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Meldung im Detail


Das Mahl

11. März 2012

Das Mahl: „Mein Blut, für viele vergossen“ (vgl. Mt 26,28)

Fastenpredigten 2012: „Was dir Frieden bringt …“
(vgl. Lk 19,42) – Dritter Fastensonntag (11. März 2012)

Der Abendmahlssaal auf dem Zion.

Mit dem Blick des christlichen Glaubens auf Jesus betrachten wir an fünf Fastensonntagen Wege, Orte und Ereignisse der Heilsgeschichte nach und in Jerusalem. Sie sollen uns helfen umzukehren, den Glauben an Christus zu erneuern und unserem persönlichen geistlichen und weltlichen Leben zu einer lebendigen Einheit verhelfen.

Zusammen mit Jesus und seinen Jüngern waren wir am ersten Fastensonntag zu Gast in Bethanien im Haus Simon des Aussätzigen. Dort erlebten wir eine Frau, die Jesus in maßloser Verschwendung mit kostbarem Öl salbte. „Überall auf der Welt, wo dieses Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern und erzählen, was sie getan hat.“, hielt Jesus den kritisierenden Jüngern entgegen. Es war dies der schicksalhafte und dramatische Augenblick, in dem sich die Geister schieden und Judas zum Verrat an Jesus aufbrach.
Dagegen durften wir erkennen, was das Evangelium von der Salbung in Bethanien wirklich bedeutet: „nutzlose Verschwendung des Herzens“ aus Liebe; frohe Botschaft von der verschwenderischen Aussaat des Glaubens an Jesus Christus; überfließendes Zeugnis einer Christusliebe, die ihres Gleichen sucht; unvernünftige Liebe eines Menschen, der alles gibt und sich nicht schämt für seinen Glauben und für seine Hoffnung.
Die Frage an jeden von uns bleibt: liebe ich Christus, und wie sehr liebe ich Christus?

Nach dem Mahl der Entscheidung in Bethanien begleiteten wir Jesus am vergangenen Sonntag in einem geradezu königlichen Festzug nach Jerusalem, der Heiligen Stadt, und ihrem ehrfurchtgebietenden Tempel des Gottes Israels. Jesus ritt auf einem jungen Esel, was uns an das Wort des Propheten Sacharja erinnerte:
„Juble laut, Tochter Zion, jauchze Tochter Jerusalem! Siehe dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich. Demütig ist er und reitet auf einem Esel, auf dem Füllen einer Eselin.“ (Sach, 9,9) Auch der Jubel der Anhänger Jesu war ein überbordendes und begeistertes Bekenntnis. „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien!“, rief Jesus den erzürnten Pharisäern zu.
Das Weinen Jesu über Jerusalem ertönt auch heute noch in unseren Ohren und Herzen, die sich zutiefst nach unverbrüchlichem und lebendigem Frieden sehnen. Das Weinen über Jerusalem meint auch dich und mich: „Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was dir Frieden bringt!“ Die Steine der Kirchen und Kapellen, verstreut über die ganze Erde, „schreien“, wie Jesus sagte, die Wahrheit der Frohen Botschaft seit zwei Jahrtausenden in alle Welt hinaus; sie sind stille und mahnende Zeugen des christlichen Glaubens.
Wieder bleiben Fragen an jeden von uns: habe ich erkannt, was und wer mir Frieden bringt? Verkünde ich in meinem Leben den Glauben an Jesus Christus?

Auch heute und in dieser Stunde wird der Glaube an Jesus auf eine harte Probe gestellt. Jesus befindet sich mit seinen Jüngern in der Heiligen Stadt in einem Haus in der Nähe der südwestlichen Stadtmauer. Der Hügel, auf dem das Haus gebaut ist, wird in späteren Zeiten „Christlicher Zion“ genannt. Es ist die Geburtsstätte der Kirche, denn hier wird die nachösterliche Gemeinde des Herrn die Gaben des Heiligen Geistes empfangen. Von hier aus wird die Frohe Botschaft vom Reich Gottes in alle Welt verkündet werden.

Doch kehren wir zum soeben gehörten Evangelium zurück. Wieder sind wir zusammen mit Jesus und seinen zwölf Jüngern beim Mahl. Es ist Abend. Er selbst hat eingeladen und sitzt mit den Zwölf im Obergemach zu Tisch. Die Atmosphäre und die Nerven in der Gruppe sind zum Zerreißen gespannt. Schon dreimal hatte der Meister geheimnisvoll und dunkel sein schreckliches Leiden, Sterben und seine Auferstehung in Jerusalem angekündigt. Doch was das bedeutet, hat keiner von ihnen wirklich verstanden.
Bohrende Fragen und Zweifel drängen sich in die Gemüter der Jünger. Gewiss ist: Die Mächtigen Jerusalems wollen ihn töten. Überall lauert Gefahr. Auch für seine Jünger, für uns, für mich! Ist Jesus, der Meister, vielleicht doch nicht der erwartete Messias, der das Königtum in Israel wieder aufrichten soll? Ein schwacher, geschweige denn toter Meister kann nicht der Messias sein! Kann man ihm überhaupt trauen? Haben die vielen Zweifler und Mahner nicht Recht? Haben wir uns in der Nachfolge vertan? Hat er uns mit seinen Wundern und wunderbaren Botschaften und Predigten geblendet? Was können wir noch glauben? Was dürfen wir noch hoffen? Werden wir von ihm auf einen falschen Weg geführt? Er, der meinem Leben alle Angst genommen hat – jetzt macht er mir Angst! Ist er ein falscher Prophet? Warum tun wir nichts? Warum fliehen wir nicht aus dieser Falle Jerusalem weit weg? Warum muss ich das alles aushalten? Verrät er uns und stößt uns alle ins Unglück? Was wird geschehen – mit ihm, mit uns, mit mir? Wäre ich nur nicht hier!
Von Harmonie, Vertrauen, Freundschaft und Liebe ist keine Spur mehr bei diesem letzten Mahl mit Jesus; keine verzückten Gesichter, keine frommen Anwandlungen und schon gar kein „Hosianna dem Sohne Davids“ ist mehr zu hören! Statt dessen: Misstrauen, Angst, Zweifel, vielleicht Verzweiflung, Fluchtgedanken. Es riecht nach Verrat. Wer kann hier eigentlich wem noch trauen? Die dunkle Nacht ist angebrochen.
In diesem Augenblick durchbricht Jesu Stimme die erdrückende Ungewissheit: „Amen, ich sage euch: einer von euch wird mich verraten und ausliefern.“ Er sagt es ruhig und gelassen. Doch umso unerwartet greller schlägt sein Wort wie ein die Finsternis zerreißender Blitz in die Herzen und Gewissen der Jünger ein! „Einer von euch wird mich verraten!“ - Jetzt ist es ausgesprochen! Es ist wahr! Verrat! Einer von uns hier Versammelten! Meint Jesus mich? Kann er meine Gedanken lesen? „Da waren sie sehr betroffen, und einer nach dem anderen fragte ihn: Bin ich es etwa, Herr?“ Jetzt ist es raus: „einer“, ja jeder von uns könnte es sein! Jeder von uns könnte der Verräter sein!! Keiner ist ausgenommen. Die Frage, die einer nach dem anderen stellt, verrät jeden möglichen Verräter: „Bin ich es etwa, Herr?“

Das ist das Letzte, das ist moralischer Tiefststand, das ist die abgrundtiefe Schamlosigkeit der Lüge, die in jedem Verrat steckt, die in jedem der Anwesenden steckt und sich nun in ihrer Fratzenhaftigkeit und Hässlichkeit offenbart. Ein Trauma für jeden Nachfolger Jesu. –
Und ein unendlich gähnender Abgrund der Einsamkeit und Verlassenheit, die Jesus in dieser Stunde des Mahles mit seinen Jüngern erleidet. Was für eine Enttäuschung! Die Stunde der Wahrheit schlägt brutal zu in der Versammlung des Letzten Abendmahles!
„Da fragte Judas, der ihn verriet (mit den gleichen Worten, die jeder andere auch sprach): Bin ich es etwa, Rabbi? Jesus sagte zu ihm: Du sagst es.“

Können wir erahnen, mit dem Verstand erfassen, mit dem Herzen gar ergründen, was sich hier abspielt? Müssen wir es nicht „das Mahl des Verrates und der Verräter“ nennen statt harmonisierend „Letztes Abendmahl“? Gemeinschaft, Harmonie, Freundschaft, Gefährtenschaft, Treue, Glaube, Hoffnung, Liebe ……… alles ist dahin, enttarnt als Farce, Lüge, Windhauch. Diese Stunde der Wahrheit ist nackt und hässlich wie die Sünde selbst.

Es ist unglaublich: Jesus setzt das Mahl fort! Im tiefsten inneren Frieden setzt er das Mahl fort! Mit den Verrätern, den Feiglingen, den Treulosen, den Sündern, mit denen, die er nicht mehr Knechte sondern Freunde nannte! Freunde! „Bin ich es etwa, Herr?“ Kann man tiefer fallen? Kann man dem anderen, dem Du des anderen noch ins Angesicht schauen, mit ihm Gemeinschaft haben, gar mit ihm das Brot teilen und den Trank? Gemeinschaft haben? Gemeinschaft sein?

Und Jesus setzt das Mahl fort, spricht den Lobpreis und das Dankgebet zur Ehre Gottes, des Vaters, bricht das Brot, gibt es ihnen, reicht ihnen den Kelch und spricht das Wort:
„Nehmt und esst, das ist mein Leib. Trinkt …, das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“
…zur Vergebung der Sünden, zur Vergebung der Sünden, zur Vergebung der Sünden ……

Ich brauchte Minuten der Stille, um weiterschreiben zu können bei der Betrachtung dieses einzigartigen Augenblicks, diesen Augenblick der absoluten Wende der Geschichte, der alle Zeiten heilt und heiligt, und der der Beginn der Erlösung der so tief in Sünde gefallenen Welt bedeutet. „Nehmt und esst, das ist mein Leib. Trinkt … das ist mein Blut, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“, sagt Jesus, sagt es durch den Priester in jeder Eucharistiefeier – sagt es jeden Tag, gestern, heute, morgen, alle Tage bis ans Ende der Welt – sagt es wieder und wieder, spricht das alles, alles entscheidende Wort, sagt das Wort, das das Schicksal der Welt zum Heil wendet:
„Nehmt und esst, das ist mein Leib. Trinkt … das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Und: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ …. zur Vergebung der Sünden.

Schon im Geschehen dieses letzten Abendmahles ist Jesus alleingelassen und ausgeliefert an die Mächte des Verderbens. Leiden, Verspottung, Misshandlung, Erniedrigung, Kreuzigung, Sterben, Tod und Begräbnis werden in den folgenden Stunden auf bitterste und brutalste Weise einfordern, was er in diesem Augenblick in Worten ausdrückt, ins Wort hebt. Er wird es halten. Er wird Wort halten. „Mein Leib, mein Blut, vergossen für ….“ Er wird Wort halten! Gemeinschaft, Harmonie, Freundschaft, Gefährtenschaft, Treue, Glaube, Hoffnung, Liebe ……… Weg, Wahrheit, Leben, Seligpreisungen …. Er wird Wort halten. Durch sein Blut, …. vergossen für viele …. zur Vergebung der Sünden ….. Jesus hält Wort, hält sein Wort, das alles entscheidende und die Welt erlösende und befreiende Wort ... er, der DAS WORT schlechthin ist … für…..

Ja, für wen? - „Bin ich es etwa, Herr?“ – Für wen? Ist es wahr? Meinst du etwa: Auch für die feigen Jünger? Auch für den Priester Kajaphas? Auch für deine brutalen Schächer? Auch für den „sauberen“ Statthalter Pontius Pilatus? Auch für die geifernde Menge, dem johlenden Mob der Straße? Auch für Judas? …. Auch für mich ….? Für mich? Bin ich es etwa, Herr? Sagst du es auch für mich – jeden Tag neu?

Ja, auch für mich! Ja, auch für dich und auch für mich.
Warum?
Aus Liebe. Aus göttlicher Liebe. Aus unendlich göttlicher Liebe. Aus ewig lebensspendender, unendlich göttlicher Liebe. Aus Heil und Heiligung wirkender, unendlich göttlicher Liebe. Aus allem Leid und Leiden der Welt mittragender, unendlich göttlicher Liebe. Aus unvernünftig sich frei verschwendender, unendlich göttlicher Liebe. Aus Barmherzigkeit versöhnender, unendlich göttlicher Liebe. Aus Sehnsucht und Freude nach Gemeinschaft, aus Barmherzigkeit versöhnender, unvernünftig sich frei verschwendender, allem Leid und Leiden der Welt mittragender, mitleidender, Heil und Heilung wirkender, ewig lebenspendender, unendlich göttlicher Liebe.
Aus Liebe.
Für dich. Für mich.

Wenn doch auch wir in dieser Stunde erkennen würden, was uns Frieden bringt!
Der Herr sei mit euch!
Der Friede Gottes, der alles Denken und alle Vernunft übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus, unserem Herrn!
Das gewähre euch der drei-eine Gott: der Vater und der Sohn und der Heilige Geist!