Christus Herr und Knecht
24. August 2014
Predigt von Abt Gregory in Tabgha zum 21. Sonntag im Jahreskreis am 24. August 2014
In der heutigen ersten Lesung verspricht Gott, seinen Knecht Eljakim zum Vater und Führer des Volkes von Jerusalem und des Hauses Juda einzusetzen. Er will auf Eljakims Schultern die Schlüssel des Hauses Israel legen: Was er öffnet, das kann niemand schließen, und was er schließt, das kann niemand mehr öffnen.
Aber das Evangelium zeigt einen anderen Knecht Gottes, dem ähnliche Schlüssel versprochen wurden: Simon Petrus, den Felsen, auf dem Christus seine Kirche bauen wollte. Die Vollmacht, die Petrus zugesagt wurde, war noch wunderbarer. Was er auf Erden binden und lösen würde, das sei auch im Himmel gebunden und gelöst! Dies ist in der römisch-katholischen Kirche zum Begründungstext für den Primat und die (gelegentliche) Unfehlbarkeit des Papstes als Nachfolger Petri geworden. Petrus hat diese Vollmacht deshalb empfangen, weil er die wirkliche Identität Christi bekannt hat. Der Vater hat ihn durch Offenbarung für seinen Dienst vorbereitet, indem er ihm ermöglicht hat, Jesus als den Messias und Sohn Gottes zu erkennen.
Aber Jesus hat seinen Jüngern geboten, niemandem zu erzählen, dass er der Messias sei. Eine öffentliche Verkündigung hätte falsche Hoffnungen geweckt, dass er das Reich Gottes durch gewalttätige Auseinandersetzungen bringen würde. Aber das war nicht sein Weg: Das Reich Gottes sollte nicht durch menschliche Macht, sondern durch die mächtige Tat Gottes kommen. Durch die Auferweckung seines gekreuzigten Sohnes vom Tod hat er ihn über ein Reich der Barmherzigkeit, Liebe und Vergebung eingesetzt. Deshalb ist die Kirche trotz der dramatischen Verheißungen an Petrus und später die anderen Apostel nicht gesandt, um ihre eigene Wichtigkeit zu verkünden. Aufgabe der Kirche ist es vielmehr, auf Christus den Knecht und Herrn zu zeigen, der einzigen legitimen Quelle geistlicher Autorität, der durch die Kraft der Liebe herrscht.
Christliche Führer in der Nachfolge der Apostel halten die Schlüssel des Reiches in Wahrheit nicht fest: Sie tragen sie, aber sie besitzen sie nicht! Für alle, die in der Kirche Macht ausüben, Priester und Bischöfe, Prioren, Priorinnen und Äbte, Patriarchen und Päpste gibt es keine fruchtbarere Übung, als jeden Tag für fünf Minuten das Kreuz zu betrachten und vielleicht noch ein anderes Bild zu erwägen: das von Petrus, dem „Apostelfürsten“, dem so wunderbare Vollmacht gegeben ist, der nackt und kopfüber ans Kreuz genagelt ist. Das ist der beste „Realitätscheck“, den wir uns je gegen kirchlichen Triumphalismus und geistliche Aufgeblasenheit vorstellen können.