Feierliche Profess auf dem Zion
21. März 2012
Lieber Daniel, lieber Matthias,
liebe Mitbrüder,
liebe Brüder und Schwestern,
es ist für uns eine große Freude, jedes Jahr dieses Hochfest vom Transitus des heiligen Benedikt zu feiern, seinen Übergang vom Tod zum Ewigen Leben, seinen Heimgang.
Es passt sehr gut, dass wir dieses Fest etwa in der Mitte der Fastenzeit feiern, denn das lateinische Wort transitus ist eines der Wörter, mit denen das griechische Wort pascha übersetzt wird. Da wir unseren Weg auf Ostern zu fortsetzen, wird uns in der Liturgie der heilige Benedikt als ein Vorbild eines christlichen Todes vor Augen gestellt. Der heilige Gregor der Große beschreibt Benedikts Tod: stans in oratorium. Benedikt steht mit seinen Brüdern im Oratorium des Klosters, als er sich Gottes Händen überlässt. – Wenn ein Christ stirbt, dann geht er nicht einfach weg. Da er mit Christus schon in der Taufe gestorben ist, geht er vielmehr hinüber in die Freude des ewigen Glücks, er geht heim.
Aber in diesem Jahr verbinden wir mit diesem Fest noch einen weiteren Grund zur Freude. Denn wir sind hier, um Zeugen der feierlichen monastischen Profess unserer Brüder Daniel und Matthias zu sein. Heute, im Angesicht der Heiligen Dreifaltigkeit, der Gottesmutter, der Engel und Heiligen, ihrer monastischen Brüder und dieser Versammlung, werden die beiden sich selbst für ihr ganzes Leben dem Weg des heiligen Benedikt weihen, hier in der Dormitio Abtei. In dieser feierlichen Liturgie werden sie dreimal das benediktinische Formular der monastischen Liturgie singen:
Suscipe me Domine secundum eloquium tuum et vivam,
et ne confundas me ab exspectatione mea,
Nimm mich auf, o Herr, nach deinem Wort, und ich werde leben,
lass mich nicht zuschanden werden in meiner Hoffnung.
Unterstützt von der Fürbitte der himmlischen Scharen, bitten wir Gott, dass Er ihr Selbstopfer annehme und dass Er sie weihe für ihren Dienst als Mönche des heiligen Benedikt.
Diese Liturgie ist eine gute Gelegenheit, um darüber zu reflektieren, was die beiden heute tun, und um darüber nachzudenken, was es bedeutet, wenn man ein solch öffentliche Verpflichtung zum monastischen Leben eingeht. Ich möchte deshalb den Blick auf die drei Versprechen konzentrieren, die Daniel und Matthias heute ablegen, denn die werden in den kommenden Jahren ihr Leben prägen – und das Leben dieser Gemeinschaft.
1. Stabilitas
Das erste ist das Versprechen der Stabilitas. – Im Kern ist es die Verpflichtung zur Treue und dazu, für das ganze Leben Mönch eines bestimmten Klosters zu bleiben.
Es ist wichtig festzuhalten, dass es keine „freischwebenden” Benediktiner gibt, auch keinen weltweiten „Benediktiner-Orden”, in den man eintreten könnte. Nein, ein Mönch legt das Versprechen seiner Stabilitas auf ein Kloster für sein Leben ab.
Daniel und Matthias werden heute Mönche der Dormitio Abtei und von Tabgha. Sie senken ihre Wurzeln ein, auf Dauer, an einem Ort. Das bedeutet, dass sie diesen Ort so annehmen, wie er wirklich ist, und dass sie nicht aus sind nach einem imaginären spirituellen Paradies, das nicht wirklich existiert. Wir sind hier keine kanonisierten Heiligen, wie Ihr sicher in den vergangenen vier Jahren festgestellt habt! Wir sind einfach gewöhnliche Christen, die versuchen, zusammen ein Leben nach dem Evangelium zu führen.
Aber wir sind die Gemeinschaft, in der Du, Daniel, und Du, Matthias, Gott begegnet. Hier ist es, wo Er Euch aufruft, zu bleiben und Seinen Willen zu tun. Wenn Ihr wirklich Eure Versprechen lebt, dann sollte es vom heutigen Tag an keinen Blick zurück mehr geben, keine endlosen Diskussionen, ob Ihr die richtige Entscheidung getroffen habt oder nicht.
Der selige John Henry Newman hat einmal gesagt, dass er in seinem langen Leben als Katholik Tausend Schwierigkeiten gehabt hat, aber nie auch nur einen einzigen Zweifel über die Richtigkeit seiner Entscheidung, ganz in die Kirche einzutreten. – Das kann genauso wahr sein für die Entscheidung, ein monastisches Leben zu führen.
Wir können Euch kein Leben ohne Schwierigkeiten versprechen, denn es gehört zum Gesetz des Evangeliums, dass es keine Krone ohne das Kreuz gibt. Aber ich rufe Euch heute in der Gegenwart Gottes und Seiner Heiligen auf: Bleibt Euren Versprechen treu und nehmt die Schwierigkeiten an, die kommen werden, im Vertrauen darauf, dass der Herr die, die versuchen, Seinen Willen zu tun, immer unterstützt.
2. Conversatio...
Das zweite Versprechen, die monastische Conversio/Bekehrung in der Gemeinschaft, ist eine Verpflichtung zur Veränderungen. Alle sind aufgerufen zur Conversio, zur Erneuerung ihres Geistes, dazu, dem Egoismus zu sterben, und so zu lieben, wie Christus liebt. Das Kloster ist eine Schule der Conversio, in der wir lernen sollen, was es bedeutet, auf solche Weise zu lieben.
Der heilige Benedikt aber spricht nicht nur von Conversio, sondern von conversatio morum – Worte, die auf das Verhalten und den Alltag abzielen. Wenn wir die benediktinische conversatio morum wirklich zu leben versuchen, dann ist sie nichts Abstraktes oder Körperloses.
Das 72. Kapitel der Benediktsregel sagt uns, welche Folgen sie hat: Wir müssen uns vom schlechten Eifer frei machen, der die Anderen hart beurteilt, und sollen stattdessen danach streben, den guten Eifer der Liebe zu üben. Mit der größten Geduld sollen wir die Schwächen der anderen in ihrem Charakter und an ihrem Leib annehmen; wir sollen uns bemühen, einander mit einer selbstlosen Liebe zu lieben und aufrichtig und demütig unseren Abt zu lieben. Wir sollen nichts der Liebe Christi vorziehen. – Das klingt schön, weil es auch schön ist.
Aber das wirklich auch umzusetzen, Tag für Tag, Stunde für Stunde, immer am selben Ort, mit Menschen, die nicht unsere Familie sind und die wir oft auch nicht als unsere natürlichen Freunde ansehen würden – das ist sehr, sehr herausfordernd! – Es ruft nach ernsthafter Verpflichtung zum Wandel; es ruft nach Selbst-Transzendenz; es ruft danach, die wirklichen Bedürfnisse der Anderen vor meine eigenen eingebildeten zu stellen. Und es bedeutet, Gott, dem Herrn, jede Nacht in der Komplet zu sagen, wie schlecht ich das mal wieder geschafft habe, und dass ich, wie viele Jahre auch immer ich an diesem Ort schon lebe, immer noch Seiner Gnade bedarf, um neu zu beginnen, jeden Tag, ein Mönch zu werden.
3. Gehorsam
Das dritte Versprechen ist der Gehorsam gegenüber der Regel, gegenüber den anderen und gegenüber dem Abt. Das ist nicht einfach, denn wir leben in der Finsternis des Glaubens, ohne absolute Gewissheit. Ein benediktinischer Abt ist nicht irgendein Guru, dessen Entscheidungen durch Unfehlbarkeit geschützt wären. Der Abt ist ein schwacher und sündiger Mann, wie alle anderen auf diesem Planeten, und er ist sehr wohl in der Lage, Fehler zu machen. Für uns Menschen der Postmoderne ist die Idee, dass Gehorsam gut sein könnte, nicht immer so einsichtig wie in der Vergangenheit. – Aber dafür sei Gott Dank!
Für Menschen in Machtpositionen ist es möglich, dass sie den Gehorsam missbrauchen. Nach all den Gräueln, die „im Gehorsam“ im Zweiten Weltkrieg (auf allen Seiten!) begangen wurden, hat Karl Rahner uns davor gewarnt, dass wir sehr vorsichtig sein sollen, wie wir dieses Konzept (des Gehorsams) verwenden. Das alles ist ganz gewiss wahr.
Aber, Daniel und Matthias, Ihr werdet heute versprechen, dem Gehorsam Christi zu folgen. Sein Gehorsam führte Ihn in Liebe von Seinem Thron der Herrlichkeit hinunter; hinunter zum niedrigen Akt, Seinen Brüdern die Füße zu waschen; hinunter zum Kreuz; hinunter in die Unterwelt. Aber er führte Ihn auch wieder hinauf: zur Herrlichkeit der Auferstehung.
In diesem Kloster – wie in allen vernünftigen Klöstern – gehören zum Gehorsam auch Dialog und Diskussion. Aber am Ende muss für uns als Mönche Christus unser Vorbild und Beispiel sein. Der heilige Paulus sagt uns, dass für Christus die Antwort niemals „Ja und Nein“ war, sondern immer „Ja“. – „Ja“ zu Gottes Willen.
Ihr habt Eure Exerzitien vor der Profess in Gethsemane gemacht, also wisst Ihr, dass Jesu „Ja“ kein billiges „Ja“ war. Es wurde aus Ihm herausgerissen, unter Blut, Schweiß und Tränen. Gehorsam ist niemals einfach. Es ist auch nicht verwunderlich, dass die (Benedikts-)Regel ein Kapitel hat, das überschrieben ist mit „Wenn einem Bruder vom Oberen etwas Unmögliches aufgetragen wird“ (Übersetzung nach Holzherr). Der heilige Benedikt aber versichert uns, dass es genau dieser Weg des Gehorsams ist, auf dem wir zu Gott gelangen werden. So war es für unseren Herrn Jesus Christus, das Urbild aller Heiligkeit. So ist es auch für uns, denn Gehorsam kann nur im Geiste Jesu Christi gelebt werden.
Schließlich, Daniel und Matthias, bedenkt an diesem große Fest des Heimgangs des heiligen Benedikt, Folgendes über das monastische Leben: In einer Welt, in der unablässige Verpflichtung und dauerhafte Bindung immer schwieriger werden, sind sie für die, die sie empfangen, ein wunderbares Geschenk von Gott. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die kommen werden, versichert uns der heilige Benedikt, dass wir, wenn wir unseren Versprechen treu bleiben, in unsagbarer Freude, in Liebe und mit geweiteten Herzen, auf dem Weg der Gebote Gottes entlanglaufen.
Ich wünsche Euch, dass Ihr Männer mit geweiteten Herzen seid, Herzen geweitet von der Freude und der Liebe! Wir empfangen Euch heute als ein Geschenk Gottes an diese Gemeinschaft und an die Ortskirche hier im Heiligen Land. Wir geben Euch unser Gemeinschaftsleben, so wie Ihr an diesem Ort Euer Leben Gott hingebt. Zu Ihm singen wir zusammen mit Euch unser Suscipe der Hingabe und der Anbetung. – Auf dass keiner von uns in seiner Hoffnung zuschanden werde!