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Ruhe in Frieden, Pater Hieronymus!

16. Juni 2014

Brot und Fische

Liebe Brüder im monastischen Leben,
liebe Freude von Pater Hieronymus und unserer Gemeinschaft,

der Tod eines Mönchs ist immer ein kraftvolles Ereignis in jeder monastischen Gemeinschaft. Aber ich glaube, dass wir uns einig sind, dass der Tod von Pater Hieronymus umso mehr etwas sehr spezielles ist. Sein langes und ereignisreiches Leben umspannt so Vieles in der Geschichte seiner Gemeinschaft, seit Hieronymus 1933 in diesem Land ankam, zuerst als Kandidat bei den Franziskanern und später dann als Novize in unserer Abtei.

Pater Hieronymus war in der Tat ein lebendiges Bindeglied, das uns mit den Ursprüngen unserer Gemeinschaft verbunden hat, mit Abt Maurus Kaufmann zum Beispiel, dem er zeitlebens den größten Respekt und die größte Bewunderung entgegenbrachte, und mit vielen der Gründermönche aus der Beuroner Kongregation, die hierher kamen, um auf dem Zionsberg ein benediktinisches Leben zu führen. Am Abend meines ersten Ostersonntags als Abt wurde ich daran sehr nachdrücklich erinnert. Wir haben den traditionellen Besuch auf dem Friedhof gemacht, um das neue Osterlicht auch zu den Gräbern unserer Brüdern zu bringen. Beim Abendessen begann Pater Hieronymus sanft zu weinen. Als ich dann zu ihm ging, um ihn zu trösten, sagte er zu mir: „Ich habe sie alle persönlich gekannt, jeden auf dem Friedhof.“

Sein Leben war wirklich ein bemerkenswertes monastisches Leben. Nachdem er noch als Kind aus seiner Heimat Kroatien in dieses Land kam, das damals noch Britisches Mandatsgebiet war, ist er 1937 in unsere Abtei eingetreten. Er erlebte den Zweiten Weltkrieg, paradoxerweise sowohl als Mitglied dieser auch damals mehrheitlich deutschen Kommunität als auch als Offizier im Kroatischen Regiment innerhalb der Britischen Armee in Ägypten.

Die Gemeinschaft und der Deutsche Verein vom Heiligen Lande waren Pater Hieronymus stets dankbar für seinen rechtzeitigen Einsatz, durch den Tabgha überhaupt dem DVHL und den Benediktinern erhalten geblieben ist. Als israelischer Staatsbürger hat er Krieg und Frieden hier erlebt: die schrecklichen Kriege, die dieses Land seit seiner Geburt immer wieder heimgesucht haben, aber auch den Frieden des Lebens in Tabgha, wo er und einige Brüder in sehr viel einfacheren Zeiten eine monastische Präsenz aufrecht erhielten, eine, die sehr in der Umgebung verwurzelt war. Es war Pater Hieronymus, der gleich zwei Päpste in Tabgha begrüßen konnte, Paul VI. und Johannes Paul II., und darüber hinaus noch eine ganze Reihe weiterer berühmter Gäste wie Kardinal Höfner und Konrad Adenauer.

Mit dem DVHL zusammen hat er den Wandel dieser heiligen Stätte betreut: von der Notkirche, die den verehrten Felsen und die dazu gehörenden Mosaiken geschützt hat, zu einer der wohl schönsten Pilger-Kirchen im Heiligen Land. Und er war ebenso mit seinen eigenen Mitbrüdern und Freuden in Galiläa und Jerusalem vertraut wie mit all seinen berühmten Besuchern, wie seine vielen langjährigen Freundschaften mit Juden, Christen und Muslimen belegen können.
In seinen späteren Lebensjahren war es wegen seiner Gesundheit erforderlich, dass Pater Hieronymus in die Abtei zurückkehrte. Aber es ist ganz sicher auch eine große Gnade gewesen, dass er dann doch auch wieder im neuen Kloster in Tabgha leben konnte, dem Nachfolger jenes Klostergebäudes, dass er selbst gebaut hatte, und dass er schließlich in Galiläa sterben durfte, in der heiligen Stadt Safed, sein geliebtes Tabgha und die Golanhöhen im Blickfeld.

Es ist mir auch ein Anliegen, die Liebe und Fürsorge anzuerkennen, die Pater Hieronymus zuteil wurde, als er zunehmend gebrechlich wurde, sowohl durch seine Mitbrüder in beiden Teilen unserer Gemeinschaft unter der Leitung meines Vorgängers Abt Benedikt, als auch durch die vielen Menschen, die ihm begegnet sind: Pater Ludger, unsere lieben philippinischen Schwestern, die Mitarbeiter im Kloster Tabgha und im Pilgerhaus, unsere Volontäre (bis hin zur aktuellen Gruppe in Tabgha), unsere Oblaten und viele Besucher. Ich möchte auch Renato erwähnen, der Pater Hieronymus im vergangenen Jahr und vor allem in den letzten Wochen so intensiv begleitet hat. - Aber ich denke, dass wir alle vor allem die behutsame, liebevolle und professionelle Pflege anerkennen, die er von seinem Mitbruder Josef bekommen hat, bis zum Ende. Von Pater Elias weiß ich, dass Hieronymus gewartet hat, bis Josef zurück kam, bevor er zu Gott heimgekehrt ist.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir begraben heute einen bemerkenswerten Mönch der Abtei Dormitio, der eine unauslöschbare Prägung in beiden Teilen dieser Gemeinschaft hinterlässt, der aber auf immer besonders mit Tabgha in Verbindung gebracht werden wird. – Wir feiern das heilige Messopfer für ihn, wir rufen Gott an, dass ER ihn ins Ewige Leben aufnehmen möge, und dass ER ihm den Lohn für seinen Dienst als Mönch hier in diesem Heiligen Land zukommen lassen möge. Welche seiner Qualitäten sollten wir heute besonders feiern, wenn wir ihn hier auf dem Zionsberg zur letzten Ruhe legen und seine Seele der Barmherzigkeit Gottes anempfehlen?

Aus den vielen Qualitäten, die man nennen könnte, möchte besonders zwei herausgreifen. Die erste ist seine Freigebigkeit. Sowohl in die Geschichte als auch in die Mythologie unserer Gemeinschaft wie auch vieler anderer christlicher Kommunitäten hat sich eingegraben, dass Pater Hieronymus für viele Jahre die Leute mit Früchten aus Tabgha versorgt hat, Früchte von Bäumen, die er selbst gepflanzt und gepflegt hat. Man kann das immer und immer wieder hören, wann immer sein Name bei christlichen Gemeinschaften genannt wird.

Ich werde manchmal gefragt, ob das Leben als Mönch an den heiligen Stätten, die uns anvertraut sind, einen besonderen Einfluss auf unsere Spiritualität hat. Für Pater Hieronymus kann ich das heute ganz sicher mit einem lauten „Ja!“ beantworten. Er hat den Geist von Tabgha absorbiert, den Geist jenes Ortes, an dem durch das Wirken unseres Herr Jesus Christus ein kleines Brot und ein wenig Fisch für so viele Menschen reichten, den Geist jenes Ortes, an dem Gottes überfließende Freigebigkeit in Seiner wunderbaren Speisenvermehrung offenbar wurde. Hieronymus, der die meiste Zeit seines Lebens dort verbracht hat, hat diese Lektion sehr wohl verstanden! Möge die Freigebigkeit, die er selbst sein ganzes Leben lang geübt hat, die Freigebigkeit von Tabgha ihm selbst heute zuteil werden, da die Erde des Heiligen Landes seine sterblichen Überreste empfängt und der Herr selbst seine Seele.

Die zweite Qualität ist eine wesentlich benediktinische, die wir heute in besonderer Weise feiern, wenn wir Pater Hieronymus begraben. Es geht um seine Stabilitas in der Gemeinschaft. Durch Dick und Dünn, durch schlechte Zeiten und gute, durch den Kampf mit den eigenen Dämonen und Engeln, durch Alter und Leid, durch Krankheit und Tod – Hieronymus hat bis zum Ende durchgehalten. Und wir begraben ihn heute in seinem Profess-Kloster!

Und zusammen mit diesem kraftvollen Zeichen der Stabilitas erinnern wir uns daran, dass er für so lange Jahr über Tabgha gewacht hat und es mit liebender Sorge beschützt hat. Liebe Brüder im monastischen Leben, liebe Novizen, die ihr unser Leben teilen wollt, könnten wir eine stärkere Erinnerung für die Essenz unserer benediktinischen Berufung haben als diesen Mann, den wir heute Gott zurückgeben? Freigebigkeit und Treue, das sind die Lektionen, die er uns gelehrt hat: Lasst sie uns gut lernen, lasst sie uns in unserem eigenen monastischen Leben anwenden, wie er es in seinem getan hat.

Heute, da wir ihn zur Ruhe legen und diese feierliche Messe an seinen sterblichen Überresten feiern, werden wir auch das „Suscipe me Domine!“ singen, Worte aus Psalm 119: „Nimm mich auf, o Herr, nach deinem Wort, und ich werde leben; lass mich in meiner Hoffnung niemals scheitern!“ – Worte, die alle Mönche singen, wenn wir unsere monastische Profess ablegen. Wir werden sie mit und für Pater Hieronymus singen, im festen Glauben, dass unser Herr Jesus Christus und seine heilige Mutter hier am Ort ihres Sterbens, mit dem heiligen Hieronymus und dem heiligen Benedikt ihn im himmlischen Jerusalem empfangen werden, gerade so, wie sie ihn auch in dieser Kirche vor so vielen Jahren in das monastische Leben aufgenommen haben.

Ruhe in Frieden, Pater Hieronymus! Bete für deine Mitbrüder in der Abtei Dormitio und in Tabgha und für alle in diesem Heiligen Land, in dem Du so lange gelebt und gedient hast – und das du so geliebt hast!

Amen.