Genesareth im Hula-Tal eine Rast einlegen, kommen aus Osteuropa und ziehen nach Südafrika weiter; von einer inneren Anziehungs-Kraft getragen.
Jeder kennt diesen Hinauf-Blick zu den Zugvögeln am Himmel, diesen Moment des Innehaltens und Nachschauens, diesen Blick der Faszination, in dem sich für einen Augenblick die Seele aus der Normalität des Alltags erhebt, weitet und tief durchatmet; - ein Zeichen der Hoffnung; im Aufbruch sein, noch nicht das Ziel wirklich kennen, aber vertrauend wissen, dass die Hoffnung trägt wie der Aufwind die ausgebreiteten Flügel.

Die Hoffnung wohnt in unseren Herzen als Kraft der Gewissheit, dass Gott es gut mit uns meint und mit uns auf dem Weg ist bis zur Vollendung des Heils trotz aller Widerwärtigkeiten.

Selbst Enttäuschungen und Misserfolge, die jedes Leben kennt, ja sogar Sterben und Tod, sind umfangen vom Geist der Hoffnung, ebenso wie das Leben. Denn Hoffnung (auch wenn wir wenig von ihr sprechen) drückt unser unmittelbares Verhältnis zu Gott aus.

So empfehle ich Ihnen, sich eine stille Zeit der Muße zu nehmen, und sich auf die innere Qualität christlicher Hoffnung zu besinnen. Sie werden merken, dass sie aus dem Geist innerer Freiheit lebt, sich nicht fixiert und selbst gemachten Zielen und Ergebnissen nachläuft.

Das christliche Prinzip der Hoffnung lebt ergebnisoffen, weil es sich ganz auf Gott einlässt, der allein die Fülle des Heils kennt, und allein uns dahin führen kann. Insofern zieht uns die Kraft christlicher Hoffnung in die stille Unbegreiflichkeit Gottes selbst hinein.

Dabei ist die Hoffnung, wenn sie echt ist (das spüren wir), nicht ein theoretisches Gedankenspiel, sondern eine innere Wirklichkeit, die sich an konkreten Aufgaben und Herausforderungen im Alltag entzündet und erleben lässt. Hoffnung ist die Kraft der Tat, die etwas wagt und nicht nur auf ‚Nummer Sicher’ geht. Sie ist revolutionär. Dabei ist sie nicht etwas Vorübergehendes, das man ‚ad acta’ legt, wenn ein Ziel erreicht ist. Sie ist ein bleibendes Feuer im Herzen der Nachfolge Christi, ein stetes ‚Sich-Neu-Einlassen’ auf Ihn.

Wenn wir uns in diesen Tagen wieder aufmachen und dem Hochfest der Geburt Jesu Christi, Weihnachten, entgegengehen, dann in der Hoffnung, dass Er, der die Hoffnung selber ist, uns neu begegnen wird, aufgeht in den Herzen, wie ein Stern in der Nacht.
Vielleicht wird für Sie Weihnachten in diesem Jahr mal ganz anders sein, als sie es sonst kennen und erwarten. Halten Sie sich bereit, und vor allem offen, dass Christus Ihnen neu und auf neue Weise geboren werden kann. Maria konnte das Kind in die Krippe legen, weil diese leer war. Mögen unsere Herzen und Hände offen sein, frei zu empfangen und zu geben.

Die Kraniche am Himmel zogen über Galiläa dahin, getragen von einer inneren Anziehungs-Kraft ohne ‚zu wissen’ wie sie Südafrika erreichen werden und was sie dort erwartet. Sie fliegen einfach dem Süden entgegen.

Lassen wir uns auch so anziehen vom Hochfest der Geburt Jesu Christi.

Verplanen wir nicht alles in unseren Vorbereitungen des Festes, in der Sorge, es möge nichts schief gehen. Halten wir uns bereit für den, auf den wir hoffen, für Jesus Christus selbst, den Heiland der Welt.

Darin wirkt die adventliche Freude auf Weihnachten hin, ganz so, wie es der Heilige Paulus sagt: „Seid fröhlich in der Hoffnung.“ (Röm 12,12)