Finden Sie was sie suchen...

Meldung im Detail


Vom Blick eines Diakons auf das Kreuz des Herrn

21. November 2010

Predigt von Br. Samuel Elsner am Christkönigsfest 2010, in St. Godehard/Hildesheim

Lieber Diakon und Mitbruder Bruno Nowitzki,
liebe Freunde unserer Abtei auf dem Sion,
liebe Schwestern und Brüder!

Verschiedene Menschentypen schauen im heutigen Evangelium auf den gekreuzigten Jesus. Jeder sieht bei seinem Anblick etwas anderes.
Es ist wie bei einem Vexierbild: Der Blickwinkel, die Perspektive entscheidet darüber, was ich sehe.

Ich lade sie ein verschiedene Blickrichtungen auf das Kreuz wahrzunehmen:

Wir betrachten den Blick der führenden Männer des Volkes. – Sie sehen am Kreuz den Gescheiterten:

Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias ist.

Wir können uns gut vorstellen, wie beißend der Spott war, der von den Männern Jesus entgegengebracht wurde. Noch Tage vorher war er für viele der große Heiler, der Wundertäter, der Messias. Jetzt, am Kreuz, ist er der Narr, der Blender, der gescheiterte Hochstapler, der Gotteslästerer!

Die Menschenmasse ist durchmengt von Soldaten. Auch sie spotten über den selbsternannten König, der so erbärmlich und armselig am Kreuz hängt. Das Schild über Jesu Haupt scheint diesem Spott zu bestätigen: Sieht so ein König aus? Sieht so ein König aus, ein Nachfahre des großen und mächtigen König Davids?

Rechts und links vom Kreuz, ganz unmittelbar, schauen die Verbrecher auf Jesus. Der eine ist voll Hohn und Spott gegenüber Jesus:

Bist du nicht der Messias? Hilf dir selbst – und natürlich auch uns!

Der andere Verbrecher hat eine ganz andere Perspektive: Es ist die Perspektive des Mitleidens und der Selbsterkenntnis:

Dieser hat nichts unrechtes getan, uns aber geschieht recht!

Er kann seine eigene Schuld aushalten und sie bekennen. Und Warum? – Weil er in das Angesicht der verzeihenden Liebe schaut.
Er bittet um Vergebung, weil er im Angesicht Jesu das grenzenlose Erbarmen Gottes erkennt. Und dann folgt der einprägsame Satz, der irgendwann einem jeden von uns über die Lippen kommt:

Jesus, denk an mich, wenn du in deiner Macht als König kommst.

Sehen Sie, wie unterschiedlich die Blickausrichtungen sind?
Wo würde ich mich da einsortieren?
Welchen Blick habe ich auf den erhöhten Herrn?

Wenn ich für mich ehrlich hinschaue, dann finde ich mich in allen Personen irgendwie wieder. Wie spottet man doch gerne über andere und verhöhnt andere – vor allem wenn sie nicht dabei sind! Man nagelt sie förmlich fest mit Be- und Verurteilungen.
„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan?“ (Mt. 25,40) Wie klingt dieser Satz, wenn ich die Meßlatte unseres Christseins anlege, im Nächsten Christus zu erkennen?
Und auf der anderen Seite hoffen wir alle auf die Aufnahme im Reich Gottes!

„Jesus, denk an mich, wenn du in deiner Macht als König kommst.“ Wenn wir diesen liebevollen Satz im tiefsten unseres Herzens wirklich verstehen würden, müsste aller Hohn und Spott eigentlich ein Ende haben! Hat er aber nicht. Also haben wir noch einen weiten Weg vor uns.

Wir bemühen uns darum. Und für diese Bemühung gibt es Hilfen. – Mitmenschen. Mitmenschen, die uns zeigen, wie's auch anders gehen kann; die uns darauf aufmerksam machen wollen: So kannst du nicht umgehen, mit deinen Mitmenschen.

In unserer Kirche kann der Diakon einer dieser Menschen sein.

Diakon ist man nicht für sich selbst. Der Diakon hat ein Herz für die Menschen und ihre Probleme.

Ein hohes Ideal, dem es nicht immer leicht ist, gerecht zu werden.
Der Diakon ist der caritative Leuchtturm, der uns alle daran erinnert, dass man die Liebe zu den Menschen, die Caritas, nicht vergessen darf. Vor allem nicht bei denen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Und wir alle wissen, wen wir mit unserem Spott und Hohn an den Rand der Gesellschaft drängen!
Der Diakon ist einer, der sich darum bemüht, die verschiedensten Blickrichtungen auf das Kreuz, und somit auf Gott und den Menschen zu bündeln.
Das ist keine leichte Aufgabe.

Lieber Bruno, ich glaube du verstehst, wovon ich spreche.
Dass Du heute mit 82 Lebensjahren Deinen 25. Diakonenweihetag feierst, hat auch was mit dem Ringen um die richtige Blickrichtung zu tun. Du hast damals lange mit deinem Pfarrer gerungen, ob diese Aufgabe für Dich die Richtige ist.
Und nach Deiner Weihe im Hildesheimer Dom hast Du Dich in vielfältiger Weise in der Seel-sorge engagiert, in der Sorge um die Menschen, die am Rande des Kreuzes stehen und mit denen Du vielleicht auch gemeinsam den Blick auf das Kreuz geschärft hast. Du warst die ersten Jahre in unserer Nachbargemeinde St. Elisabeth tätig und hast dort die Betreuung von drei Altenheimen übernommen. Du hast dem Pfarrer bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen geholfen. Du warst viele Jahre als Seelsorger in der JVA, hier im Schatten der Basilika tätig. Du hast dich mit den Fröhlichen gefreut und mit den Trauernden getrauert.
Das sind bewegende Momente im Leben eines Menschen, vor allem eines Diakons, weil man bei all diesen Momenten auch immer die Chance hat, den Blick auf Gott zu richten.
Spürt man nicht in den Schwächsten Momenten des Lebens, wie Machtlos man selber ist und welche Kraft „von Oben“ kommen kann??

Du bist unserer Basilika fast Zeit deines Lebens eng verbunden. 25 Jahre warst du der Vorsitzende des Vorstandes des Basilikachores, der am heutigen Christkönigssonntag seiner Gründung gedenkt. Nach wie vor bist Du Ehrenvorsitzender des Chores. Du bist seit 1944 Mitglied der Kolpingsfamilie.
Seit deiner Pensionierung im Jahr 2000 hast Du Pastor Henze in der früheren St.Godehard Gemeinde genauso in der Seelsorge geholfen, wie Du auch selbstverständlich nach der Fusion als Diakon mit deinem Engagement unserer Innenstadtgemeinde zur Verfügung gestanden hast. Unser Pfarrer, Domkapitular Wolfgang Osthaus und wir Benediktiner erinnern uns dankbar an manchen gemeinsamen gefeierten Gottesdienst und herzlicher Verbundenheit!

Liebe Schwestern und Brüder, das Weihejubiläum eines Diakons kann aber auch ein Moment des Innehaltens sein. Ich wiederhole es gerne noch einmal:

Der Diakon ist der caritative Leuchtturm, der uns alle daran erinnert, dass man die Liebe zu den Menschen und damit zu Christus, die Caritas, nicht vergessen darf.


Es gibt verschiedene Blickrichtungen auf das Kreuz. Das Volk und die Soldaten unter dem Kreuz haben über Christus gespottet, sie haben ihn als „Versager“ verlacht. Wir wissen, das Christus nicht versagt hat, sondern das schafft, was alle Könige und Mächte dieser Erde niemals schaffen:
Eine Welt der Gerechtigkeit und des Friedens!
Nicht nach unserem machtvollen Willen, sondern nach Gottes Willen für alle Menschen.

Diese Botschaft zu leben und zur Verkündigen ist eine wahrhaft diakonische Aufgabe!
Nicht nur für einen Diakon und einen Caritashelferkreis,
sondern auch für einen Basilikachor,
für einen Freundeskreis, der sich unserer Abtei und damit auch der Stadt des Kreuzes besonders verbunden fühlt
für unsere Gemeinde,
für jeden von uns, der sich Christ nennt!

FÜR UNS ALLE!

Jesus, denk an mich, wenn du in deiner Macht als König kommst. – Amen.