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Friede, den die Welt nicht geben kann

01. Juli 2008

Ansprache von Abt Benedikt am 22.8.2001 in der Dormitio-Basilika im Rahmen des Friedensgebets der Kirchen Jerusalems vom 15. - 28.8.2001

Exzellenzen - liebe Schwestern und Brüder!

Ich heiße Sie alle ganz herzlich willkommen in der Basilika der Entschlafung Mariens hier auf dem Zionsberg in Jerusalem! Es ist ein überaus sinnvoller Entschluss gewesen, dass sich die verschiedenen christlichen Kirchen zum gemeinsamen Beten um den Frieden zusammenfinden. Frieden und Gerechtigkeit sind für ein gelungenes Miteinander der Völker, Religionen, Kulturen, Gemeinschaften und Familien unerlässlich notwendig! Wir Christgläubigen aber wissen, dass wir Menschen zwar am gemeinsamen Frieden mitarbeiten können, dass aber der wahre Friede letztlich ein göttliches Geschenk ist, wie wir es im heutigen Evangelium hören werden.

Der Friede, den Jesus Christus uns schenkt, ist ein Friede, den uns die Welt nicht geben kann. Gerade uns Christen ist es aufgetragen, dem Frieden Christi wirklich nachzuspüren und diesen Frieden als Seine Nachfolger der Welt zu verkünden! Immer wieder hören wir: Gerechtigkeit schafft Frieden! Ja, das mag sein; aber es gehört noch mehr dazu! Denn wer gibt vor, was "Gerechtigkeit" ist? Wer gibt vor, was "Frieden" ist? Bei allen ähnlichen Definitionen werden wir immer wieder feststellen müssen, dass es auch große Verschiedenheiten in der Interpretation dieser Worte Gerechtigkeit und Frieden gibt. Wenn wir Christen uns also in diesen Tagen in den verschiedenen Kirchen zusammenfinden, um für das Heilige Land um Gerechtigkeit und Frieden zu beten, dann sollten wir nicht vergessen, dass wir Christus als unseren Friedensfürsten zutiefst um den wahren Frieden unter den Völkern hier im Heiligen Land bitten müssen! ER allein ist in der Lage, nicht nur den Verstand, sondern gerade die Herzen der Menschen zu berühren und zu verändern. Die Herzen zu verändern, das bedeutet, den ganzen Menschen zu verändern! Es ist nicht unsere Aufgabe, die Menschen zu verändern; sondern es ist unsere Aufgabe, mit den Menschen zu leben und Verkünder der Worte Christi zu sein.

Friede Christi, göttlicher, reiner Friede ist nur möglich, wenn die Menschen an die Versöhnungsbereitschaft und vor allem an die Vergebungsbereitschaft erinnert werden. Beten wir nicht täglich im Vaterunser "...vergib, wie auch wir vergeben!"? Das, liebe Schwestern und Brüder, scheint mir notwendig zu sein: der Welt immer wieder zu verkünden und daran zu erinnern, dass wahrer Friede nur dort beginnen kann, wo die Herzen im Frieden sind, das heißt: wo wir bereit sind, einander unsere Schuld zu vergeben, weil Gott sie uns vergeben hat.

Friede ist nur dort wirklich möglich, wo Menschen miteinander versöhnt leben! Versöhnung kann aber auch nur Gott schenken, denn wir alle sind Söhne und Töchter Gottes, und das ist unsere wahre Bestimmung. Nicht nur die Bestimmung der Christen, sondern die Bestimmung aller! Christus ist das Alpha und das Omega; Christus gestern, heute und morgen; Christus ist der wahre Herr und König der Herzen aller Menschen.

Die Römische Kirche feiert heute das Fest Maria Königin. Dieses Fest erinnert uns daran, dass auch Maria, die Mutter des Friedensfürsten, eine Fürsprecherin des Friedens für uns ist. Darum werden wir gegen Ende unseres Friedensgebetes in einer Prozession in die Krypta gehen und dort die Gottesmutter als die Königin des Friedens bitten, bei ihrem Sohn für den wahren Frieden im Heiligen Land einzutreten. Mit Kerzen, die am Licht der Osterkerze entzündet worden sind, gehen wir zur Gottesmutter, um symbolisch damit auszudrücken, dass Sie uns das Licht der Welt geboren hat, und dass Christus allein Licht in die Dunkelheit dieser Welt bringt.

Ein weiteres kleines Symbol des Friedens und der Bereitschaft zum Neubeginn wird uns dann in der Krypta übergeben werden, nämlich ein Olivenzweig. In der heutigen Lesung aus dem Buch Genesis hören wir, dass Noah, nachdem er auf dem Berge Ararat gelandet war, eine Taube ausgesandt hatte, die ihm einen Olivenzweig zurückbrachte. Dieser Olivenzweig und der Regenbogen sind Zeichen des Bundes Gottes an uns Menschen; sind Zeichen der Möglichkeit eines Neubeginns! In keiner Not hat Gott die Menschen je verlassen. Der Olivenbaum hier im Heiligen Land ist ein heiliger Baum! Lassen wir uns durch dieses schlichte Symbol daran erinnern, dass wir alle unsere Sorgen und unsere Nöte auf den Meeren des Lebens in die Hände Gottes legen können und dürfen! Lassen wir uns durch die Zweige des Ölbaums daran erinnern, dass Gott immer wieder bereit ist, mit uns Menschen einen neuen Anfang zu wagen, auch wenn die Situation noch so aussichtslos und schwierig zu sein scheint wie jetzt hier im Heiligen Land. Bei Gott ist alles möglich!

Die Menschen hier sind traurig und leiden; wir alle wissen das. Doch wir wissen auch, dass wir zur Hoffnung berufen sind: zu einer tiefen Hoffnung, die von Gott her kommt: "Baut nicht auf Menschen, bei denen doch keine Hoffnung ist!" sagt der Psalmist. Lassen Sie uns also in diesem Friedensgebet wieder umkehren zu Gott, Der uns die Hoffnung geben kann auf Frieden und Gerechtigkeit im Heiligen Land!

Der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, bewahre unsere Herzen und unsere Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus, unserem Herrn! (Phil 4,7)

+ Abt Benedikt Lindemann OSB