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SEINEM Weg zu folgen...

05. April 2012

In der Feier jeder Liturgie hat das, was Jesus für uns getan hat, eindrücklich in heiligen Ritualen seine Gestalt bekommen. Mit diesen Ritualen feiern und vergegenwärtigen wir Gottes Liebe für uns, eine Liebe, sowohl grenzenlos als auch persönlich, so tief, wie es sich von uns keiner jemals vorstellen kann. Das ist zu keiner Zeit mehr wahr als in den Gottesdiensten dieser drei Tage. Am Karfreitag, am Karsamstag und am Ostersonntag offenbart sich Gottes Liebe im Leiden, im Tod und in der Verherrlichung Christi, wenn er sich selbst der Agonie des Kreuzes unterwirft, aber im Triumph aus dem Grab aufersteht. Die Liturgie des heutigen Abends zeigt uns, wie Jesus, in den Worten des heiligen Augustinus, zugleich Sakrament und Beispiel für uns ist.

Er ist ein Sakrament, denn als Er sich zu Tisch setzt, gibt Er uns im Geheimnis des gebrochenen Brotes das Geschenk Seines Leibes und Seines Blutes – Er gibt sich selbst. Das Johannesevangelium berichtet uns das zwar nicht explizit, aber wir wissen es aus den Schriften des heiligen Paulus und aus den anderen drei Evangelien.

Über die Bedeutung dieses Mysteriums wurden schon so viele Worte geschrieben, so viele Streitgespräche geführt und so viel Blut in der Geschichte der Kirche vergossen, dass es besser scheint, darüber zu schweigen anstatt es darüber zu sagen. Aber man sollte nie über die Eucharistie schweigen, das höchste Geheimnis der göttlichen Liebe, vor allem in dieser Nacht, in der sie eingesetzt wurde. Ein kurzer Abschnitt aus einem deutschen Gedicht des jüdischen rumänischen Dichters Paul Celan hat in dieser Hinsicht für mich eine große Bedeutung:

Der Herr brach das Brot,
das Brot brach den Herrn.

Jesus nahm das Brot und brach es. Es war eine einfache, menschliche Geste, aber eine, die schon voller Bedeutung war, voller jüdischer Bedeutung. Er aber hat sie mit einer neuen und mehr noch, einer tieferen Bedeutung gefüllt. In diesem einfachen und doch komplexen Zeichen zeigt Er uns, was Er ist: der sich selbstentäußernde Gott, der sich selbst dahingibt und der sich selbst brechen lässt. Nicht dass Sein Leib jemals wörtlich gebrochen wurde, denn das Johannesevangelium sagt uns ja, dass in Erfüllung der Schriften, nicht einer seiner Knochen am Kreuz gebrochen wurde. Was hier bricht, ist das Herz Jesu, des fleischgewordenen Gottes. Sein Herz bricht aus Liebe zu uns. Aus Seiner geöffneten Seite fließen Blut und Wasser, Symbole der Reinigung und des nährenden Lebens. Im Brechen des sakramentalen Zeichens des Brotes übergibt sich Jesus selbst, damit Er im Tod für uns gebrochen werde. Er offenbart sich selbst als das große Sakrament der Liebe Gottes. Wann immer wir daher dieses Brot essen und diesen Kelch trinken, verkünden wir Seinen Tod und Seine Auferstehung – das Ursakrament – bis Er wiederkommt in Herrlichkeit.

Doch wir hören heute Nacht auch, dass Er ein Beispiel ist, dem wir folgen sollen. Die widerspenstige Antwort des Apostels Petrus als Jesus versucht, ihm die Füße zu waschen, gibt dem Herrn die Gelegenheit zu erklären, was Er da tut. Petrus ist schockiert von dem Bild, dass Jesus vor ihm kniet, um einen solch niederen Dienst zu tun, daher besteht er darauf, dass er nicht zulässt, dass Jesus dies tut. Aber Jesus warnt ihn: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir!“ – Nachdem Er Seine Kleider wieder angelegt hat und zum Tisch zurückgekehrt ist, erklärt Er dann genau, was diese Handlung bedeutet. Er leugnet nicht, dass Er ihr Herr ist – gerade darum geht es hier!

Und wenn ihr Herr und Meister ihnen die Füße gewaschen hat, dann müssen auch sie bereit sein, einander die Füße zu waschen. Jesus, das große Zeichen oder Sakrament der Selbsthingabe Gottes, ist zugleich das große Beispiel, dem wir folgen sollen. Mit dieser einfachen Handlung hat Er ein für alle Mal alle bloß von Menschen gemachten Bilder von Autorität zerstört – göttliche und menschliche. Seit dieser Zeit müssen alle Bilder und alle Ideen von Macht, die wir formulieren könnten, vor das Urteil dieses Ur-Bildes gestellt werden: Christus, den sich entäußernden Gott, der vor Seinen Geschöpfen kniet und ihnen dient. Es ist eine theologische Zeitbombe, die alle bloß natürlichen Bilder wegsprengt: Denn nur wenn unsere Vorstellungen diesen Test bestehen, dann können sie auch mit Recht wahrhaft christlich genannt werden. – Die Geschichte der Kirche bietet uns etliche Gelegenheiten, um zu beobachten, dass Petrus in seinem Missverständnis nicht alleine blieb…

Aber wir müssen demütig anerkennen, dass Christus zuerst für uns ein Sakrament werden muss, eine Quelle der Energie in uns, bevor wir jemals damit beginnen können so zu lieben, wie Er liebt. Denn in der gleichen Nacht, in der Er verraten wurde – oder eher, wie die orthodoxen Christen sagen, in der Er sich selbst für das Leben der Welt hingab – fasst Er die Wahrheit zusammen: Getrennt von Ihm können wir nichts, absolut gar nichts, tun.
Liebe Schwestern und Brüder, da wir nun dieses große Sakrament empfangen – Christus selbst im Zeichen des gebrochenen Brotes – lasst uns auch uns selbst erneut darauf verpflichten, Seinem Weg zu folgen, einem Weg, der Ihn selbst in diesen drei Tagen nicht nur auf den Boden des Obergemachs hinabführte, sondern noch weit tiefer, in das Grab und in die Unterwelt – und am Ende zur Rechten des Vaters.

In der dunklen Nacht, die auf diese herrliche Liturgie folgt, lasst uns wenigstens eine Stunde mit Ihm wachen. Wir wollen all jene in aller Welt vor Ihn bringen, die wie vor der Kreuzigung stehen, wo immer sie auch sein mögen: In Krankenhäusern und in Gefängnissen, in der dunklen Nacht des Missbrauchs oder der Verlassenheit, in der einsamen Nacht des Leidens und der Schmerzen. Und lasst uns darum bitten, dass ein Strahl Seines Lichtes von der Dunkelheit von Gethsemane ausgeht, um sie zu trösten – jenes Licht, das in diesen Tagen für eine Zeitlang verdeckt war, aber das für immer scheint: Das Licht Christi, Gottes Sakrament und Beispiel.