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Heute!

„Die Leute sind entsetzt und schimpfen darüber, dass Jesus ausgerechnet bei 'diesem da' einkehrt. Zachäus nimmt einen bei sich auf, der zu ihm, zu seiner Vergangenheit und zu seinem Jetzt steht. Und irgendwann in dieser Begegnung muss Zachäus gespürt haben, dass hier mehr stattfindet als nur ein Gastbesuch, dass das Jetzt entscheidend ist: ‚Heute muss ich in deinem Haus bleiben. … Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden‘, sagt Jesus zu ihm.

Wir kennen aus verschiedenen biblischen Kontexten dieses Heute. Der vielleicht bedeutendste Text ist der Bericht von der Geburt Jesu in Betlehem: ‚Heute ist euch der Retter geboren, Christus, der Herr.‘ Und später erklärt Jesus in Kafarnaum: ‚Heute ist dieses Schriftwort in euren Ohren erfüllt.‘ Am Kreuz spricht Jesus dem reumütigen Verbrecher am Kreuz zu: ‚Heute wirst du mit mir im Paradies sein.‘ Dieses kleine Wort ‚heute‘ hat für uns Christen eine grundlegende Heilsbedeutung. Die frohe Botschaft gilt jetzt, hier und heute.

Schauen wir auf Zachäus. Nicht aus Zufall erinnert sich die Tradition daran, dass Zachäus kleinwüchsig war. Denn die Körpergröße stand in auffälligem Kontrast zu seinem Gehabe und Lebensstil als oberster Zöllner. Lange Zeit zumindest war Zachäus der korrupte, karriereversessene Zollpächter und Steuereintreiber gewesen. Aber tief in ihm drin muss damals schon etwas Größeres gewesen sein, sonst wäre er zuhause geblieben. Es war sicher nicht nur reine Neugierde, die ihn trieb. Die innere Sehnsucht nach Verwandlung hat ihn auf die Straße und schließlich in den Maulbeerfeigenbaum getrieben.

Der gute Mensch im Zollpächter Zachäus war nicht ganz verschüttet. Die Erinnerung daran, dass er als Kind des Volkes Gottes zu mehr berufen ist, als Reichtum und Einfluss zu scheffeln und sich ein Leben in Luxus zu organisieren - diese Erinnerung muss noch da gewesen sein. Und so war es der entscheidende Schritt seines Lebens, auf einen Baum zu klettern und Ausschau zu halten nach diesem Jesus, von dem alle Leute sprachen und den viele sehen wollten.

Der Glaube beginnt nicht damit, dass der Gläubige ein besserer Mensch wäre als andere. Er beginnt damit, dass ein Mensch aus der Enge eines oberflächlichen Lebenskonzeptes aufsteigt, hinaufklettert, um Ausschau zu halten. Dann aber kann es ganz schnell gehen, wie bei Zachäus. Dort, auf dem Baum erreicht ihn der drängende Wunsch Jesu, bei ihm Gast zu sein. ‚Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.‘ Komm schnell, denn nicht morgen oder übermorgen, sondern heute muss ich bei Dir zu Gast sein. Komm herunter und bleib nicht auf deinem Aussichtspunkt sitzen. Dass einer bei ihm zu Gast sein will, ja ‚muss‘, berührt ihn unmittelbar. Und Zachäus spürt den Klang des Wortes ‚heute‘. Da ist eine unaufschiebbare Chance.

Heute baut Jesus für Zachäus eine Brücke. Ihm erscheint Jesus als ‚der Herr‘. Die Unaussprechlichkeit des Gottesnamens wird zur Anrede Jesu: ‚Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück‘ – ein großes Versprechen gegenüber unserem Herrn.

Das Ereignis ist eine zufällige Begegnung in Jericho. Jesus selbst aber macht deutlich, dass es um mehr geht, ‚denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist‘. In der Gestalt eines Menschen ist Gott selbst bei Zachäus zu Gast. Die Begebenheit wird damit zum Urbild des Glaubens: dass Gott bei uns zu Gast sein will. Der ‚Freund des Lebens‘ ist Gott selbst. Dadurch, dass er bei uns zu Gast ist, wird aus dem Mitmenschen die Schwester und der Bruder. Dadurch, dass er unter uns ist, sind wir in aller Verschiedenheit doch eins. Dadurch, dass er an diesem Sonntag bei uns zu Gast ist mit seinem Leib und Blut, will er uns auf den Weg des Zachäus bringen: dass aus der Suche und Frage ein Weg wird, der uns befähigt, einander Mitmenschen zu sein. ‚Heute‘, sagt Jesus, ‚ist diesem Haus das Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist‘. Dieses Heute kann auch für uns hier und jetzt sein. Amen.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Beten lernen: "Jesus, erbarme Dich meiner."

„Pharisäer und Zöllner - weder mit dem einen noch mit dem anderen will ich mich identifizieren. Zur Zeit Jesu stehen die Pharisäer in keinem guten Ruf und um die Zöllner ist es nicht besser bestellt. Auf je ihre Weise haben sie ihre Macht missbraucht und den Mitmenschen geistlich oder finanziell geschadet. Kurzum: Beide Gruppen gehören zu den sehr unangenehmen Zeitgenossen! Daher ist es interessant und auch provokativ, dass Jesus im Schauen auf beide den Zöllner als Vorbild herausstellt. Das Gleichnis, das Jesus erzählt, sieht nicht in erster Linie auf das alltägliche Tun und Lassen, sondern hat eine ganz besondere Situation im Blick: das Gebet! Das Gebet ist ein ganz entscheidender, ja wesentlicher Akt jedes Gläubigen Menschen. Ohne das Gebet geht Glaube nicht!

Immer wieder begegnen wir im Lukasevangelium Jesus als Beter. Wenn er Wunder wirkt oder das Volk lehrt, betet er zuvor. Das Gebet gibt ihm offensichtlich die Kraft für sein Wirken. Jesus verbringt ganze Nächte im Gebet, auch vor seinem Leiden und schließlich betet er im Todeskampf am Kreuz. Jesus ist ein Beter!

Daher verwundert es nicht, dass seine Jünger ihn bitten: ‘Herr, lehre uns beten!‘. Ja, Beten will gelernt sein. Jesus lehrt Beten in ganz unterschiedlichen Formen und Weisen. Er nimmt seine Freunde - und durch die Evangelien auch uns - mit in die doppelte Schule des Gebets. Er lehrt was und wie wir beten sollen. Von ihm haben wir das Vater Unser; er hat es uns vorgebetet! Ich lese auch das heutige Evangelium als Lehrstunde in der Gebetsschule Jesu. Der Pharisäer und der Zöllner gingen zum Tempel hinauf, um zu beten. Beide beten. Doch nur einer macht es ‚richtig‘: der Zöllner! Er ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht.

Der Pharisäer spricht ein sehr ausführliches ‚Gebet‘, viele seiner Verdienste zählt er auf, vieles, worauf er sehr stolz ist. Er lobt sich selbst und schaut verächtlich auf die Sünder herab, auch auf den Zöllner. Doch diese lange Rede des Eigenlobs und der Überheblichkeit kommt offensichtlich bei Gott nicht gut an. Der Zöllner hingegen spricht nur ganz wenige Worte. Er erniedrigt sich vor Gott in ehrlicher Weise und bittet ganz schlicht und kurz um Erbarmen: ‚Gott, sei mir Sünder gnädig!‘ Das ist Gebet. Das ist Menschenwort, das aus dem zerknirschten Herzen kommt und direkt in Gottes Ohr dringt, Gottes gnädiges Herz anrührt und Erhörung findet.

Es gibt natürlich ganz viele andere Formen: Bittgebete, Dankgebete, Stoßgebete, Lobgebete; in Gemeinschaft oder alleine; große Liturgien, ganz festlich gestaltet und die schlichte Andacht, natürlich auch die Tagzeitenliturgie und vieles mehr. Im Angesicht des heutigen Evangeliums muss ich jedoch vor allem an das Ruhegebet (Hesychasmus) denken. Nicht nur uns Mönche fasziniert die Schlichtheit und Tiefe des Ruhegebetes. Viele Beterinnen und Beter auch außerhalb der Klöster praktizieren das Herzensgebet, das nur den Namen Jesu kennt und die Bitte um Gottes Gnade: ‚Jesus - erbarme Dich meiner.‘

In äußerer Stille innere Ruhe in Gott zu finden, das ist ein Geschenk, eine Erfahrung der Liebe und Barmherzigkeit Gottes mitten im Alltag hier auf Erden. Mir scheint der Zöllner hat genau das erfahren. Er ging gerechtfertigt nach Hause zurück. Das Evangelium lädt uns dazu ein, diese Erfahrung auch zu machen, indem wir es dem Zöllner gleichtun, vor Gott hintreten und ganz still mit nur wenigen Worten um Erbarmen bitten: ‚Jesus - erbarme Dich meiner.‘“

Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Gegen Müdigkeit

„Viel ist in diesen Tagen von ‚Kriegsmüdigkeit‘ die Rede. Aber sollten wir nicht allzeit müde des Krieges, des Mordens, des Raubens, des Hungers, des Chaos? ‚Kriegsmüde hat man immer zu sein, das heißt, nicht nachdem, sondern ehe man den Krieg begonnen hat‘, schrieb schon der österreichische Schriftsteller Karl Kraus zurückblickend auf den Ersten Weltkrieg. Doch wenn heute im Angesicht des Krieges in der Ukraine von der ‚Kriegsmüdigkeit“ gesprochen wird, geht es nicht darum, dass die kriegsführenden Parteien des Kriegs überdrüssig sind, je länger er dauert. Es geht um das zunehmende Desinteresse an diesem Krieg außerhalb der Ukraine und Russland. Es besteht die Gefahr, dass wir, die wir nicht auf dem Schlachtfeld stehen und nicht im Kriegsgebiet leben, ermüden, uns nicht weiter mit dem Krieg beschäftigen und uns nicht mit allen Mitteln gegen das Unrecht einsetzen…

Auch in der heutigen ersten Lesung werden wir mit einem Krieg konfrontiert. Den Männern des Josua, dem Volk Israel, steht das Volk der Amalekiter gegenüber. Und auch hier, auf diesem Schlachtfeld, ist nirgends von Kriegsmüdigkeit die Rede. Im Gegenteil. Der Krieg geht scheinbar endlos seinen Gang: ‚Josua tat, was ihm Mose aufgetragen hatte, und kämpfte gegen Amalek‘. Doch Mose wird müde. Er steht mit erhobenen Armen, den Gottesstab in der Hand, auf dem Gipfel eines Hügels und unterstützt so die Israeliten im Kampf gegen den Feind; denn solange er ‚seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Amalek stärker‘. Es ist doch nur zu verständlich, wenn er während des lang andauernden Kampfes die Hände sinken lässt, weil sie ihm schwer werden. Aber es wird Abhilfe geschaffen: Aaron und Hur ‚stützen seine Arme, der eine rechts, der andere links, sodass seine Hände erhoben blieben, bis das die Sonne unterging‘. Hätte Mose seine Hände nicht den ganzen Tag lang hochgehalten, hätten Josua und das Volk Israel nicht siegen können.

Im Zentrum dieser Erzählung steht nicht das Vertrauen auf die Stärke der eigenen Kämpfer, es zählt nicht die Hand am Schwert, sondern entscheidend ist Moses erhobene Hand, die Gottesstab in die Höhe hält. Entscheidend ist das Vertrauen des Moses auf die Zusage Gottes, dass Gott auf der Seite Israels steht. In dieser Hinsicht wird dieser Krieg zu einer Glaubensgeschichte: Mose und seine Begleiter werden nicht müde an die rettende Hilfe Gottes zu glauben. Dieser wache Glaube steht konträr zur körperlichen Müdigkeit. Es gilt sich unermüdlich auf Gott zu berufen, mit Ausdauer und Beständigkeit.

Und ganz und gar nicht müde im Bitten und Nachfragen, ja an Aufdringlichkeit nicht zu überbieten ist auch die Witwe im heutigen Evangelium. Nicht in geringster Weise lässt sie sich abbringen von der unverschämten Ignoranz des ungerechten Richters. Sie fordert ohne Unterlaß: ‚Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher!‘ Es wird nicht gesagt, um was genau die Witwe bittet oder auf welche Weise der Richter ihr dann doch letzten Endes Recht verschafft. Das tut hier auch nichts zur Sache. Nein, das Wesentliche dieser Gleichniserzählung ist die Art und Weise, wie die Frau mit der Situation umgeht: Obgleich sie sich schon lange Zeit mit der Ungerechtigkeit des Richters konfrontiert sieht, hält sie am Einfordern des Rechtes fest. Für sie ist klar, dass es Aufgabe des Richters ist, ihr zum Recht zu verhelfen. Der Ungerechtigkeit muss Einhalt geboten werden. Und der Richter mit seinem mangelnden Respekt gegenüber Gott und den Menschen setzt am Ende die Witwe tatsächlich ins Recht – und das allein aufgrund ihrer Unermüdlichkeit! Wenn schon ein ungerechter Richter so reagiert und sich – im Letzen – nicht abbringen lässt von der Beharrlichkeit einer Bitte, um wie viel mehr dann Gott: Er, der ja gerecht ist! Er will sich vom Menschen bitten, ja bedrängen lassen! Diese Hoffnung lehrt uns Jesus mit diesem Gleichnis.

Es geht also um das Festhalten am Gebet; es geht um Ausdauer. Wer immer wieder und mit großer Beharrlichkeit seine Bitten vor Gott trägt, wer sich an ihn wendet, auch wenn sich zunächst kein ‚Erfolg‘ einstellt, der gibt damit Zeugnis von der Kraft seines Glaubens. Doch ist das nicht ist zu schön gesagt, um wahr zu sein? Kann ich diesen Glauben überhaupt leben? Zurecht fragt Jesus: ‚Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?‘ Wir, die Gläubigen, sind gefragt.
Ich bin oft müde des Glaubens, müde im Bitten um Frieden, müde des Betens. Aber ich kann beten, weil Gott in Jesus Christus einer von uns geworden ist und selbst gebetet hat: ‚Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht‘ – so steht es im Hebräerbrief. Und ich bin mir gewiss, dass Jesus auch mit uns in unserem Leben betet, wenn wir es nur zulassen.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und in Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Gott ist treu

„Ich mag sehr die kleinen Schriften der Bibel. Sie servieren das Wort Gottes in Espresso-Form: Kurz, kräftig und belebend! Heute serviert uns die Liturgie einen Ausschnitt aus dem Zweiten Timotheusbrief, der mit seinen vier Kapiteln zugegebenermaßen schon die Länge eines Doppio hat. Der heutige Abschnitt wirkt für mich wie ein Prisma, welches die vielfältigen Botschaften des ersten Teils der Bibel, des Alten Testaments, zu einem Lichtstrahl bündelt.

Da ist zum einen die wunderbare Botschaft, dass das Wort Gottes nicht in Fesseln liegt. Auch wenn die Gläubigen aller Zeiten immer wieder in Bedrängnis und Unfreiheit und in Fesseln liegen, so schafft das lebendige Wort Gottes doch immer wieder neu Freiheit und reißt alle menschlichen Kerker nieder. Schöner kann man meines Erachtens die Exodus-Erfahrung und die Liebe des Volkes Israels zu den Geboten Gottes nicht zusammenfassen!

Dann ist da die tiefe Einsicht, dass unser Handeln Konsequenzen hat, und zwar auch auf unsere Gottesbeziehung. Gott nimmt unsere Freiheit ernst - der Konsequenzen sollten wir uns aber gewahr sein. Der berühmte Tun-Ergehen-Zusammenhang des Alten Testaments wird hier fast hymnisch zum Ende des heutigen Lesungsabschnitts auf die Christusbeziehung der Getauften bezogen!

Schon früh gibt es im Alten Testament die kritische Anfrage, ob der Tun-Ergehen-Zusammenhang denn wirklich unwidersprochen gilt, da es einigen Übeltätern offensichtlich nicht schlecht zu ergehen scheint. Auf diesen berechtigten Einwand gibt der letzte Satz der Lesung eine unsere Augen öffnende Antwort: Gott ist treu! Das ist wohl die wichtigstes Hauptbotschaft des gesamten Alten Testaments und zugleich die Antwort schlechthin auf viele unserer menschlichen Fragen. Ja, Gott ist treu! Er kann sich selbst nicht verleugnen! Er ist der treue Gott, auch wenn wir uns in die schlimmsten Fesseln der Sünde verstrickt haben. Das ist schwer zu fassen und entspricht nicht unserer innerweltlichen, menschlichen Logik. Eines ist aber klar: Das ist unser Gott! Er ist treu! – ein guter Grund zur Dankbarkeit.“

Pater Nikodemus und alle Brüder in Jerusalem und in Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Ein Mehr an Glauben?

„‘Stärke unseren Glauben‘ – diese Bitte im Munde der Apostel klingt auch heute noch nach im Gebet vieler Christen. Und das verwundert auf den ersten Blick auch nicht. Es ist doch eine fromme Bitte. Wer so betet, gesteht ein, dass sein oder ihr Glaube schwach ist. Die Apostel bitten nicht um etwas Nebensächliches, sondern um das Wichtigste: einen starken Glauben. Die Antwort Jesu überrascht uns: ‚Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.‘

Wie so oft reicht auch für das Verstehen des Evangeliums am heutigen Sonntag nicht nur ein erster Blick, sondern wir müssen tiefer in den Text hineinschauen. Wenn man den griechischen Text, der der Übersetzung ins Deutsche zugrundliegt, liest, dann fällt einem direkt auf: Da steht in der Bitte der Apostel nicht ‚Stärke unseren Glauben‘, sondern „Füge hinzu zu unserem Glauben“ – die Apostel bitten also um eine Mehr an Glauben. Das liest sich ganz anders und wirkt direkt ungewöhnlich: Gibt es ein Mehr an Glauben? Warum begehren sie mehr Glauben?

Im Theologie-Studium habe ich gelernt, zwischen dem Glaubensakt, dem Vertrauen (fides qua), und dem Glaubensinhalt (fides quae), also dem was man glaubt, zu unterscheiden. Welchen Glauben begehren die Jünger vermehrt zu bekommen? - das Vertrauen oder den Glaubensinhalt?

Am Anfang des Kapitels, aus dem das heutige Sonntagsevangelium stammt, - in den Versen, die direkt vor der Bitte der Apostel stehen-, geht es um Vergebung und Verzeihung! Wenn sich dein Nächster gegen dich versündigt und um Verzeihung bittet, sollst du sie ihm gewähren: nicht nur einmal, sondern siebenmal. Es geht also um Verzeihen, es geht um Vergeben aus der Kraft des Glaubens heraus. Es geht um das Tun des Glaubens, um die Glaubenspraxis. Also: Wie lebst du deinen Glauben? Oft erkennt man anhand der Lebenspraxis eines Menschen, woran dieser oder diese tatsächlich glaubt, worauf er oder sie sein Leben baut.

Man benötigt viel innere Kraft, Geduld und Ausdauer, um vergeben zu können. Es ist besonders schwierig einer Person immer wieder zu verzeihen. Im Endeffekt bitten die Apostel also nicht abstrakt um mehr Glauben, sondern um Kraft zur Erfüllung der Gebote der Gottes- und Nächstenliebe im Alltag. Sie bitten um Kraft, um immer wieder neu, jeden Tag ihren Mitmenschen verzeihen zu können. Es geht in ihrer Bitte also nicht um mehr Vertrauen oder mehr katechetisches Wissen, sondern um Stärkung der Glaubenspraxis durch die sich der Inhalt ihres Glaubens, ihr Vertrauen auf Gott, zu erkennen gibt.

Diese Bitte wird nun von Jesus mit scharfen Worten beantwortet. Umso mehr ich über diese Worte Jesu nachdenke, umso mehr Zweifel habe ich, ob Jesus das ernst gemeint hat. Er hat zwar viele Wunder und Heilungen vollbracht, er hat den Sturm gestillt und das Brot vermehrt, aber niemals hat er eine Teleportation bewirkt. Bäume, die durch die Luft fliegen, kenne ich aber aus anderen Kontexten: aus den Harry-Potter-Büchern, oder auch aus Superheldengeschichte, also aus dem Bereich der Fantasieliteratur. Und da gehören die durch die Luft wirbelnden Bäume auch hin. Jesus kritisiert seine Apostel. Er weist sie zurecht. Weder geht es um fliegende Bäume in seiner ironischen Antwort, noch um das Groß- oder Kleinsein des Glaubens.

Entscheidend ist für Jesus, dass der Glaube wirklich Glaube ist. Nicht mehr oder stärkerer Glauben ist vonnöten – der Glaube allein genügt. Die Jünger müssen nicht nach mehr oder besserem Glauben streben. Ihnen ist schon alles gegeben, was sie brauchen. Glaube ist kein Schatz, den man anhäufen kann. Glaube ist die Suche nach Gott in einer sich wandelnden Welt. Glaube ist eine bestimmte Lebenshaltung und eine Orientierung, ja er ist eine Pilgerschaft und braucht zugleich die Fleischwerdung, die Glaubenspraxis. Glaube ist ein Weg des Vertrauens und des Mutes, der Liebe und der Treue; er ist eine Bewegung in die Richtung jener Zukunft, die Christus uns eröffnet hat und in die er uns einlädt, ihm zu folgen.“

Pater Elias und wir alle in Tabgha und auf dem Zion wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Es ist ja heute noch so...

„Es ist ja heute noch so: Es leben so viele begüterte Menschen in unseren Landen, die Tag für Tag gut leben können, und vor ihren Türen leben viele Menschen, denen das Nötigste zum Leben fehlt. Die Geschichte, die Jesus erzählt und die wir am heutigen Sonntag hören, ist noch immer Gegenwart.

Und doch brauchen wir nicht so schwarz-weiß zu malen, wie Jesus es in dem Gleichnis des reichen Mannes und dem armen Lazarus tut. Unser Krankenhauswesen, unsere sozialen Einrichtungen, Kindergärten, Unterkünfte für Asylsuchende, Ausgabestätte für Essen und Kleidung, Palliativstationen und vieles mehr, lindern Nöte - aber schieben wir nicht gerade dadurch viele Bedürftige von uns weg und verweisen auf diese sozialen Einrichtungen. Unser Leben zu verändern, selbst bescheidener zu leben, unser eigenes Hab und Gut zu teilen, das vermeiden wir.

Der reiche Mann im Gleichnis kommt nicht auf den Gedanken, sein falsches Leben nach dem Tod einzusehen und zu bereuen, sondern er versucht den armen Lazarus zu instrumentalisieren, um sich selbst und seiner Familie zu helfen. Seine abschließende Bitte, Lazarus möge zu seinen Brüdern geschickt werden, um sie zur Umkehr zu bewegen, wird mit der Antwort beschieden: ‚Sie haben Mose und die Propheten, auf diese sollen sie hören.“ Ja, selbst wenn einer von den Toten auferstehen würde, könnte sie das nicht von ihrem Weg abbringen, wird dem Reichen und uns erklärt. Gegenüber einem Herzen, das nicht hörbereit ist, werden auch Erscheinungen und Wunder nichts bewirken.

Die Frohe Botschaft Jesu, damals und heute, lautet: ‚Kehrt um, das Himmelreich ist nahe!‘ Auf seine Stimme sollen wir hören- Das Außergewöhnliche ist schon geschehen, Gott hat in Jesus Christus endgültig in die Geschichte der Menschheit eingegriffen. Und kein anderes Ereignis hat unseren Planeten mehr verändert als das Kommen Jesu. Wie er sich den Armen seiner Zeit zugewandt hat, den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen angenommen hat, allen an den Rand Gedrängten seine Liebe geschenkt hat, das hat Schule gemacht. Nach Jesu Auferstehung, nach Ostern, sind unzählige Menschen seinem Beispiel gefolgt, haben sich in Gemeinden zusammengeschlossen, wo der Ausgleich zwischen Arm und Reich stattgefunden hat, wo alle sich als Bedürftige und gleichzeitig als reich Beschenkte erfahren haben. Und diese Geschichte Gottes mit uns Menschen geht weiter. Das Wunder, dass Gott in jeder Generation Menschen findet, die sich, vom Evangelium Jesu Christi ergriffen, zur Freude an diesem Gott begeistern lassen und im Geiste Jesu ihr Leben gestalten, dieses Wunder geschieht immer wieder. Es kann auch heute unter uns geschehen. Unser Leben ist die Zeit, um Jesus Christus nachzufolgen, um Türen und Herzen zu öffnen!“

Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Globalisierung des Glaubens

„Beim Beten wird der Glaube weltoffen - offen für das, was in der Welt los ist. Beim Beten öffnet sich die Seele nach zwei Seiten: Zum Himmel und zur Welt, zu Gott und hinein in den Alltag der Menschen. Beides wird gewissermaßen ins Gebet genommen.

Wir haben es heute in der Lesung aus dem Ersten Timotheusbrief gehört: Gebet, das ist Bitte, Fürbitte und Dank für alle Menschen. Wir beten nicht bloß für die Christen, nicht bloß für Familienangehörige. Alle soll unser Gebet einschließen. Nicht alle auf einmal, das würde uns überfordern – aber mal die einen und mal die anderen, je nachdem, was mir und was Ihnen gerade auf dem Herzen liegt.

Zum Gebet für alle Menschen werden wir im Ersten Timotheusbrief, der aus dem ersten Jahrhundert stammt, aufgerufen. Von Anfang gibt es somit eine Globalisierung des Glaubens. Gebet, Bitte und Dank für alle Menschen - das bricht die Gruppeninteressen auf. Das verhindert, dass ich beim Beten nur mich selbst sehe, meine Sorgen, meine Ängste, meine Wünsche und meine Hoffnungen. Denn ‚Gott will, dass allen Menschen geholfen werde‘, das schreibt einer an die ersten Christen, die damals in multikultureller und multireligiöser Umwelt in der Minderheit waren und sich Sorgen machen mussten. Nur wenn es allen gut geht, geht es uns dauerhaft gut. Dafür sollten wir beten und arbeiten.

Und was hat das mit dem Himmel zu tun? Wo ist da ein Ausblick, ein Fenster zum Himmel und zu Gott? ‚Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen‘, diese Worte gibt uns der Timotheusbrief mit auf den Weg. Die Reihenfolge ist entscheidend. Menschen sollen Hilfe finden. Wer Hilfe erlebt und erfährt, der wird Gottes Wahrheit erkennen. Wir, Sie und ich, sollen das bezeugen: Bei Gott kann man Hilfe finden. Wer in Gott eine Hilfe findet, erkennt auch die Wahrheit: dass es einen Gott gibt und einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus, bei dem Hilfe zu finden ist.

Wenn man sich über das Beten Gedanken macht, dann kommt man ganz schön weit herum. Und die Gebete bleiben nicht hinter Kirchen- und Klostermauern versteckt, sondern Fenster gehen auf: zum Himmel und zum Alltag der Menschen.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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...dieselbe Botschaft des Evangeliums

„Das heutige Evangelium beginnt damit, dass die Schriftgelehrten mit Unmut reagieren, als Zöllner und Sünder zu Jesus kamen und er sie aufnahm und sich mit ihnen zum Essen niedersetzte. Es ist sehr interessant, dass der Mensch dazu neigt, sich mit den Sünden anderer Menschen zu beschäftigen. Die Pharisäer wollten mit Jesus nicht über ihre eigenen Schwächen, sondern über die Schwächen der anderen Menschen sprechen.

Und in dieser Situation erzählt Jesus drei Gleichnisse: vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Münze und vom verlorenen Sohn. Jesus erzählt nicht von den Tugenden der neunundneunzig Schafe, die treu bei der Herde blieben; nicht von den neun Münzen, die im Geldbeutel der Frau blieben; und auch nicht von dem guten, frommen und fleißigen Sohn, der bei seinem alten Vater blieb.

Vielleicht hatten die Pharisäer recht? Muss es nicht Gericht und Strafe für Sünde geben? - und daran ist doch eigentlich nichts auszusetzen. Hier kommen wir zum Kern unseres Glaubens: Jesus hat für diejenigen, die anständig sind, und für diejenigen, die im Leben verloren sind, dieselbe Frohe Botschaft und dieselbe Botschaft des Evangeliums.

Es geht nicht um die Suche nach Sünde und menschlicher Schwäche. Jesus erinnert uns heute daran, dass der Sinn unseres Glaubens die selbstlose Liebe ist, und eines der wichtigsten Zeichen dafür ist die Vergebung! Papst Franziskus schreibt: ‚Wenn Gott bei der Gerechtigkeit stehen bliebe, wäre er nicht mehr Gott. Gott würde wie alle Menschen werden, die sich nur auf die Einhaltung des Gesetzes berufen. Gerechtigkeit allein ist nicht genug. Deshalb übertrifft Gott die Gerechtigkeit durch Liebe und Barmherzigkeit, die das Fundament unseres christlichen Glaubens sind.‘

In der Kirche sind wir nicht dafür da, um zu lernen, andere zu bestrafen oder über unsere Mitmenschen zu urteilen. Wir sind in der Kirche, um Liebe und Vergebung gegenüber uns selbst und gegenüber anderen zu lernen!“

Pater Efrem und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Nachfolge und Totalverzicht

„Eine unangenehme, frohe Botschaft: ‚Wenn jemand zu mir kommt, und nicht Vater und Mutter … geringachtet, … nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet‘ – das sind die eindeutigen Worte Jesu -, ‚dann kann er nicht mein Jünger sein‘. Schriftdeuter und Prediger habe sich oft schier das Hirn verrenkt, um diese absolut unzweideutigen Weisungen Jesu irgendwie umzudeuten.

Lasst uns zusammen ins Evangelium schauen! Jesus ist unterwegs in Galiläa. Ganz unvermittelt, abrupt und schroff wendet er sich an die Menschen, die ein Stück des Weges mit ihm gehen. Er sagt nicht nur, man solle seine Familie und sein eigenes Leben ‚gering achten‘ , sondern – so steht es im griechischen Text – sie sogar ‚hassen‘. Wie ist das zu verstehen? Dieser geforderte Hass ist keine emotionale Bosheit oder Heimtücke, sondern bedeutet die Notwendigkeit der Distanz. Es geht um Trennung und damit letztlich um Freiheit. Zur Zeit Jesu war ein Bruch mit den eigenen Eltern oder den Geschwistern gleichbedeutend mit dem Verlust des Lebens – ein solcher Bruch hatte weitreichende soziale Folgen. Die Familie war das soziale Netz der damaligen Zeit, sie war Absicherung und Schutz, und zugleich war durch die Familie der eigene Lebensweg vorgezeichnet, ja begrenzt. Der Beruf war vorgegeben, der Lebenspartner wurde einem zugewiesen. In diesem Lebenskontext haben Jesus schroffe und radikale Worte zwei Seiten.

Jesus bleibt glaubwürdig. Er verschweigt die möglich Folgen nicht! Sein Weg wird nach Jerusalem führen, wo er das Opfer seines gewaltlosen Kampfes für das Prinzip der Liebe werden wird. Sind wir bereit ihm auf diesem Weg nachzufolgen? Wir müssen uns selbst entscheiden. Wir müssen Verantwortung für unsere Lebensentscheidungen übernehmen.

Die beiden Beispiele, die Jesus im heutigen Evangelium aufführt, zeigen uns, was Freisein noch bedeutet. Die Entscheidung zum Turmbau und zum Krieg ist bereits getroffen. Aber die Entscheidung alleine genügt nicht. Es muss auch überlegt werden, wie das Vorhaben auszuführen ist. Die Entscheidung wird nur mit vollem Einsatz zu einer Realität. Das bedeutet zugleich: Wenn die Kräfte und Mittel nicht genügen, dann muss man den eingeschlagenen Weg abbrechen und nach anderen Möglichkeiten Ausschau halten. Und auch das erfordert Mut. Wer gibt schon gerne zu, dass er sich geirrt hat oder nicht weit genug gedacht hat? Es geht also auch um die Freiheit gegenüber sich selbst. Jesus mahnt uns, sich nicht unbedacht in eigene Pläne zu verrennen, sondern frei zu sein und, wenn nötig, umzukehren.

Die Nachfolge Jesu ist kein einfaches Mitgehen. Sie bedeutet Verzicht. Im heutigen Lebenskontext wird dies vielleicht am deutlichsten in der abschließenden Forderung, den eigenen Besitz aufzugeben. Wer frei ist in all seinen persönlichen und materiellen Bindungen, kann sein Leben vollkommen hingeben. Was wäre unsere Welt ohne die Menschen, die aus Liebe loslassen können und verzichten? Menschen im Sozialdienst, die nicht nach der Bezahlung der notwendigen Überstunden fragen. Eltern, die ein behindertes Kind annehmen. Ehepartner, die den anderen auch in schweren Zeiten nicht verlassen. Menschen, die ihrem Gewissen treu bleiben, auch wenn es Nachteile oder sogar Tod bedeutet.

Nachfolge ist eine Herzenssache und der freiwillige Verzicht ist keine Pflicht, sondern eine Frucht der Liebe. Jeder Mensch, der aus Liebe verzichtet, folgt Jesus auf seinem Weg der Liebe.“

Pater Elias und alle Brüder in Tabgha und in Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Die Tischregel Jesu

„Wo soll ich sitzen? Wo ist mein Platz? Nicht nur bei Hochzeitsfeiern oder Geburtstagsfeten, sondern beinahe tagtäglich stellen wir uns – bewusst oder unbewusst – diese Frage: Bei Dienstbesprechungen oder Projektsitzungen, hier in der Kirche oder bei Tisch… Auch die Frage nach Einladungslisten und der richtigen Platzvergabe für Gäste kennt womöglich jeder und jede von uns. Und wer solche Situationen kennt, der weiß auch, wie viel Zeit Diskussionen über die richtige Platzierung von Gästen einnehmen. Nicht zuletzt ist da auch die quälende Frage, wo die Grenze zu ziehen ist, wen man einlädt und wen nicht; ganz zu schweigen von der Begründung, warum der/die eine eingeladen ist und der/die andere nicht…

Kurzum, beide Perspektiven, die des Gastes, der zu Tisch kommt, und diejenige des Gastgebers, sind uns nur zu gut vertraut. Steckt dahinter, hinter der richtigen oder besten Positionierung im Prinzip nichts anders als die Suche nach Anerkennung?

Wenn heute unser Blick mit Jesus auf die Schabbat-Tischgemeinschaft im Haus eines führenden Pharisäers gelenkt wird, dann zielt er, Jesus, genau auf diese Sehnsucht des Menschen nach Anerkennung. Er beobachtet nämlich, wie sich die Gäste im Haus des Pharisäers die besten Plätze aussuchen. Genau deshalb setzt er mit seiner Mahnung auch bei dem an, was die Menschen erstreben: Anerkennung bzw. das Gesehen-Werden. – Doch Jesus tadelt nicht grundsätzlich diese menschliche Sehnsucht. Schließlich spricht für ihn nichts dagegen am Ende doch noch vom Gastgeber an den vordersten Platz gesetzt zu werden…

Wogegen Jesus jedoch Stellung bezieht, ist das Streben, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen! Den richtigen Platz findet man im Zusammenspiel mit den anderen Gästen und dem Gastgeber. Und das kann dann mal ganz vorne und mal eher hinten am Tisch sein. Wer aber immer nach oben oder vorne will, läuft Gefahr brüskiert zu werden, weil er/sie sich selbst zu wichtig nimmt und überschätzt. Daher lehrt Jesus uns als Verhaltensgrundsatz für das Leben: ‚Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt wird erhöht.‘

Die Tischregel Jesu ist nicht einfach eine allgemein sittliche Mahnung, sondern sie spricht eine Wahrheit des Gottesreiches aus. Der Wunsch, sich selbst ins richtige Licht zu rücken, und das Streben nach den besten Plätzen sind weder im Hinblick auf die Mitmenschen noch auf Gott hin erfolgreich!
Die verborgene, ja gelebte Innenseite dieser Tischregel Jesu, die eigentliche Wahrheit, wird bei einem anderen Mahl deutlich: beim Letzten Abendmahl. – und hier beim Gastmahl des Pharisäers spricht Jesus vom Gastmahl im himmlischen Reich, wo er selbst der Gastgeber ist, und das Letzte Abendmahl ist das Vorausbild dieses Mahls der Liebe. Dort geht es eben nicht um berechnende Höflichkeit, sondern um die Grundhaltung der dienenden Liebe: ‚Ich bin unter euch wie der, der bedient‘, sagt Jesus in Lukas 22,17. – Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn im Evangelium nicht davon die Rede ist, welchen Platz Jesus beim einladenden Pharisäer eingenommen hat. Ist es bereits hier der letzte Platz, dem Ort der demütigen Liebe?

In der Feier der Eucharistie ist nun Jesus Christus selbst der Gastgeber. Ihn, der die fleischgewordene Liebe ist, zu empfangen, ist der Auftrag an uns; wir sind die Gäste, die bereit sind auch den letzten Platz einnehmen, wann immer es möglich ist. Einer Frau, die hier aus dem Heiligen Land stammt und, die sich selbst immer den letzten Platz zugewiesen hat, schließlich bis zur Ehre der Altäre erhöht wurde, soll das abschließende Wort gehören: der Heiligen Mariam von Abellin – am vergangenen Donnerstag haben wir ihren Gedenktag gefeiert:

‚Wenn ihr groß sein wollt, seid klein! Sucht nicht geschöpfliche Größe! […] Klein sein, klein sein! Die Demut schützt. […] Die Demut ist zufrieden, die Demut ist glücklich, überall glücklich; die Demut ist mit allem zufrieden; die Demut trägt immer den Herrn in ihrem Herzen. Der Hochmut regt sich über alles auf, alles ekelt ihn, alles erzürnt ihn, alles erniedrigt ihn. Die Demut freut sich in dieser Welt und in der andern. Glücklich die Kleinen! Überall gibt es einen Platz für sie. Aber die Großen stoßen überall an. […] Hochmut bringt Verwirrung, doch das demütige Herz ist das Gefäß, der Kelch, der Gott enthält.‘ Amen.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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