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Gottes Wort ist wirkmächtig

14. Oktober 2012

Gottes Wort vor Gottes Stadt. Gottes Wort vor Gottes Stadt.

Predigt von Pater Jonas am 28. Sonntag im Jahreskreis (14. Oktober 2012) in der Dormitio

Schrifttexte des Sonntags

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

50 Jahre danach, das ist in diesen Tagen in unserer Kirchen Thema. 50 Jahre nach der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils.
Ich war damals 12 Jahre alt und kann mich noch gut an die Eröffnung erinnern. Es war eine große Aufbruch-Stimmung in Kirche und Gemeinden zu verspüren. Die damals zur Verfügung stehenden Medien war voll davon, meist in schwarz-weiß. Das bringt manche Kontraste mehr hervor.

Gottes Wort auf dem Thron

Für mich hat sich ein Bild, das für die Medien eher eine Randerscheinung war, bleibend eingeprägt: die Inthronisation des Wortes Gottes. Zur Symbolik der Inthronisation des Evangeliums schreibt Cyrill von Alexandrien in einem Brief an Kaiser Theodosius II.: Die heilige Synode macht zu ihrem Mitglied, zu ihrem Haupt, Christus. In der Tat, auf den heiligen Thron wurde das ehrwürdige Evangelium gestellt. Wir können auch sagen, auf den heiligen Thron wurde Gottes Wort gestellt.

Damit wurde zum Ausdruck gebracht: „Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sondern es dient ihm“ (Dei Verbum 10). Jeden Tag, wenn sich die Konzilsväter versammelten, wurde das Wort Gottes feierlich auf einen weit sichtbaren Thron gestellt und mit Kerzen und Weihrauch entsprechend geehrt. – Ich interpretiere: Gottes Wort, Ausgang und Zielpunkt aller Beratungen und allen Betens und Denkens, Basis und Fundament unseres Glaubens, Inspiration für neue Wege in Kirche und in und mit der Welt.

Gottes Wort: wirkkräftig

Ich denke, die Frage ist berechtigt: Haben wir alle 50 Jahre nach dem II. Vatikanum den Umgang mit der heiligen Schrift inzwischen auch wirklich gelernt? Denn kraftvoll ist Gottes Wort, lebendig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, im 4. Kapitel des Hebräer-Briefes haben wir es heute gehört. – Friedolin Stier übersetzt: „Gottes Wort ist kräftig, wirkkräftig“, denn, es bewirkt, was es sagt.
Das war damals bei der Schöpfung so, das ist bis heute so. Gottes Wort trennt, es scheidet, es unterscheidet. Vielleicht würden wir heute sagen: es differenziert. Seine ganze Kraft entfaltet es, wenn man sich mit ihm immer wieder beschäftigt, in allen Entwicklungsstufen des Lebens, in allen Phasen, über Höhen und durch Tiefen. Seine ganze Schärfe zeigt es, wenn man sich den Worten stellt und den Herausforderungen, die Gottes Weisungen an uns persönlich und an unsere Gesellschaft allgemein bedeuten.

Gottes Wort: Der Umgang muss gelernt und geübt werden

Und wenn man den Umgang damit nicht eingeübt hat, dann kann man ganz schnell am Sinn des Gotteswortes vorbei gehen, es nicht verstehen oder erst gar nicht zur Kenntnis nehmen; dann kann man munter drauf los leben, sich toll als Christ fühlen, aber sich dabei am Ende von Christus und seinem Wort immer mehr entfernen.
Wie oft ist das schon passiert! Wie oft schon in der Geschichte unserer Kirche haben die Verantwortlichen selbst die Weichen völlig falsch gestellt, und wie schwierig und wie langwierig war es dann für Papst Johannes XXIII. etwa und die Väter des Zweiten Vatikanum die biblischen Wurzeln unseres Glaubens wieder neu zu heben und freizuschaufeln und ihnen in Liturgie und Leben zur Geltung zu verhelfen. Wie langwierig ist es, dies in den Köpfen der Menschen auch wirklich zu verankern, sich am Gotteswort und nicht am Menschenwillen zu orientieren. Gottes Wort will ernst genommen werden.

Gottes Wort fordert heraus

Es fordert und heraus. Und es stellt all unsere Religiosität, unsere Glaubens- und Lebenspraxis auf den Prüfstand. Nicht alles, was wir für fromm halten, lässt sich von Gott her auch wirklich rechtfertigen. Nicht alles, was wir für richtig halten, ist auch im Sinne dieses wegweisenden Wortes zielführend. Und manches, was bei uns schon lange Gewohnheit ist, steht ihm manchmal sogar diametral entgegen.
„Gottes Wort ist kräftig, wirkkräftig“, ein unglaublich wirkkräftiges Wort. Gottes Wort will Beachtung finden. „ Es ist wie ein Licht in der Nacht, es hat Hoffnung und Zukunft gebracht, es gibt Trost, es gibt Halt in Bedrängnis, Not und Ängsten, ist wie ein Stern in der Dunkelheit“, wie es treffend in einem Lied Vers gesungen wird. Wo man sich ihm entgegenstellt, dort ist es, wie ein zweischneidiges Schwert.
Und es liegt in der Natur der Sache von solch scharfen Gegenständen, dass man sich ganz gewaltig daran verletzen kann, wenn man sie nicht richtig handhabt. Gottes Wort ist aber nicht nur scharf – es ist vor allem lebendig. Der Prophet Jesaja sagt es noch deutlicher: „Es bewirkt, was Gott will und es erreicht alles, wozu er es ausgesandt hat!“

Gottes Wort ist anders

Ja, Gottes Wort ist anders, das bezeugen ein ganzes Heer von Propheten und die in Schriftform niedergeschlagenen Erfahrungen, die Menschen über Tausende von Jahren mit diesem, unserem Gott gemacht haben. Gottes Wort ist verlässlich. Diesen Nachweis will die Bibel führen. Es verstehen zu lernen, den Umgang mit ihm einzuüben, sich um dieses Wort zu mühen, ist aller Mühe wert.
Gott dient uns mit seinem lebendigen und kraftvollen Wort, es bringt durch seine klärende Scharfsicht unsere durcheinander geratenen Orientierungspunkte in die richtige, dem Leben dienenden Ordnung. Wir dürfen dafür sehr dankbar sein.

Amen.