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Meldung im Detail


Wachet und betet!

25. März 2012

Getsemani: „Wacht und betet!“ (Mt. 26,41)

Fastenpredigten 2012: „Was dir Frieden bringt …“
(vgl. Lk 19,42) – Fünfter Fastensonntag (25. März 2012)

Im Garten Getsemani.

Schwer war sein Herz, als Jesus den Abendmahlsaal verließ. Diese Enttäuschung! Einer, der von Anfang an mit ihm war, in seine Nachfolge berufen, er wird ihn verraten.
Mit den übrigen Elf bricht er vom Südwesthügel - dem heutigen Zion – auf, hinab zum Kidrontal, am Tempelberg vorbei. Sie überqueren den Kidron und kommen bei der Ölmühle – Getsemani – am Ölberg an, einen ihnen vertrauter Ort. Schweigen hatte sie auf ihrem Weg umhüllt. Die Enttäuschung des Verrates saß ihnen allen in ihren Knochen. Es war einfach zum Heulen. – Wer von uns kennt das nicht? Da hat man jemand sein ganzes Vertrauen geschenkt und eines Tages erfährt man, dass mein Vertrauen missbraucht wurde und mich ein Weggefährte verlassen hat. Eine bittere Stunde! -

Jetzt am Ölberg angekommen bittet Er seine Jünger: „Setzt euch und wartet hier, während ich dort bete.“ Er benötigt ihre Solidarität. Er möchte jetzt nicht allein sein, in einer Stunde, wo er wusste, was auf ihn zukommen wird. Daher nimmt er „Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich“.
Sie waren schon Zeugen bei der Verklärung auf dem Tabor. Dort war Er, Jesus, noch von Glanz und Herrlichkeit umgeben. Aber jetzt? Jetzt ist Er am tiefsten Punkt seines Lebens angekommen. Angst und Traurigkeit haben Ihn ergriffen. „Meine Seele ist zu Tode betrübt“, gestand er. Im wahrsten Sinne des Wortes liegt er jetzt am Boden. Er kann nicht mehr und betet und schreit von innen heraus: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“

In keinem Augenblick seines Lebens war Jesus so am Boden, am Ende wie hier im Ölberg. Seine ganze menschliche Existenz ist herausgefordert. Nirgends ist er uns, dir und mir, so nahe in unserer menschlichen Existenznot – in Ängsten, in unerträglicher Einsamkeit, in Krankheit und im Angesicht des Todes. Nirgends wird es so deutlich, was es heißt: Um unseres Heiles willen, ja um unseres Heiles willen wurde er Mensch, ja ganz Mensch ohne Abstriche. „Er entäußert sich und wurde Sklave und den Menschen gleich“ ( Phil.2,7), schreibt Paulus an die Gemeinde in Philippi. Da gibt es kein Schauspielern. Seine Todesangst ist Angst vor dem Sterben und dem Tod.

Kein Wunder, dass er dann die Solidarität seiner Jünger sucht. In solchen Stunden braucht man jemand, an den man sich anlehnen kann, der einen in den Arm nimmt, der einem tröstet. Aber – welch eine Enttäuschung! – erfand sie schlafend. Mit einer hilflosen, mehr rhetorischen Frage wendet er sich an die Schlafenden, besonders an Petrus, der doch einmal der erste Papst sein soll: „Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?“

In einem entscheidenden Augenblick ihres Lebens, da der Meister sie einmal brauchte, schlafen sie. – Die Kirche schläft! Schläft die Kirche? Verschlafen wir als Christen entscheidende Stunden unseres Lebens, unserer Geschichte? – „WACHT UND BETET!“ Aber sie die Jünger und wir können in Grenzsituationen unseres Lebens die Lage nicht durch eigene Kraft ändern. An unsere Grenzen gekommen, benötigen wir die Hilfe dessen, auf den wir unsere ganze Hoffnung setzen, zu dem wir rufen: „Auf Dich vertrauen wir, lass uns nicht zu Schanden werden!“ Nur Er kann das Schicksal zum Heil wenden, wenn wir alles in seine Hände legen: „Aber nicht wie ich will, sondern wie Du willst!“ betet Jesus in seiner Not. Und wir? Wie oft beten wir: „Dein Wille geschehe!“ Gilt das noch wenn ich an meine Grenzen gekommen bin und im Angesicht des Todes eines lieben und geliebten Menschen lebe?

Ich finde diese Bitte die schwierigste im Herrengebet. Kann ich im Angesicht des Todes geliebter Menschen oder meines eigenen Todes oder tragischer Unfälle noch ehrlichen Herzens beten: „Dein Wille geschehe!“ oder versagt mir dann nicht die Stimme. Jesus betet in diesem Augenblick: „Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille:“ Noch einmal, während er so betet, schlafen die Jünger. Haben die Chance verpasst, wahrzunehmen, was ihnen jetzt zum Frieden dienen könnte?“ WACHET UND BETET! Wachsein, mit wachen Sinnen – Augen und Ohren, mit Geist und Sinn – wahrnehmen, was sich jetzt ereignet. Und dann in dieser wachen Aufmerksamkeit beten, die Hilfe Gottes erflehen; sich an ihn richten, der über allen Ereignissen unserer Geschichte steht, der der Herr der Geschöpfe und Schöpfung ist. „WACHET UND BETET!“ ein Weckruf an uns, an dich und mich, mitten in unserer Welt und Geschichte, nicht Not und Nöten unserer Zeit gegenüber gleichgültig sein, sondern sie wahr-zu-nehmen. Sicherlich müssen wir oft der Tatsache ins Auge sehen, dass wir ohnmächtig sind, ohne Möglichkeit, erschreckende Tatsachen ändern zu können.

So erging es mir öfters, wenn ich das Tor durch die Mauer von Betlehem nach Jerusalem durchschritt. Ohnmächtige Wut! - Genau in diesen Momenten haben wir nur noch die Macht des Gebetes; dort, wo wir unsere leeren Hände Gott entgegenzustrecken, um IHN um Hilfe und Rettung zu bitten.

Ach, was ist mit den Jüngern, den eng Vertrauten, während Er in Todesängsten im Gebet mit seinem Vater ringt? „Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus?“ fragt er sie. Erschöpft und enttäuscht waren sie am Ölberg angekommen. Was hilft in solchen Augenblicken am besten? Sich in den Schlaf flüchten, um alles Belastende und Traurige zu vergessen. „Schlaft ihr immer noch?“ ist nicht allein ein Vorwurf, sondern auch ein Mitleiden mit seinen Jüngern, denen noch weitere schwere Stunden zugemutet werden sollen.

„Jetzt wird der Menschensohn den Sündern ausgeliefert. Steht auf, wir wollen gehen! Seht der Verräter, der mich ausliefert, ist da.“ Jetzt hat zerbrochenes Vertrauen sein Ziel erreicht.

Einstige Liebe verwandelt sich in Hass, Hass, der bis zum Tod führt. Wie bitter! Wie oft schlägt in unserer Geschichte Liebe in Hass und Vertrauen in Misstrauen um und verwandelt sich in Krieg und Terror. Daher noch einmal: „WACHET UND BETET!, damit ihr nicht in Versuchung geratet.“

Amen.