Allein sind wir arm...
08. Mai 2011
Predigt von Pater Mark Sheridan
OSB am 3. Sonntag der Osterzeit in der Dormitio-Basilika. (Evangelium nach Johannes 21,1-14)
Jesus aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
(Johannesevangelium 21,6)
Liebe Schwestern, liebe Brüder, wie Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben, spielen Fische eine wichtige Rolle im Johannesevangelium. Mehrere der ersten Jüngern Jesu waren Fischer: Simon Petrus, Thomas, Natanaël, die Söhne des Zebedäus. Jesus hatte fünftausend Menschen mit Brot und Fisch am See von Tiberias gespeist. Und jetzt „als Simon Petrus das Netz an Land zog, war es mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“
Die Fülle von Brot und Fisch ist ein Symbol der Endzeit, des neuen Zeitalters, das mit der Auferstehung Jesu beginnt. In diesem neuen Zeitalter spielt das Abendmahls-Sakrament eine zentrale Rolle und die eucharistischen Fische sind ein weit verbreitetes Bildmotiv der frühchristlichen Kunst. Man denkt sofort an das Brot-und-Fisch Mosaik vor dem Altar in der Brotvermehrungs-Kirche in Tabgha.
Es ist kaum verwunderlich, dass der Fisch das wichtigste Symbol für Jesus selbst in der frühchristlichen Kunst wurde. Das griechische Wort für Fisch, Ichthys, wurde als Akronym verstanden und als solches enthält es ein kurzgefasstes Glaubensbekenntnis:
Ιησούς Χριστός Θεού Υιός Σωτήρ[ας]:
Jesus Christus, Gottessohn, Erlöser.
Der Kirchenlehrer Tertullian spielt in seiner Lehre von der Taufe („de baptismo“ 1,3) darauf an, dass sich die Christen gerne als „Fischlein“ bezeichnen. Wir schwimmen im Wasser der Taufe mit unserem Fisch, unserem Erlöser Jesus Christus.
Wir wollen uns aber nicht in den Einzelheiten dieses Symbolismus verlieren, sondern an das durch ihn symbolisierten Geheimnis denken. Am Ende der Perikope, die wir gerade gehört haben, schreibt der Evangelist: „Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.“ Besonders bemerkenswert ist der Ausdruck: „Jesus offenbarte sich den Jüngern.“
Die Auferstehung bedeutet nicht, dass Jesus zurück zum normalen alltäglichen Leben gekommen ist, sondern dass er jetzt in einem neuen Zeitalter lebt. Er offenbart sich seinen Jüngern nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Zukunft, eine Zukunft die auch unsere Zukunft ist, die wir auf den Tod und die Auferstehung Jesu Christi getauft sind. Hauptsymbol dieser Zukunft ist das Eucharistische Mahl.
Jesus offenbart sich im Zusammenhang eines Mahles. Im Lukasevangelium erkannten die Jünger Jesus, als er das Brot brach und es ihnen gab. Der auferstandene Jesus ist nicht mehr von Zeit und Raum gehemmt, sondern zeigt sich dort, wo seine Jünger sich versammeln und das Brot brechen.
Das Brot aber ist ein Symbol unserer Kommunion, unserer Gemeinschaft im Geist Jesu Christi, ein Symbol das wirkt, was es bedeutet. Und was bedeutet dieses Symbol? Im Hochgebet beten wir zum Vater:
Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus.
Wenn Menschen normales Brot teilen und miteinander essen, ist es schon ein Symbol einer bestimmten Kommunion, eine Kommunion des Lebens, des Friedens. Aber unser Eucharistische Mahl geht in seiner Bedeutung tiefer, eine Kommunion im Geist Jesu Christi. Wer den Geist Jesu Christi teilt, muss auch wie Jesus denken und nach seinen Maßstäben leben. „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“, ermahnt Paulus die Philipper. Dem Leben in Christus Jesus entsprechen nicht Neid, Habsucht, Rache, Stolz, sondern Demut, Vergebung, Großzügigkeit und Großmut.
Wir feiern das Eucharistisches Mahl, wir brechen das Brot um uns daran zu erinnern wie Jesus gelebt hat, was er unterrichtet hat, wie er gedacht hat, um unsere Kommunion in seinem Geist zu vertiefen.
Jesus hat sich seinen Jüngern in einem Mahl gezeigt und er zeigt sich uns heute immer noch in einem Mahl. Er ruft uns zu einer Kommunion – die Kirche ist eine Kommunion. Je mehr wir den Geist Christi teilen, desto mehr bekommen wir. Allein sind wir arm. Zusammen mit unserem Herrn sind wir reich.
Jesus offenbart sich uns heute immer noch. Er erscheint unter uns. Wenn wir untereinander so gesinnt sind, wie es dem Leben in Christus entspricht, dann werden wir sagen können:
Ich habe den Herrn gesehen.