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Meldung im Detail


Von Christus, dem wahren Hohepriester

28. Oktober 2012

Predigt von Abt Gregory am 30. Sonntag im Jahreskreis (28. Oktober 2012) in der Dormitio
Ikonenkreuz in der Dormitio. Ikonenkreuz in der Dormitio.

Schrifttexte des Sonntags

Christus – Hoherpriester

Heute wie an den vergangenen Sonntagen haben wie die Zweite Lesung aus dem Brief an die Hebräer gehört, einer der anspruchsvollsten Schriften des Neuen Testamentes. Er gibt uns tiefe theologische Einblicke in das Geheimnis Christi und Seines Erlösungswerkes.

Die bestimmende Idee in diesem Brief ist, dass Jesus der wahre Hohepriester ist. Seine Selbsthingabe am Kreuz und die Annahme durch Gott hat die rituellen Opfer, die das jüdische Gesetz vorschreibt und die am Tempel von Jerusalem dargebracht wurden, vollendet – aber auch abgeschafft. Wir sollten uns aber davor hüten, daraus eine Entschuldigung für anti-jüdische Polemik abzuleiten. Dass der Tempelgottesdienst abgeschafft wurde bedeutet nicht, dass damit die jüdische Religion abgeschafft worden wäre.

Zu der Zeit, als der Hebräer-Brief verfasst wurde, waren verschiedene jüdische Gruppen selbst unzufrieden mit dem Tempel und seinem Betrieb und sie gingen auf eine gewisse Distanz zu ihm. Als der Tempel dann schließlich von den Römern zerstört wurde, überlebte das Judentum – ähnlich wie die christliche Kirche – als eine lebendige Gemeinde, konzentriert in der Versammlung der Menschen.

Gottes Gegenwart und Transzendenz

Der unbekannte Autor des Hebräer-Briefes erhebt bemerkenswerte Ansprüche für Jesus. Wie konnte Er wohl als der wahre Hohepriester angesehen werden? – Der offizielle Hohepriester als Nachfolger des Aaron war eine mächtige Institution in Religion und Politik der jüdischen Gemeinschaft. Ihm alleine war es gestattet, einmal im Jahr das Allerheiligste des Tempels zu betreten, um Gott das Opfer darzubringen. Wenn er dann aus dem Heiligtum wieder hervortrat und das Volk mit dem Blut des Opfertieres besprengte, um das Volk so zu reinigen, so war das ein Symbol für Gott selbst, der aus Seiner transzendenten und verborgenen Majestät heraustrat, um Sein Volk zu versöhnen und die Schöpfung rein zu machen.

Der Hebräer-Brief wagt es nun tatsächlich zu behaupten, dass diese vielschichtige Opfer-Liturgie, von der man glaubte, dass sie von Gott selbst offenbart und einer solchen machtvollen Figur anvertraut wurde, dass diese Liturgie erfüllt und abgeschafft wurde, und zwar durch den Tod eines gewöhnlichen Kriminellen: Jesus, ein Zimmermann aus Nazareth, einer merkwürdigen Ecke Galiläas…

Sein Tod am Kreuz

Aber am schlimmsten war die Vorstellung, dass dieses Opfer in Form der am meisten demütigenden Hinrichtung geschehen sein soll, die man in der Antike kannte: der Kreuzigung. – Man kann leicht erkennen, warum der heilige Paulus im Ersten Korintherbrief sagen kann, dass das Kreuz für die Juden ein Ärgernis und eine Torheit für die Heiden ist. – Wie aber schon die ersten Christen erkannten, kommt in Jesus, Gottes einzigem Sohn, „Abglanz Seiner Herrlichkeit und Ebenbild seines Wesens“ (Hebr 1,3), Gott selbst (zu uns), um unser Leid mit uns zu tragen und zu verwandeln. In der Tat, Er ist herausgetreten aus Seiner transzendenten und verborgenen Majestät, um Sein Volk zu versöhnen und die Schöpfung rein zu machen.

Dieser qualvolle Tod und die spätere Erhöhung Jesu, das ist das Kernereignis, das wir in jeder Messfeier vergegenwärtigen. Und wir haben für diese Feier eine wunderbare Liturgie entwickelt. – Aber wir dürfen nie vergessen, was schon der heilige Bischof Cyrill von Jerusalem im vierten Jahrhundert gepredigt hat: Wir können diese Feier nur begehen, weil Christus Seinen Todeskampf durchlitten hat.

Der erste Priester der Christenheit

Das ist etwas, was wir uns immer im Gedächtnis bewahren sollten. Das Gründungsereignis am Herzen unserer Liturgie ist nichts Schönes oder Anregendes. Der erste Priester der Christenheit war, als Er Sein Opfer darbrachte, nicht in Gold gekleidet und stand nicht an einem ästhetischen Altar – man hat Ihm die Kleider vom Leib gerissen, Er war nackt, an ein Stück Holz genagelt; kein harmonischer Gesang, sondern blasphemisches Gegröle; keine duftenden Weihrauchwolken, sondern der Gestank von Blut. – Ja, es ist wahrlich wunderbar, dass wir dieses Geheimnis in der schönen Weise feiern, wie wir sie kennen, aber wir dürfen niemals, niemals vergessen, was es den gekostet hat, der es gewirkt hat, noch, was es bedeutet, dass Er es auf diese Weise getan hat.

Wenn wir auf Gott schauen, so kommentierte als katholischer Professor für die Heilige Schrift der junge Martin Luther, dann sollen wir darauf blicken, wo Gott selbst sich uns gezeigt hat. Wir müssen nicht in den Himmel hinaufsteigen, um Ihn herunter zu bringen. Vielmehr sollten wir in Anbetung niederknien an den Orten, an denen Er Seine Herrlichkeit enthüllt hat: An der Krippe von Bethlehem. Am Hügel von Golgota. Und am stillen Zeugnis des Leeren Grabes.

Unser Hohepriester

Wo immer Schmerzen und Leid sind – in einem Krankenzimmer, in einer zerbrochenen Familie, in der inneren Finsternis der Depression oder Selbstverachtung, im lähmenden Albtraum der Sucht – dort ist Jesus Christus, der Sohn Gottes, unser Hohepriester. Er ist die Hand Gottes, die Er uns in unserer Not entgegenstreckt. Er hat sein Opfer in der tiefsten Finsternis dargebracht, damit wir durch Ihn einige Strahlen empfangen mögen vom heilenden und tröstenden Licht Gottes.