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Nachtrag zum Evangelium

Die Jünger fahren hinaus auf den See, um Fische zu fangen - wie üblich bei Nacht, um mit Lampen die Fische an die Oberfläche zu locken. Dass sie bei Nacht buchstäblich nichts gefangen haben sollen, ist an sich schon ungewöhnlich genug; dass sie dann aber am Morgen Jesus am Ufer stehen sehen, ohne ihn zu erkennen, das muss mehr als befremden. Dass sie dann auf seine Weisung hin auf der rechten Seite des Bootes eine Überfülle von Fischen ins Netz bekommen, ist fast schon paradox. Und dann ruft einer der Jünger plötzlich: „Es ist der Herr!“ Kaum hört Petrus diese Worte, zieht er sich an und wirft sich vollständig bekleidet ins Wasser, obwohl das Ufer schon nahe ist. Die Eile scheint unnötig. Die anderen Jünger folgen nur langsam, denn sie können das prall gefüllte Netz nicht ins Boot hieven und müssen es im Schlepptau hinter sich herziehen. An Land scheint es erst so, als sei die Mühe des Fischfangs überflüssig gewesen. Es liegen schon Fisch und Brot auf einem Kohlenfeuer. Dennoch fordert die vormals unbekannte Gestalt, die jetzt ganz klar Jesus genannt wird, die Jünger auf, zusätzlich noch von den frisch gefangenen Fischen zu bringen. Und mit Leichtigkeit zieht Petrus allein das prallgefüllte Netz mit 153 großen Fischen ans Land. Die Jünger sitzen mit Jesus zusammen. Trotzdem herrscht eine eigenartige Stimmung. Keiner der Jünger wagt Jesus nach seiner Identität zu fragen. Doch gibt es in ihrem Innern die Gewissheit, dass es der auferstandene Herr ist – und am Ende steht dann die Feststellung im Evangelium: „Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.“

Die Exegeten sagen uns, dass es sich bei diesem Text um einen "Nachtrag zum Evangelium" handelt. Was bringt dieser Nachtrag an diesem dritten Sonntag der Osterzeit, in dem mehrere Traditionen zusammengeflossen sind? Offenbar brauchen die Jünger Jesu mehrere Begegnungen mit dem Auferstandenen, bis ihr Auferstehungsglaube so gefestigt ist, dass sie ihn auch bezeugen können. Jesus muss ihnen immer wieder begegnen, sodass sie glauben können. In den verschiedenen Begegnungen geht die Initiative immer vom Auferstandenen aus. Auf Seiten der Jünger herrscht Angst und Zweifel – keine Spur von Triumphalismus oder Leichtgläubigkeit. Und diese Auferstehungserscheinungen sind durchweg gemeinschaftsbezogen. Einzelne, z. B. Maria aus Magdala sendet der Auferstandene mit einer klaren Botschaft zu anderen oder er öffnet, wie hier, einer Gruppe die Augen - vorzugsweise in einem Mahl, das deutlich eucharistische Züge hat.

Aber die Auferstehungserscheinung geschieht nicht an einem heiligen Ort, etwa in einer Synagoge oder gar im Tempel von Jerusalem. Sie geschieht am Arbeitsplatz, an den die Jünger nach der Katastrophe der Kreuzigung Jesu zurückgekehrt sind. Jesus begegnet ihnen dort, wo sie als Team routinemäßig ihrer Arbeit nachgehen, die auch frustrierend sein kann – aber sie arbeiten zusammen. In einem solchen Team gibt es immer solche, die sich hervortun durch Autorität oder besondere Fähigkeiten. Das Kommando hat hier ganz klar Simon Petrus. Er braucht nur zu sagen: „Ich gehe fischen.“ Schon sagen die anderen: „Wir kommen auch mit.“ Der Satiriker Karl Kraus hat einmal bissig gesagt: Es gibt nun mal Menschen, deren Dasein das Dabeisein ist. Ich denke, das gilt für weite Strecken unseres Lebens. Dessen brauchen wir uns nicht zu schämen. Und dann gibt es da den „Jünger, den Jesus liebte“. Er hat die Gabe besonderer Erkenntnis. Er kann „mit dem Herzen sehen“ und gibt Petrus den entscheidenden Hinweis: „Es ist der Herr!“ Daraufhin wird Petrus aktiv. Er springt in den See und zieht nach der Aufforderung Jesu das Netz mit den Fischen an Land. Bis heute braucht die christliche Gemeinde verschiedene Begabungen, die zum Wohl des Ganzen eingesetzt werden. Es braucht Kontemplation und Aktion, Liturgie und Diakonie, Verkündigung und Solidarität ohne viel Worte.

Und inmitten des Alltags, gegenüber unserem Zweifel und unserer Ängste steht der auferstandene Herr, der uns trotz aller Unterschiede in die Gemeinschaft mit ihm ruft. Er steht heute am Ufer unseres Lebens. Wir sind wie die Jünger herausgefordert und berufen, ihn in unserem Alltag und im Mahl zu erkennen und seinem Ruf zu folgen und uns Lebensmut schenken zu lassen.
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Pater Josef und alle Brüder in Tabgha und auf dem Berg Zion wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Thomas-Komplex

Seit Jahrhunderten fällt es den Menschen leichter, an Dinge zu glauben, die unkonkret und weit weg sind. Es fällt uns leichter zu sagen "Ich glaube", wenn wir eine theoretische Definition und schöne Ideen vor Augen haben. Auch der Apostel Thomas zweifelte, weil man von ihm verlangte, nicht an eine Idee zu glauben, sondern an einen wirklich auferstandenen und verwandelten Menschen. Hätte man ihm gesagt: "Hör zu, du wirst erlöst werden", hätte er sicher eifrig geantwortet: "Ich glaube es!" Aber ein noch größerer Glaube wurde von ihm verlangt - der Glaube an den auferstandenen Jesus, den Sohn von Maria und Josef, den er kannte und dem er nachfolgte.

Und Thomas wusste ganz genau, dass Jesus erst vor wenigen Tagen gefangen genommen worden war - und sich seinen Peinigern gegenüber wirklich verwundbar gezeigt hatte. Er hat zu Gott geschrien, aber Gott hat ihn nicht vom Kreuz heruntergenommen. So ist er gestorben. Er wurde in Leichentücher gewickelt und begraben. Das Grab wurde mit einem Stein verschlossen. Drei heiße Tage sind vergangen. Thomas weiß, was mit einer Leiche nach drei heißen Tagen und drei schwülen Nächten geschieht.

Gleichzeitig behaupten zehn erwachsene Menschen, dass Jesus wieder zu ihnen gekommen ist. Lebendig. Derselbe. Kein Gespenst, kein Zeichen, kein Symbol, sondern ein lebendiger Mensch. Er hat Fisch und Brot gegessen. Und sie wollen, dass Thomas glaubt. Das ist zu konkret. Es ist fast unmöglich, so zu glauben. Also sagt Thomas: "Nein! Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht."

Thomas war diesen zehn keineswegs unterlegen, er hatte keineswegs weniger Glauben. Sie hatten es gesehen. Deshalb sagten sie: 'Wir haben den Herrn gesehen'. Er - nein, er hatte nicht gesehen. Thomas befand sich wirklich nicht in einer einfachen Situation. Er war der erste, der vor der Aufgabe stand, an das Wort zu glauben, an das Wort des Evangeliums.
Nach langen acht Tagen, in denen Thomas nicht in der Lage war, auf das Wort der Apostel zu vertrauen, waren sie wieder zusammen und Jesus kam zu ihnen. Jetzt konnte Thomas Jesu Hände berühren, konnte die Wunden in seiner Seite berühren. Er konnte den lebendigen Körper berühren. Und er sagte: Mein Herr und mein Gott.

Auch wir gehören zu der Generation Thomas. Es fällt uns leichter, das Evangelium als eine schöne Lehre zu akzeptieren, die interessant und erbaulich, ja sogar aufregend ist. Aber wie schwierig ist es, sie auf das tägliche Leben anzuwenden… Wenn wir mit der Wörtlichkeit des Evangeliums konfrontiert werden, sagen wir oft wie Thomas: Wenn ich nicht sehe, werde ich nicht glauben ...

Was ist also der Schlüssel zu unserem Glauben, was ist die Brücke zwischen unserem Alltag und unserem Glauben? Was befähigt uns, den ungläubigen Thomas-Komplex zu überwinden? Was befähigt uns, über das hinaus zu sehen, was wir anfassen und messen können? Die Antwort liegt in dem Geheimnis der Liebe Gottes. Die österlichen Feiern, die wir erleben, sind keine Feiern des Leidens Gottes, sondern der Liebe Gottes. Denn nicht das Leiden und der Tod erlösen, sondern die Liebe. Und nur durch die Liebe wird uns der Segen des heutigen Evangeliums zuteil: Selig sind die, die sehen und doch glauben!

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Pater Efrem und alle Brüder in Tabgha und auf dem Zion wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Halleluja

Großes braucht keine großen Worte! Das Wichtige heute ist der Osterjubel! Das entscheidende ist unsere Freude: Jesus Christus ist von den Toten auferstanden! ER ist wahrhaft auferstanden! Der Tod hat keine Macht mehr über uns! Halleluja!

Frohe und gesegnete Ostern von den osterfrohen Mönchen der Dormitio auf dem Zion und in Tabgha!

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Jesus weint!

„Das Evangelium von der Auferweckung des Lazarus ist in den orthodoxen Kirchen das Tor zur Heiligen Woche. Am Samstag vor Palmsonntag wird es gelesen und von jeher als ein Vorzeichen Jesu eigener Auferstehung gedeutet. So wird unmittelbar vor der Passion Jesu schon angekündigt, dass derjenige, der von sich selbst sagt ‚Ich bin das Leben‘, der eigentliche Herr über den Tod ist. Derjenige, der sich selbst „Ich bin die Auferstehung“ nennt, hat Vollmacht, aus dem Tod heraus zum Leben zu erwecken. Dort, wo sich die Auferweckung Lazarus‘ ereignet, in Bethanien, gibt es sozusagen einen Vorgeschmack, was später in der Osternacht alle verengten Vorstellungen sprengt: Jesu größtes Wunder führt ihn hinein in die Dramatik seines Todes und Auferstehens.

Der dem Tod Entgegengehende sieht in Bethanien dem Tod in die Augen - und wir begegnen in dem Text nicht nur Jesus als wirkmächtigen Gottesssohn, sondern zugleich auch als wahren Menschen. Er lässt seinen Tränen freien Lauf, er weint.

Jesus hatte Lazarus sterben lassen – ausdrücklich wird berichtet, dass er zwei Tage wartete, trotz der Bitten der Schwestern des Lazarus schnell zu kommen. Er will vor dem, durch einen Stein verschlossenen Grab des Freundes stehen und weinen, ja im Innersten erregt und erschüttert sein. Ohne diese Tränen am Grab des Freundes wäre er nicht der wahre Mensch, der er ist. Er nimmt Anteil an der Trauer, der Verzweiflung, aber auch der Hoffnung der Schwestern und dies nicht nur oberflächlich, sondern bis in sein Innerstes hinein. Er ist selbst erschüttert über die Macht und Konsequenz des Todes, wie er sie hier im Leben von Maria und Marta erlebt.

Und dann, in seiner Trauer, offenbart er sich als Sohn Gottes, indem er nun Lazarus aus dem Tod ins Leben zurückholt. Er zeigt, wozu die Liebe Gottes fähig ist: Sie nimmt dem Tod den Schrecken. Der Tod bedeutet nicht mehr ein endgültiges Schicksal. Der gestorbene Lazarus ist wieder lebendig.

Lazarus wird in sein altes, irdisches Leben zurückgeholt. Das Abnehmen der Leinenbinden symbolisiert diesen Schritt vom Grab zurück ins Leben. Es muss ihm geholfen werden, sich wieder zurecht zu finden im Kreis der Lebenden. Und dieses Leben wird auch für Lazarus mit dem irdischen Tod enden. Aber das Zeichen seiner Auferweckung wirkt für den Moment, in dem Lazarus sein irdisches Leben beendet. Denn dann werden die Schwestern wieder trauern, aber nicht verzweifeln, weil sie wissen, dass Gottes Macht, den Tod überwindet. Sie können glauben, dass Gott das Leben neu schenkt. Sie können auf eine Auferstehung der Toten und ein neues Leben hoffen.

Und auch wir wissen, dass Lazarus kein Einzelfall ist, sondern ein Beispiel für alle Menschen, die Jesus liebt. Über Lazarus, dessen Namen „Gott hat geholfen“ bedeutet, erfahren wir sehr wenig im Text – doch eines ist wichtig: Er ist ein Freund Jesu, und Jesus liebt ihn. Als Freund Gottes möge Lazarus uns helfen, zu bekennen, was seine Schwestern, Maria und Martha, bekannt haben: ‚Ja Herr, ich glaube, dass Du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll‘ – und mit ihnen glauben wir an die Auferstehung der Toten.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Dreck und Sehen

„Es ist herrlich, in diesen Tagen durch das Heilige Land zu reisen: saftiges Grün, viele verschiedene Blumen, blühenden Sträucher und Bäume, Schwärme von Vögeln und bezaubernde Sonnenauf- und Sonnenuntergänge. Das alles ist wunderschön anzuschauen! Wie schade, wenn man es nicht sehen könnte!

Doch Pilger und auch wir Mönche fahren nicht nur der Natur wegen durchs Land. Beim Besuch der heiligen Stätten faszinieren gerade die alten Steine, die uns vielleicht sogar noch etwas aus der Zeit Jesu zeigen: Gabbata und Golgotha, Reste eines Hauses, in dem Jesus sich in Kafarnaum aufhielt, der Berg, auf dem er predigte, der Felsen, auf dem er Brot und Fisch legte, der See, auf den auch er schaute und über den er sogar ging - ja, ich würde Jesus gerne über den See gehen sehen!

IHN sehen! Darauf kommt es an! Nicht nur die schöne Natur, nicht nur die alten Steine, sondern Jesus sehen! Doch will ich das?
Jesus sehen, IHN erkennen - Gott schauen!
Wollen Sie es, wollen Sie wirklich Jesus sehen? Wirklich?

Liebe Schwestern und Brüder, ich frage so penetrant und auch ganz plump, weil ich fest davon überzeugt bin, dass diese Frage für uns Christen wichtig ist. Es ist wesentlich, ein wirkliches Verlangen danach zu haben, Jesus zu sehen, Gott zu schauen. Und genau dazu sagt uns das heutige Evangelium etwas ganz Wichtiges.

Im heutigen Evangelium begegnen wir einem armen Mann, der von Geburt an blind ist. Jesus heilt ihn, um Gottes gutes Wirken in dieser Welt zu bezeugen. Jesus spuckt auf den Boden, vermischt seinen Speichel mit dem Staub des Weges zu einem recht unappetitlichen Brei zu vermischen und dann schmiert er den Dreck dem Blinden auf die Augen. Extrem ekelig! Danach schickt er den Blinden zum Teich Schiloach, damit er sich dort wasche. Und als der arme Mann zurückkam, konnte er den Himmel, die strahlende Sonne, die ganze Schöpfung, die vielen Menschen, und auch den Menschensohn, Jesus aus Nazaret, sehen.

Er sah IHN vor sich und sagte: 'Ich glaube, Herr!' - und er warf sich vor ihm nieder.

Die ‚Anderen‘, hatten IHN auch gesehen, ja, sie beobachten IHN schon lange, doch sie warfen sich nicht vor ihm nieder; ganz im Gegenteil: Sie bäumen sich gegen IHN und alle, die zu IHM halten, auf. Sie finden sogar ‚gute Argumente‘, ‚religiöse Gründe‘, die sehr deutlich gegen Jesus und sein Reden sowie Handeln sprechen.
Im Denken nicht nur der Pharisäer ist die angeborene Blindheit ganz klar Folge von Sünde. Solch verkehrtes Denken findet sich auch heute noch; nicht selten fragen Menschen: ‚Was habe ich denn verbrochen, dass Gott mich so straft?‘ Das aber ist nicht unser christlicher Glaube. Menschlich herausfordernde oder gar überfordernde Situationen sind niemals Strafe Gottes. Niemals! Ganz im Gegenteil: Gott gibt Licht in alle irdische Finsternis hinein.

Am Sabbat hat Jesus den Blinden geheilt. Aber am Ruhetag sei dies verboten - die Hyperfrommen finden hier ein weiteres Argument, um gegen Jesus zu sein, sich auf keinen Fall vor IHM niederzuwerfen, sondern ganz im Gegenteil, sich gegen IHN aufzubäumen, IHN zu missachten, IHN abzulehnen, IHN zu verurteilen. Doch der Sabbat ist für den Menschen da, um Gottes Dienst zu tun, der Ruhetag ist zum Heil gegeben.

Wollen die Pharisäer im heutigen Evangelium, die Hyperfrommen, Gott nicht sehen?
Sie sind nicht blind und doch wie Blinde!
Sie sehen Jesus und erkennen IHN doch nicht!
Sie haben zu viel Dreck auf den Augen! Dreck, den sie sich selbst auf die Augen geschmiert haben! Selbstgerechter Dreck, der nicht heilt! - Blind vor Wut, vor Neid, vor Hass; voller Vorurteile, Missgunst, Geiz, Streitsucht, Hinterlist, Besserwisserei, Stolz, Überheblichkeit, Betrug, Täuschung. Verdrehung, Lüge … und, und, und. Sie sind blind aufgrund selbstgemachten Dreckes, der noch keinem Menschen genutzt hat und den wir alle kennen.

‚Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!‘ Das sagt Jesus auch zu uns. Mit allem Wohlwollen, mit dem er es dem Blinden sagte, sagt er es auch zu uns:
‚Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!‘

Der Blinde hatte Jesus zunächst nicht gesehen. Aber da war der tiefe Wunsch sehen zu können und ein blindes Vertrauen in Jesu Wort: ‚Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam konnte er sehen.‘

Liebe Schwestern und Brüder, ‚sich im Teich Schiloach zu waschen‘, das bedeutet für uns ganz einzutauchen in das christliche Ideal, den Schmutz, der der Nachfolge Jesu Christi widerspricht abzuwaschen, damit wir die Augen frei kriegen und mit ganzem Herzen das wahre Leben sehen, das ER ist.

Sich ‚im Teich Schiloach zu waschen‘ bedeutet ganz konkret die tägliche Gewissenserforschung und auch die Beichte, das Sakrament der Buße und Versöhnung. Es geht um das Erkennen meiner Fehler und meiner Sünden – eine wirkliche Umkehr, eine Kurskorrektur, eine ganz bewusste, neue Ausrichtung auf IHN, unseren Herrn hin, sodass wir IHN mit geheilten Augen des Herzens sehen und so dem Osterfest entgegeneilen. Amen.“

Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Aufbruch in die Freiheit

„Jemand fühlt sich gefesselt und niedergedrückt. Er oder sie spürt: ‚So kann ich nicht mehr leben‘. Da ist diese Sehnsucht, da sind Hunger und Durst nach Freiheit. Und ihr entgegen steht vielleicht die Sucht nach Alkohol oder Tabletten; der Person steht vielleicht die eigene Bequemlichkeit oder eine toxische Beziehung zu einem Menschen im Weg. Irgendetwas verhindert die Freiheit, blockiert die Sehnsucht. Doch dann hat dieser Mensch allen Mut zusammengenommen und sich jemandem anvertraut, um Hilfe gebeten, vielleicht in der Stille nach Gott gerufen und ist dann aufgebrochen. Und nun ist er oder sie auf dem Weg ins Gelobte Land.

Doch der erste Schritt ist noch nicht das Ziel. Was ist mit den weiteren Schritten? Dieses Hochgefühl, endlich frei und selbstständig zu sein, Ängste und Nöte hinter sich gelassen zu haben! Es war ja eigentlich gar nicht so schwer! Doch es bedarf nun Ausdauer. Die gewonnene Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Ein guter Vorsatz bedeutet noch kein neues Leben.

Das Volk Israel wurde von Gott aus Ägypten in die Wüste geführt. Dort warten viele Umwege, Hindernisse und Gefahren. Da taucht plötzlich wieder diese Sehnsucht nach Zurückgelassenen auf – oh, diese Fleischtöpfe in der Versklavung. Der Hunger und der Durst des Leibes bestimmen das Denken; sie fordern nach Befriedigung. Die Unfreiheit ist vergessen. Murren macht sich breit. Mose ist hilflos, er schreit zu Gott. Dieser lässt ihn mit einem Stab an einen Felsen schlagen; und plötzlich ist da frisches Wasser mitten in der Wüste.

So ist es mit dem Weg der Freiheit: Du brauchst Vertrauen, Gottvertrauen. Du lebst von dem, was Dir unverhofft geschenkt wird. Und manchmal findet man die notwendige Kraft in der Mittagshitze in einem Gespräch am Brunnen – in einer Begegnung voller Ehrlichkeit und Vertrauen!

Als ich noch Pfarrer war, unterrichtete ich auch in der Schule. Gerne behandelte ich mit den Schülern die Erzählung des Auszugs Israel hin zum Berg Sinai. Und dann zeigte ich ihnen immer zwei Bilder: Einen Vogel im Käfig mit Futter und einen Vogel, der frei umherflog, aber keine gesicherte Nahrungsquelle. ‚Welcher Vogel möchtet Ihr sein?‘ fragte ich die Schüler. Das Ergebnis war erschreckend: Fast immer bevorzugte die Hälfte der Schüler die Unfreiheit, da ihnen das Futter wichtiger war. Doch das ist die Realität: In vielen unserer gesellschaftlichen Bereiche – sei es Politik, Kirche oder Familie – bevorzugen wir die Absicherung und meiden die eigene Verantwortung.

Ich glaube: Wenn Menschen sich aus Gottvertrauen nicht aufgeben, gehen sie nicht unter. Solche unerschütterlichen Menschen verwandeln die Welt. Sie geben Zeugnis, dass die Welt kein Trugbild ist, und sie verweisen auf Gott als Quelle ihres Vertrauens. Und der Exodus lehrt uns auch, dass Gott es aushält, wenn erschütterte Menschen manchmal murren, schreien und hadern.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Tabor-Stunde

„Nicht zu irgendeiner Zeit im Leben Jesu nahm er ‚Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg‘; nicht irgendwann, sondern „sechs Tage danach“. Was war geschehen?

Sechs Tage zuvor hatte Jesus seinen Jüngern erklärt: Er müsse nach Jerusalem gehen, dort werde er vieles erleiden, er werde getötet und am dritten Tag auferweckt. - Da erschraken seine Jünger. Petrus nahm Jesus beiseite, machte ihm Vorwürfe, und versucht ihm klarzumachen, dass die Passion nicht geschehen dürfte. Petrus wurde zum Versucher und Jesus wies ihn in die Schranken: ‚Hinter mich, Satan! Du hast nicht im Sinn, was Gott will!‘ Und noch etwas geschah vor der Verklärung auf dem Berg: Jesus nahm alle seine Jüngerinnen und Jüngern in den Blick und wies ihnen den Weg: ‚Wenn einer mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und so folge er mir nach.‘

‚Das Kreuz auf sich nehmen‘, damit meint Jesus seinen eigenen Weg, den er gehen wird. Sein Kreuz hat ihm nicht Gott auf die Schultern gelegt, sondern menschliche Schuld hat dieses Kreuz zusammengefügt. Aber können wir ihm auf diesem Weg folgen? Haben wir die Kraft, das Leiden, das wir uns selbst durch eigenes Verschulden zugefügt haben, oder das durch Versagen unsrer Mitmenschen uns aufgelastet wird, anzunehmen und zu tragen? Die Antwort auf diese Frage erhalten wir auf dem Berg Tabor, in der Erzählung von der Verklärung.

Jesus nimmt Petrus, Jakobus und Johannes beiseite – es sind übrigens die drei Jünger, die Jesus im Garten Gethsemani bei sich haben wird –, geht mit ihnen auf den Berg und wird vor ihren Augen verklärt. Die Herrlichkeit Gottes bricht durch die Wolke Gottes, hüllt Jesus ein und die Stimme aus der Wolke kündet: ‚Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!‘ Den drei Jüngern, die sich vor dem Weg nach Jerusalem fürchten, wird eine Tabor-Stunde geschenkt: das Osterlicht leuchtet vor ihnen auf, Jesu Weg wird sich im Licht der Herrlichkeit Gottes vollenden! So ermutigt Jesus seine Jünger, ihm zu folgen.

Uns wird heute für die kommenden Wochen vor Ostern dieses Evangelium verkündet, damit wir ermutigt werden, den Weg unseres Lebens weiterzugehen – und dies mit der Gewissheit im Herzen: Auch mein Lebensweg wird im Licht der Auferstehung sich vollenden! Herr, schenk auch uns Augenblicke, in denen wir das Licht des Himmels aufblitzen sehen, und so getrost unseren nächsten Schritt tun können!“

Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Paradiesstaub

„Diesen Menschen kennen wir alle! Man findet ihn unter anderem auf vielen Krankenkassenkarten und auf der Rückseite der italienischen 1-Euro-Münze; er ist populär, faszinierend und vielfach kopiert – der Vitruvianische Mensch, Leonardo da Vincis berühmteste Zeichnung. In idealisierten Proportionen ist ein Mann in zwei sich überlagerten Positionen dargestellt. Die Zeichnung zeigt ein und denselben Mann mit ausgestreckten Armen und Beinen, wie er mit den Fingerspitzen und den Fußsohlen ein ihn umgebendes Quadrat und zugleich einen Kreis berührt. Der römische Architekt Vitruv hatte in der Antike die Theorie des wohlgeformten Menschen mit einem idealen Verhältnis der Körperteile zueinander erstmals beschrieben.

Auch in der alttestamentlichen Lesung des Ersten Fastensonntags, im zweiten Kapitel der Genesis, ist von einem wohlgeformten Menschen die Rede. Adam, der erste Mensch: Bild Gottes, unsterblich, ohne Sünde und in ungebrochener Gemeinschaft – der Mensch im paradiesischen Zustand. Doch durch den Ungehorsam gegenüber Gott wird dieser ‚ideale‘ Mensch aus dem Paradies verstoßen. Der erste Mensch wird zu einem Sünder. Er wird in dem Moment, in dem glaubt, dass er ohne Gott leben kann, zu einem in-sich-gekrümmten Menschen. Gebrechlichkeit und Sterblichkeit werden fortan das menschliche Aussehen prägen. Der Mensch erkennt seine bösen Taten und seine Sünde steht ihm immer vor Augen.

‚Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod‘, schreibt Paulus und beschreibt damit die menschliche Existenz außerhalb des Paradieses. Und er zeigt die große heilsgeschichtliche Linie auf, ja das Drama von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen: ‚Sind durch die Übertretung des einen die vielen dem Tod anheimgefallen, so ist erst recht durch die Gnade Gottes und die Gabe, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt worden ist, den vielen reichlich zuteilgeworden.‘ Führte der Ungehorsam Adams zum Tod, so hat der Gehorsam des zweiten Adams für alle den Weg zur Gemeinschaft mit Gott wiedereröffnet. Der Weg des Lebens, der ins Paradis führt, ist sozusagen wieder freigeräumt.

Der ideale, maßgebliche Mensch ist für Paulus nicht Adam, sondern Jesus Christus. Und tatsächlich hält der Gottessohn den Versuchungen des Teufels stand. Zweimal sagt dieser Widersacher in den drei Versuchungen, denen er Jesus Christus aussetzt: ‚Wenn Du Gottes Sohn bist, dann…‘ Es sind die gleichen Worte, die der Spötter Jesus am Kreuz zuruft: ‚Wenn du der Sohn Gottes bist, dann steig doch herab vom Kreuz.‘ Doch der zweite Adam lebt nicht, um seine Macht zu demonstrieren, sondern um Gott zu dienen. Jesus Christus sündigt nicht.

Wir wissen nur allzu gut selbst, dass wir nicht gerade wohlgeformte Menschen sind, dass wir mit unseren Ecken und Kanten überall anstoßen. Wir passen nicht wie der Vitruvianische Mensch in idealer Weise in vorgefertigte Muster. Für uns ist Jesus der maßgebliche Mensch, an ihm nehmen wir immer wieder Maß und zusammen mit ihm beten wir zu unserem Vater im Himmel: ‚…führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.‘

Als Menschen sind wir Staub und zu Staub kehren wir wieder zurück. Wir sind nicht perfekt, sondern schwach und vergänglich! Adam wurde aus dem Staub des Erdbodens geformt – doch der Mensch ist trotz aller Hinfälligkeit aus dem Staub des Paradieses geformt. Wir sind aus Paradiesesstaub – und als Getaufte wurde in uns der maßgebliche, ideale Mensch und Gottessohn Jesus Christus eingeprägt. Er, der ideale Mensch ist unser Wegbegleiter. Möge er uns durch die Fastenzeit führen und uns den Weg in paradiesische Zustände weisen!“

Pater Simeon und alle Brüder auf dem Zion und in Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Ein Hauch von Realität?

„Noch einmal die Bergpredigt: herausfordernde und bekannte Worte, irgendwie so fern von allen Regeln dieser Welt. Wie geht es den Menschen in der Ukraine, in Syrien, in Israel und Palästina und in anderen Brennpunkten dieser Welt gerade jetzt, wenn sie diese Worte hören: ‚Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen?‘ Ist in diesen Worten auch nur ein Hauch von Realität? Und wie geht es mir mit der Radikalität Jesu? Ist in meinem Leben etwas davon umsetzbar? In dem heutigen Evangelium gibt es für uns mehr Fragen als Antworten. Die Worte der Bergpredigt eine Zumutung.

Jesus bestätigt mit seinem ‚Ich aber sage euch‘ die Überlieferung der hebräischen Bibel, ja, er radikalisiert und verschärft sie - das ist seine Reich Gottes Botschaft für seine Jüngerinnen und Jünger und auch für uns. Das Überlieferte ist Gebot Gottes und soll uns helfen, miteinander in Frieden zu leben. Manche Forderungen Jesu sind bewusst provozierend, wenn er zum Beispiel sagt: ‚Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen.‘ Jesus will uns herausfordern, seinen Weg mitzugehen und seine Überzeugung zu teilen und lebbar zu machen. Ich finde die Vorstellung beeindruckend, dass ein Mensch damit wirklich ernst macht, sogar wenn es um Leben und Tod geht. Gerade weil wir am Leben hängen, wissen wir, wie schwierig das ist. Wenn jemand die Haltung Jesu umsetzt, zeigt er, dass er davon überzeugt ist, dass es für Gottes Liebe keine Grenzen gibt. Maßstab unseres Handelns soll die Barmherzigkeit Gottes sein, nicht einmal der Hass der anderen kann Gottes Liebe dann aufhalten.

Manche von uns werden sich an den Terroranschlag von Paris am 13. November 2015 erinnern. Bei den Terroranschlägen im Bataclan wurde Helene, die Frau von Antoine Leiris getötet. In einem offenen Brief auf Facebook wendete sich Antoine wenige Tage später an die Täter: „Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht. Ich weiß nicht, wer ihr seid, und ich will es nicht wissen, ihr seid tote Seelen. Wenn Gott, für den ihr blind tötet, uns nach seinem Ebenbild geschaffen hat, dann muss jede Kugel, die den Körper meiner Frau getroffen hat, eine Wunde in sein Herz gerissen haben. Nein, ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch zu hassen. Auch wenn ihr es darauf angelegt habt; auf den Hass mit Wut zu antworten, würde bedeuten, derselben Ignoranz nachzugeben, die euch zu dem gemacht hat, was ihr seid. Meinen Hass bekommt ihr nicht“. Dieses Zeugnis geht unter die Haut. Ich weiß nicht, ob Antoine Leiris ein Christ ist, aber er ist für mich ein Vorbild. Er zeigt, dass es möglich ist, was Jesus fordert, und er setzt es konkret um.

Hass und Gewalt sollen nicht eskalieren, sondern eingedämmt werden. Die Verhältnismäßigkeit soll gewahrt werden. Das hat viel mit einer vernünftigen Sicht auf den Menschen und auf die Realitäten dieser Welt zu tun. „Auge für Auge“ sagt nichts anderes, als dass Gewalt nicht zur Katastrophe werden und zum Untergang führen darf. Hört das einer, der sich Christ nennt und schon über ein Jahr einen radikalen Angriffskrieg austrägt, ohne irgendeine Bereitschaft zu zeigen, diesem Morden und Zerstören ein Ende zu bereiten? Die Herausforderungen Jesu sind das eine, aber die Annahme und der Versuch einer Umsetzung, das ist der Knackpunk.

Feindesliebe bedeutet gewiss nicht, sich anzubiedern oder zu unterwerfen; es heißt gewiss nicht Grausamkeit hinzunehmen, ohne sich zu wehren und den Verfolgten zur Seite zu stehen. Aber es bedeutet zu sehen, dass auch unsere Feinde Menschen sind wie wir: fehlerhaft, verängstigt, irrend, gebunden an Interessen und Vorurteilen.

Um uns herum tobt eine Welt, die von Krieg und Tyrannei, von Hass und Elend gezeichnet ist. Wir wollen eine andere Welt. Wir wissen, dass Gott uns eine andere Welt bereithält. Und dazu brauchen wir die prophetischen Worte Jesu. Sie sollen uns im Herzen treffen. Die Worte von der radikalen Feindesliebe haben einen Ankerpunkt – und das ist das Leben und Sterben Jesu selbst. An ihm sehen wir, dass er mit seiner bedingungslosen Hingabe an die Welt und ihren Realitäten die Absicht Gottes für uns Menschen zur Vollendung gebracht hat. Als Christen haben wir uns auf diesen Weg eingelassen. Wir sind keiner Illusion verfallen, sondern glauben an die Stärke der Macht der Liebe, die den Hass überwindet.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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Der Weg des Gesetzes

„Wer Gebote verschärft, macht sich unbeliebt. Wer Gebote lockert, scheint Lebensfreude und Toleranz auszustrahlen und hat schnell viele auf seiner Seite. Unangenehm wird es, wenn das Mehr oder Weniger an Radikalität und Ernsthaftigkeit zum Instrument des Konkurrenzkampfes wird – zum Beispiel bei Konfessionen.

Dann bedient sich der Menschen gemeinhin lieber dort, wo es einfacher ist, wo es nicht so streng zugeht und wo man nicht auf viele Gebote und Regeln trifft. Dies gilt nicht in Politik und Religion, sondern zum Beispiel auch für die Leitung eines Klosters: Soll unser neuer Abt die Regeln des Klosters lockern, damit das Klosterleben an den heutigen Lebensrhythmus besser angepasst ist oder soll er die Regeln eher verschärfen, damit das klösterliche Zeugnis besser zum Strahlen kommt?

Wie kein zweiter Evangelist unterstreicht Matthäus im heutigen Abschnitt aus der Bergpredigt die Treue Jesu zu dem Gesetz, der Thora. Scheinbar legt Jesus die moralischen Hürden höher, verschärft das Gesetz: Ihr habt gehört … ich aber sage Euch!

Jesus ist hier sehr ‚bibeltreu‘, denn er verlangt eine uneingeschränkte Ehrfurcht vor dem Gesetz und den Propheten. Die biblischen Weisungen konkretisieren den Willen Gottes – und sie übersetzen ihn in die verschiedenen Lebensbereiche. In seiner Interpretation bewegt sich Jesus ganz im Rahmen der jüdischen Auslegungstradition. Er will zur Geltung bringen, dass das Gesetz auf die Entfaltung des Lebens zielt, der Förderung des Lebens.

Das biblische Gesetz ist eher Weisung als Verbot! - Weisung für mein eigenes Denken und Handeln. Die Frage ist nämlich nicht: Was ist noch erlaubt?, sondern vielmehr: Was ist schon geboten? Es geht um die 'größere Gerechtigkeit', nicht um Buchstaben-gerechtigkeit, nicht um das äußere, formale Erfüllen von Ehrlichkeit und Barmherzigkeit. Maßloses Wohlwollen, aktive Versöhnungsbereitschaft, unbedingtes Vertrauen in den anderen und auf Absicherungsmittel verzichtende, umfassende Wahrhaftigkeit – darum geht es ihm.

Nicht erst mit der Tat, sondern schon viel früher fängt das Problem an: die Motive, die Gedanken und die Geisteshaltungen sind die Wurzeln für das Verhalten, das Leben schädigt und zerstört. Gedanken und Motive sind an sich jedoch keine Straftat, niemand kann und will Gedanken und Einstellungen an sich schon juristisch verfolgen. Die Gedanken sind frei – so heißt es in einem Lied. Aber mit den schlechten Gedanken fängt meist das Unheil an.

Nur ich selbst, ich persönlich kann darauf achten, kann mein Gewissen schulen, achtsam sein für die schlechten Gedanken, die sich bei mir einschleichen und festsetzen. Nur ich selbst kann darauf achten, worauf sich meine Gedanken gerne fokussieren wollen, ich selbst bin der Türhüter gegen schlechte Gedanken und Einredungen.

Jesus ist gehorsamer Jude und er unterwirft sich dem Gesetz. So macht er deutlich, dass Veränderung nicht mit der Abschaffung von Normen und Riten beginnt. Nein, jede Veränderung nimmt ihren Anfang ganz tief drinnen, im Herzen, dem Gemüt, der Grund-Einstellung eines Menschen. Jede Veränderung bedeutet zunächst einmal Geduld und Gehorsam. Nur über die Erfüllung des Willen Gottes, nicht über die Abschaffung von Statuten und Vorschriften geht der Weg in den Himmel.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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