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Jesus weint!

26. März 2023

„Das Evangelium von der Auferweckung des Lazarus ist in den orthodoxen Kirchen das Tor zur Heiligen Woche. Am Samstag vor Palmsonntag wird es gelesen und von jeher als ein Vorzeichen Jesu eigener Auferstehung gedeutet. So wird unmittelbar vor der Passion Jesu schon angekündigt, dass derjenige, der von sich selbst sagt ‚Ich bin das Leben‘, der eigentliche Herr über den Tod ist. Derjenige, der sich selbst „Ich bin die Auferstehung“ nennt, hat Vollmacht, aus dem Tod heraus zum Leben zu erwecken. Dort, wo sich die Auferweckung Lazarus‘ ereignet, in Bethanien, gibt es sozusagen einen Vorgeschmack, was später in der Osternacht alle verengten Vorstellungen sprengt: Jesu größtes Wunder führt ihn hinein in die Dramatik seines Todes und Auferstehens.

Der dem Tod Entgegengehende sieht in Bethanien dem Tod in die Augen - und wir begegnen in dem Text nicht nur Jesus als wirkmächtigen Gottesssohn, sondern zugleich auch als wahren Menschen. Er lässt seinen Tränen freien Lauf, er weint.

Jesus hatte Lazarus sterben lassen – ausdrücklich wird berichtet, dass er zwei Tage wartete, trotz der Bitten der Schwestern des Lazarus schnell zu kommen. Er will vor dem, durch einen Stein verschlossenen Grab des Freundes stehen und weinen, ja im Innersten erregt und erschüttert sein. Ohne diese Tränen am Grab des Freundes wäre er nicht der wahre Mensch, der er ist. Er nimmt Anteil an der Trauer, der Verzweiflung, aber auch der Hoffnung der Schwestern und dies nicht nur oberflächlich, sondern bis in sein Innerstes hinein. Er ist selbst erschüttert über die Macht und Konsequenz des Todes, wie er sie hier im Leben von Maria und Marta erlebt.

Und dann, in seiner Trauer, offenbart er sich als Sohn Gottes, indem er nun Lazarus aus dem Tod ins Leben zurückholt. Er zeigt, wozu die Liebe Gottes fähig ist: Sie nimmt dem Tod den Schrecken. Der Tod bedeutet nicht mehr ein endgültiges Schicksal. Der gestorbene Lazarus ist wieder lebendig.

Lazarus wird in sein altes, irdisches Leben zurückgeholt. Das Abnehmen der Leinenbinden symbolisiert diesen Schritt vom Grab zurück ins Leben. Es muss ihm geholfen werden, sich wieder zurecht zu finden im Kreis der Lebenden. Und dieses Leben wird auch für Lazarus mit dem irdischen Tod enden. Aber das Zeichen seiner Auferweckung wirkt für den Moment, in dem Lazarus sein irdisches Leben beendet. Denn dann werden die Schwestern wieder trauern, aber nicht verzweifeln, weil sie wissen, dass Gottes Macht, den Tod überwindet. Sie können glauben, dass Gott das Leben neu schenkt. Sie können auf eine Auferstehung der Toten und ein neues Leben hoffen.

Und auch wir wissen, dass Lazarus kein Einzelfall ist, sondern ein Beispiel für alle Menschen, die Jesus liebt. Über Lazarus, dessen Namen „Gott hat geholfen“ bedeutet, erfahren wir sehr wenig im Text – doch eines ist wichtig: Er ist ein Freund Jesu, und Jesus liebt ihn. Als Freund Gottes möge Lazarus uns helfen, zu bekennen, was seine Schwestern, Maria und Martha, bekannt haben: ‚Ja Herr, ich glaube, dass Du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll‘ – und mit ihnen glauben wir an die Auferstehung der Toten.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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