Finden Sie was sie suchen...

Meldung im Detail


für die armen, kleinen und schwachen

23. Oktober 2011

...unser tägliches Brot...

Predigt von Pater Basilius am 30. Sonntag im Jahreskreis in der Dormitio

Es sind klare und einfache Worte, unmittelbar zugänglich und zu verstehen:

Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten, denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen. Ihr sollt keine Witwen und Waisen ausnützen.

Es sind Worte, die menschliche Not so einfach beschreiben, dass alleine diese Beschreibung schon betroffen macht:

Nimmst von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand, dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben; denn es ist seine einzige Decke, der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt. Worin soll er sonst schlafen?

Und es sind Worte von großer Macht und Überzeugung – vorausgesetzt, man glaubt an Gott:

Wenn du sie [die Waise/die Witwen] ausnützt und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören. […]
Wenn er [der Arme ohne Mantel] zu mir schreit, höre ich es, denn ich habe Mitleid.

In klaren und einfachen, in berührenden und bewegenden, in machtvollen und fordernden Worten künden uns die Verse aus dem Buch Exodus, die wir vorhin gehört haben, davon, dass unser Gott ein Gott der Armen, der Kleinen und der Schwachen ist.
Und Gott alleine weiß, wie viele Arme, Kleine und Schwache es auch in unseren Tagen gibt, die solche Worte des Trostes und der Ermutigung brauchen. Er weiß auch besser als wir selbst um den Armen, Kleinen und Schwachen in jedem von uns, der sich wünscht, dass ihn doch jemand hört, wenn er ruft in seiner Not und Einsamkeit, seiner Schwachheit und Trauer.

Und doch: Zugleich ist es eine Zumutung. – Es klingt gut, aber was bedeutet es in der Praxis?

  • Wie sieht dieser Beistand Gottes aus?
  • Wie Sein Zuhören?
  • Wie die Umsetzung Seiner Drohungen an diejenigen, die die Armen, Kleinen und Schwachen eben doch ausnutzen und unterdrücken und ihnen auch noch das Wenige nehmen, was sie haben, was ihnen Halt und Schutz gibt?
  • Wie hilft Gott?
  • Wie ist er der Gott der Armen, Kleinen und Schwachen?
  • Wie ist er auch für uns da?

Eine mögliche Antwort gibt uns das heutige Evangelium mit Jesu Betonung des Doppelgebotes der Gottes- und Nächstenliebe.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. – Das ist das wichtigste und erste Gebot.“

Wer Gott, den Herrn, mit ganzem Herzen liebt, mit ganzer Seele und all seinen Gedanken, der enthält Gott keinen Lebensbereich vor.

  • Der weiß, dass Gott in allem, in wirklich allem gegenwärtig ist: Auf den schönen, aber auch in den weniger schönen Seiten unseres Lebens.
  • Er weiß, dass Gott unsere Stärken kennt, aber auch unsere Grenzen.
  • Er weiß, dass es Gott ist, der uns mit unseren Stärken, unseren Fähigkeiten und Talenten ausgestattet hat, der uns darin auch wachsen und uns entwickeln lässt.
  • Aber er wird auch immer wieder spüren, dass Gott uns trägt und hört, wenn wir arm, klein und schwach sind.
  • Er macht Gott zu Mittelachse seines Lebens und seiner Welt und findet so seinen eigenen Platz in seinem Leben und in seiner Welt.

Und darin scheint schon das zweite Gebot auf:

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Wer sich im Geist des ersten Gebotes auf Gott, den Herrn, hin ausrichtet, der bleibt nicht bei diesem Gott und bei sich selbst stehen, weil auch dieser Gott nicht bei sich selbst bleibt.
Wer sich Gott im Geist des ersten Gebotes zuwendet, der erkennt den Armen, Kleinen und Schwachen in sich selbst – und er erkennt auch den Armen, Kleinen und Schwachen in seinem Nächsten.

Und so sind wir es als getaufte und gefirmte Christen, die mit und für Gott hören, wenn der Arme, der Kleine, der Schwache in unserem Nächsten ruft. Wir selbst sind es, die den Klageschrei der Witwe hören, und die Mitleid mit dem Frierenden haben. Durch uns als Träger des Heiligen Geistes sollen und können die Armen und die Kleinen und die Schwachen in unserem Umfeld und in der Welt Gott, den Herrn, als Gott der Armen und Kleinen und Schwachen erfahren.

Doch nicht nur.
Und das müssen wir uns immer vor Augen halten.
Denn Gott ist nicht einfach auf die guten Menschen in meinem Umfeld zu reduzieren. Er ist stets auch mehr und größer und anders.

Daran mögen uns das kleine Stück Brot und der Schluck Wein erinnern, die wir nachher empfangen: Auch sie sind mehr und größer und anders als nur Brot und Wein: Denn in ihnen begegnet uns der Herr selbst, empfangen wir den Herrn selbst. – Jesus Christus, der mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all seinen Gedanken den Vater im Himmel liebt und sich in dieser Liebe uns zuwendet.