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Meldung im Detail


Christus berühren in der Feier des Pascha-Mysteriums

17. April 2014

Abt Gregory bei der Fußwaschung

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

In einer Predigt an die Neugetauften im Jerusalem des 4. Jahrhunderts hat Bischof Cyrill oder vielleicht auch sein Nachfolger Johannes die folgenden Worte über das Wirken Christi und wie wir ihm begegnen gebraucht:

„O außerordentliches und unvorstellbares Wunder! Wie sterben nicht im wörtlichen Sinne, wir werden nicht im wörtlichen Sinne begraben und wir werden nicht im wörtlichen Sinne gekreuzigt und auferweckt. Aber Christus wurde wirklich gekreuzigt, begraben und auferweckt. All dies ist uns geschenkt, damit wir durch Nachahmung seines Leidens, in Wirklichkeit die Erlösung erlangen. O wunderbare Güte! Christus wurden die Nägel durch seine Hände und Füße geschlagen und er hat die Qual seines Leidens erduldet – aber mir schenkt er, ohne dass ich dafür gearbeitet oder gelitten hätte, durch sein Leiden Erlösung.“

Cyrill sprach zu den Neugetauften, aber seine Worte sind für alle Christen aller Zeiten bedeutsam. Ich zitiere sie heute Abend, weil sie sehr gut beschreiben, was wir hier in dieser Kirche in den kommenden drei Tagen tun werden. Durch unsere liturgischen Feiern werden wir auf symbolische Weise die Taten unseres Herrn Jesus Christus nachahmen, der das Werk vollendet hat, zu dem der Vater ihn gesandt hat: Die Rettung der Welt durch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung.

Wir alle lieben diese prächtigen, altertümlichen Feiern. Ihre reiche Abfolge von Symbolen ist zu lang, um sie aufzuzählen. Aber zu den wichtigsten zählt der tiefbewegende Akt der Fußwaschung als Nachahmung Christi heute Abend, an dem er die Heilige Eucharistie gestiftet und uns das neue Gebot gegeben hat, einander zu lieben, wie er uns geliebt hat; unser Wachen mit ihm im stillen Gebet bis um Mitternacht in Erinnerung seiner schrecklichen Todesangst im Garten Getsemani; die Enthüllung und Verehrung des Kreuzes und seine feierliche Grablegung in unserer Krypta morgen Nachmittag; und schließlich das neue Osterfeuer, die meisterliche Dichtung des Exsultet und die Freude der ersten Hallelujarufe, die in der Kirche widerhallen. Wir Mönche würden dem noch die zurückhaltende Emotionalität der Klagelieder Jeremias hinzufügen, die in unserem Morgengebet gesungen werden und in denen wir die Stimme des leidenden Christus hören, auf die der Prophet hindeutet.

Diese alten Liturgien sind voll von dem, was Tiefenpsychologen „archetypische Symbole“ – universelle Symbole – nennen, die sich in jeder Kultur und jeder Religion finden. Sie reden von Dunkelheit und Licht, von Tod und Leben, von Leiden und Erlösung. Sie dringen in die Tiefen der Seele ein und berühren das Herz weit über alle Logik und Rationalität hinaus und erwecken geistliches Verlangen in uns. Aber dies ist gemäß dem heiligen Cyrill und der Weisheit der kirchlichen Überlieferung nicht alles, was sie tun!

Denn durch diese Feiern bringt uns der auferstandene Herr in Berührung mit seinem rettenden Erlösungswerk. Wie ein Gebet der Liturgie heute Abend betont, wird das Werk unserer Erlösung immer dann vollzogen, wenn diese Geheimnisse gefeiert werden. Deshalb gedenken wir in diesen Tagen nicht einfach vergangener historischer Ereignisse. Wir erinnern uns auch nicht an einen toten Christus oder rufen uns mit Schmerz die entsetzlichen Dinge in Erinnerung, die ihm angetan wurden. Nein! Die Wirklichkeit ist viel wunderbarer. Wie beim Pessachfest unserer jüdischen Brüder und Schwestern – dem Muster, aus dem unsere christliche Liturgie erwachsen ist – glauben wir, dass durch unsere Feiern die Zeit selbst überschritten wird. Wir betrachten nicht einfach die Vergangenheit: Uns ist es vielmehr gegeben, an Gottes rettendem Handeln in der Gegenwart teilzuhaben.

Alle vergangenen Ereignisse sind geschehen und vorbei, aber ihre Auswirkungen können in die Zukunft nachklingen. Aber weil Christus, unser Herr, von den Toten erstanden ist, lebt und handelt er. Er wirkt für uns zur Rechten des Vaters. Er ist unser „Paschaopfer“ geworden. Dies ist kein vergangenes Ereignis, sondern gegenwärtige Wirklichkeit. In der Ostervigil werden wir singen: „Dies ist die Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.“

In der Kraft des Heiligen Geistes, den er an Pfingsten gesandt hat und immer wieder als Antwort auf unser Gebet sendet, teilt Christus, unser Herr, die ursprünglichen Ereignisse mit uns, durch die er uns erlöst hat: sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung. Wir wiederholen sein Erlösungswerk natürlich nicht, da es ein für alle Mal geschehen ist. Wir wiederholen lediglich unsere Feiern. Aber durch diese Feiern nehmen wir hier und jetzt teil am Geheimnis von Christi pascha, an seinem Heilstod und seiner Auferstehung. Wir gehen mit ihm von Dunkelheit und Tod zu Leben und Licht hinüber.
Wie der heilige Cyrill sagt, hat Christus den Todeskampf erlitten, aber wir empfangen unsere Erlösung. Alles, was wir tun müssen, wenn wir feiern, ist, uns im Glauben ihm zuzuwenden. Christus allein hat unser Heil errungen: Es ist unsere Aufgabe, diese Gabe von ihm zu empfangen und sie über uns hinaus weiterzugeben.

Wenn wir uns aber an diesen wunderschönen Liturgien mit all ihrer Musik und ihren Symbolen erfreuen, lasst uns nicht vergessen, was wir im Ersten Petrusbrief lesen: Wir wurden zu einem großen Preis erkauft – um den Preis des Blutes Christi. Wir haben das Privileg, unsere Liturgien mit schönen Gesängen und goldenen Gefäßen eingehüllt in eine Weihrauchwolke zu feiern. Aber für Christus war das nicht so: Er hat seine Liturgie der Erlösung in Schmerz und Leiden, in Verrat und Verlassenheit gefeiert. Es gab in Getsemani weder goldene Gefäße, um den Schweiß, der wie Blut floss, aufzufangen noch einen besonderen Altar für sein Opfer – nur das kalte, harte Holz des Kreuzes, die Grausamkeit der Soldaten und den Spott der Umstehenden.

Lasst uns deshalb wirklich mit tiefster Freude feiern, denn wir verkünden nicht einen toten Jesus, sondern einen auferstandenen Herrn – den österlichen Christus. Aber lasst uns ihn in den nächsten Tagen in unserem stillen Gebet auch durch die dunklen Nächte begleiten, die er für uns erlitten hat – in der Nacht der Verlassenheit von seinen Freunden am Gründonnerstag und der Nacht der Gottverlassenheit in seinem Hinabstieg zur Hölle. Dann lasst uns schließlich in die dunkelste aller Nächte gehen, die zur „Nacht so hold, wie nimmer das Morgenrot erscheinet“ geworden ist, in der er den Tod besiegt hat und glorreich aus der Unterwelt erstanden ist.

Wir laden Sie ein, liebe Brüder und Schwestern, sich uns in den kommenden Tagen anzuschließen, wenn wir die mächtigen Taten feiern, durch die unser Herr Jesus Christus uns befreit hat: Denn er lädt uns alle ein, mit ihm vom Tod zum immerwährenden Leben hinüberzugehen.

Ihm in seinem heilbringenden Tod und seiner Auferstehung sei alle Herrlichkeit und Ehre jetzt und in Ewigkeit.

Amen.