Was sollen wir tun?
17. Dezember 2018
Predigt von Pater Jonas am Dritten Adventssonntag 2018, 16. Dezember, in der Brotvermehrungskirche in Tabgha
Liebe Schwestern und Brüder,
das kennen wir zur Genüge: Wer fragt, bekommt viele Antworten. Manchmal ganz spontan, manchmal unüberlegt, manchmal wie aus der Pistole geschossen, ein andermal eher stockend und als fragende Antwort. Es gibt eben nicht immer und auch nicht sofort die passende Antwort. Manchmal ist zuwarten notwendig...
Manchmal ist es auch so, dass mancher gar nicht fragt, weil er die Antwort fürchtet. Sie könnte unbequeme Konsequenzen nach sich ziehen.
Sicher sind war auch in diese Heilige Messe am Dritten Adventssonntag mit manchen Fragen gekommen, die aus den letzten Tagen nachklingen. Es darf im Leben auch offene Fragen geben.
Sind wir heute, wenige Tage von dem Fest der Geburt Christi, bereit uns durch das Wort Gottes infrage stellen zu lassen?
Dieser Sonntag der Adventszeit, Gaudete, stellt den Täufer Johannes in den Vordergrund, seine Predigt und seine Taufpraxis am Jordan.
„Das Volk war voll Erwartung“, so haben wir vorhin gehört. Das ist der Grund, dass so viele an den Jordan kommen. Sie wollen vorbereitet sein, wenn der Messias kommt. Und diese Erwartung erklärt auch ihre Frage.
„Was sollen wir tun?“
„Was sollen wir tun?“ – Lukas verdichtet diese Frage und stellt drei Gruppen vor. Jede davon bekommt eine Antwort, die ihre Lebenssituation anspricht.
Den einfachen Leuten empfiehlt Johannes: Teilt, was ihr habt, Essen und Kleidung, schaut euch um, wem es schlechter geht als euch, und helft, wo ihr könnt.
Die Zöllner unter ihnen werden darauf hingewiesen, sich an die vorgegeben Zolltarife zu halten und nicht in die eigene Tasche zu wirtschaften und niemand übers Ohr zu hauen.
Schließlich die dritte Gruppe, die Soldaten. Sie sollen niemanden misshandeln oder erpressen und zufrieden sein mit ihrem Sold. Über die Reaktion der besonders angesprochenen schweigt sich Lukas aus.
Vielleicht hatten sie ganz anderes erwartet, der Täufer werde radikaler auftreten und von ihnen ein asketischeres Leben erwarten, wie er es praktiziert. Äußerst bemerkenswert ist, dass er die Menschen in ihre eigenen Lebensbereiche zurückverweist, dorthin, wo die Praxis der Solidarität und der Nächstenliebe gefordert ist.
Nicht eine religiöse Höchstleistung ist gefordert, sondern Alltagsbewältigung im Geiste Jesu Christi.
Wo es an Liebe mangelt...
Liebe Schwestern und Brüder, es ist also entscheidend für unser Christsein zu fragen: „Was sollen wir denn tun?“ Und die Antwort darauf? Ich meine, wir finden sie da, wo wir uns ehrlich eingestehen müssen, dass es an Liebe gemangelt hat – in Gedanken, Worten und Werken.
In mir klingt auch der Gedanke unserer letzten Konventsitzung nach, die eine Frage von Wilhelm Bruners aus den vergangenen geistlichen Tagen im Pilgerhaus aufgreift: „Was denkt Gott von mir? „Diese Frage rührt an den Nervus Rerum, da habe ich vielleicht auch nicht sofort eine klare Antwort, vielleicht gelingen mir Antwortversuche, stockend, stotternd, leise, zaghaft...
Eine Frage bewegt mich in diesem Zusammenhang auch: Erwarten wir überhaupt noch etwas, was den Horizont unseres bisherigen Lebens übersteigt? Haben wir noch offene Fragen an das Leben oder haben wir uns so behaglich in unserer Welt eingerichtet, selbstzufrieden und ohne Erwartung irgendwelcher weltbewegender Ereignisse?
Die Zeit des Adventes möchte uns da wieder wachrütteln, so wie es in einer Antiphon treffend heißt: „Werdet wach, erhebet euch, eure Erlösung ist nah“.
Wachwerden für das Kommen Christi
Heute möchte die Predigt Johannes des Täufers uns neu wachrütteln für das Kommen Christi in seiner Menschwerdung.
Sie möchte uns aber auch wachrütteln, dass wir dabei nicht stehen bleiben, sondern Christus, der in uns lebt und mit uns durch diese Welt geht, in Taten der Liebe zu bezeugen.
Für Johannes steht der Kommende im Zentrum seines Lebens. Auf ihn, Jesus Christus, weist er hin. Sind wir als Getaufte und Gefirmte durch die Art und Weise unseres Lebens Hinweisende auf Christus, dass Menschen Fragen an uns stellen. Warum bist Du eigentlich Christ? Was bedeutet für Dich Gott?
Schauen wir noch einmal auf die zentrale Person dieses Dritten Adventssonntags. Die Predigt Johannes des Täufers will nicht entmutigen, sondern wachrütteln, deshalb ist sie frohe Botschaft, indem sie anzeigt, was die Stunde geschlagen hat. Wir dürfen dadurch den Kairos erkennen und unsere Gelegenheit zur Umkehr als besondere Chance zur Erneuerung unseres Lebens.
Der Advent des Volkes Israel, so glauben wir Christen, hat sich durch die Menschwerdung Christi in seiner Geburt erfüllt.
Unser jetziger Advent, die Zeit des Wartens auf sein Wieder-Kommen erwartet von uns – übrigens genau wie damals –, dass wir nicht untätig und fatalistisch warten, sondern dass wir uns um Gerechtigkeit, ein lebenswertes Leben und um Liebe bemühen. Unser Gott kommt täglich auf uns zu in den Menschen, denen wir begegnen, in den Situationen, die unseren ganzen Einsatz fordern, ja auch im Wechselspiel der Fragen und Antworten unseres Lebens. Solange Du noch fragst, lebst Du.
In seinem Brief „Gaudete et exultate“ ermutigt Papst Franziskus uns: „Worauf es ankommt, ist, dass jeder Gläubige seinen eigenen Weg erkennt und sein Bestes zum Vorschein bringt, das, was Gott so persönlich in ihn hineingelegt hat, und nicht, dass er sich verausgabt, indem er versucht, etwas nachzuahmen, das gar nicht für ihn gedacht ist.“ (GE ,11)
Johannes führt uns zu dem, der uns zeigt, was wahres Menschsein ausmacht.
„Die Freude am Herrn ist unsere Stärke.“ (Neh 8,10)