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Die fordernde Stimme des Täufers

04. Dezember 2022

„Der Jordan und der Rhein haben etwas gemeinsam: einen Grabenbruch. Es gibt ein breites Tal, durch das ein Fluß fließt und das von Bergen und Höhenzügen umrahmt wird. Doch der Rheingraben ist viel größer und viel grüner. Der Jordangraben ist kleiner und größtenteils Wüste - nur dort, wo das Wasser des Flusses zur Bewässerung genutzt wird, können Pflanzen gedeihen. Ansonsten herrscht entlang des Jordans Trockenheit und Dürre. Die meiste Zeit des Jahres liegt das Ufer des Flusses unter einer Staubglocke. Es sieht aus wie eine Mondlandschaft. Pilgergruppen wirbeln Staubwolken auf, wenn sie sich in der Hitze zum Ufer quälen. In der Regenzeit jedoch ist es noch schlimmer. Alles wird dreckig und schmierig und der Schlamm klebt an Schuhen und Kleidern. Aber gerade dorthin, an diesen doch so trostlosen Ort, ruft Johannes der Täufer die Menschen. Raus aus den gemütlichen Häusern und den sauberen Straßen, hinunter an die Furt des Jordans, zum Staub oder zum Schlamm, an die Stelle des Übergangs, dort wo man den Fluss Jordan durchqueren kann – dorthin ruft er sie. Der Weg zu Johannes ist beschwerlich – und ihm zuzuhören, ist auch nicht einfach. Er durchschaut die Menschen. Er schaut in unsere Augen, schaut in unsere Seele und fordert uns auf, Raum zu schaffen, Grundlage zu schaffen für einen Wandel, für einen Übergang. Johannes ist eine starke Persönlichkeit. Er kann Menschen begeistern, aber auch wachrütteln. Umkehr und Buße sind seine Mahnung. Er will, daß wir die spirituelle Seite des Lebens in den Vordergrund stellen, nicht die materielle. Kehrt um und zeigt in Eurem Leben Früchte der Umkehr! Das ist seine Botschaft. Einfach, direkt, unverblümt, mit deftigen Worten sagt er: Bereitet dem Herrn den Weg!

Advent ist eine Zeit der Umkehr, der Vorbereitung. Jeder ist etwas geschäftiger als üblich. Dies muss noch besorgt, das noch eingekauft, dies noch dekoriert und das noch eingepackt werden. Was für eine seltsame Litanei! – Und in diese Geschäftigkeit kommt Johannes hinein und ruft uns auf, dass wir uns mit uns selbst beschäftigen sollen – jeder und jede mit seinem eigenen Leben. In den Tagen, wo wir überlegen, was wir anderen schenken können, sollen wir plötzlich unser eigenes Leben in den Blick nehmen. An seiner eigenen Person zu arbeiten, sei besser als die Zweige am Weihnachtsbaum zu richten. Unsere eigenen Schwachpunkte anzupacken und anzugehen, sei besser als Geschenke einzupacken und Gebäck zu backen.

Wie die neugierige Menge damals an den Jordan ging, um Johannes zu schauen, werden auch wir schmutzig und dreckig werden in unserem Mühen, um umzukehren. Aber die fordernde Stimme des Täufers ist klar und deutlich, sie ruft uns herbei und ruft uns zu: Kehrt um! Achtet auf eure Haltungen, eure Taten und Euer Verhalten!“

Wir haben noch gut zwanzig Tage, an denen wir uns Gedanken um Geschenke machen können, aber auch genauso viel Zeit ist uns, für den Blick auf unser eigenes Leben und für die Vorbereitung auf die Geburt des göttlichen Kindes in unserer Seele geschenkt.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten 2. Adventssonntag!

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